Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Zur Jubelfeier der Hochschule Wirzburg.

            Wo, lind rauschend, der alte Main
Sanft geschwungener Höhen Zug,
Freundlich grünendes Thalgefild
    Schön gewunden umgürtet:

Da hat günstiger Götter Hand
Milden Segen und Lieblichkeit,
Wohlgefallen und hold Gedeih'n
    Ausgeschüttet in Fülle. –

An den sonnigen Halden früh
Lugt das Veilchen im warmen Lenz:
Durch die herrliche Juni-Nacht
    Zieht berauschender Dufthauch.

Zieht dein Athem, o Rebenblust,
Zieht dein feuriges Minnelied,
Wonne jauchzende Nachtigall,
    Aus Wildrosen des Weinbergs.

Und der Zauber der Sommernacht:
Rebduft, Rosen und Nachtigall,
Mischt entzückend den Edel-Wein,
    Wirzburg, Deiner Gelände! –

Doch nicht müßig Genießen nur
Fand die Stätte hier aufgethan:
Weltgeschichte, mit ehrnem Gang
    Schreitend, furchte das Mainthal.

Auf dem herrschenden Hügel einst
Hat umgrünet das Holzgefüg
Hermundurischer Königspfalz
    Wodans rauschender Eichwald. –

Bunt gemischt dann, in langem Zug,
Schau' ich wandeln mit Buch und Kreuz
Dich, taufspendender Kilian,
    Dich, Beatrix, im Brautschmuck:

Dich, gewaltiger Heinrich, wie
Stolz Du steuernd Dein Kaiserschiff
Führst gefangen den Main herab
    Englands König als Lehnsmann.

Gern lausch' ich dann Deinem Lied,
Walther, der Du im Domgang schläfst,
Hör' an's Thor des Marienbergs
    Bauern pochen und Schweden. –

Aber höher als Thor und Thurm,
Aber höher als Stadt und Burg,
Unbezwinglicher, dauernder,
    Ragt die Veste des Geistes,

Ragt die Warte der Wissenschaft,
Die Du, starker und weiser Mann,
Edler Echter von Mespelbrunn,
    Hast erbaut in der Mainstadt.

Rostig sank dem Marienberg
Schwert und Schild aus der müden Hand:
Statt des Lorbers nun kränzen ihn
    Reben, Rosen und Epheu.

Aber wehrhaft und wachsam steht,
Hellen Auges, Athenagleich,
Deine Tochter, o Julius,
    Jetzt noch, schöner als jemals!

Drei Jahrhunderte hohen Ruhms
Heute spiegelt ihr Silberschild:
Ungezählten noch kommenden
    Schaut sie hoffend entgegen:

Denn sie weiß es: die Zeit ist stark,
Aber stärker die Wissenschaft,
Und ob allem Gewaltigen
    Ist gewaltig die Wahrheit,

Ja, die Wahrheit: ob frommer Sinn
Ihr in göttlichen Worten lauscht, –
Ob Vernunft aus dem Volksgeist schöpft
    Strenge Wahrheit des Rechtes, –

Ob das grübelnde Denken zerrt
An dem Schleier der Ewigkeit, –
Ob wir suchen im Sonnenball,
    Ob im Ball des Gehirnes –:

Wahrheit suchen wir überall:
Wahrheit, welche das Unheil heilt,
Wahrheit, welche da heilig ist:
    Denn Gott selbst ist die Wahrheit.

Und Jahrhunderte wehe noch,
Alma Julia, fort in Dir
Jener Geist, der da Gottes ist:
    Freiheit, Schönheit und Wahrheit.


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