Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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Der Wassermann.

        Die Wasser lockten mit Klingen,
    Zum Weiher lief das Kind;
Die Wellen kamen und gingen,
    Und alle riefen »Gêrswind!«
Ihr klang's wie brausende Glocken,
    Wie liebewerbender Mund:
Sie lauschte dem Singen und Locken
    Und ward am Herzen wund.

Ein Steinlein ließ sie sinken,
    Das schlug auf keinen Grund: –
»Hei! könnt' ich den Weiher trinken!
    Ich fing' wohl den Rufemund.
Ihr Knaben in Schloß und Garten
    Harrt heut' umsonst auf mich,
Am Ufer hier will ich warten,
    Du Wassermann, auf Dich.«

Die Wellen sanken und stiegen,
    Leis' athmend rauschte die Fluth: –
Der Mond war aufgestiegen, –
    Sie lachte voll Übermuth:
»Steig auf! Du Säumer, was grollst Du?
    Laß nun den Singsang! Traun:
Einem Menschenkinde sollst Du
    In die blitzenden Augen schau'n.«

Da wichen die Wellen mit Neigen,
    Da stieg er empor aus der Fluth
Und schaute sie an mit Schweigen, –
    Da ging's ihr wie Feuer in's Blut.
»Wie schön, wie ernst und traurig
    Und gut doch ist dein Gesicht,
Sag' an, was blickst Du so schaurig?
    Spricht wo der Gram Dich sticht?

Was riefst Du mich mit Singen
    Bei Namen immerzu?
Mein Herz traf's zum Zerspringen,
    Ich kam: nun rede Du!« –
Da hub er an zu sprechen
    Und reckte die Arme nach ihr:
»That ich Dein Herz zerbrechen,
    So geb' ich das meine Dir!« –

Und leise, heiß, geschäftig.
    Süß flehend fuhr er fort,
Wild werbend, zauberkräftig,
    Mit siegesstarkem Wort:
»Ich lehre Dich Glück und Lieder
    Und der Runen verborgene Kunst;
Doch gönne mir Du dawider
    Deiner Liebe süße Gunst!«

Er löste mit kosenden Händen
    Vom Fuß ihr den goldenen Schuh,
Den Gürtel ihr von den Lenden
    Und trug sie der Tiefe zu.
Die Wellen kamen und gingen,
    Der Mond sah leuchtend darein, –
Leis' tönte im Weiher ein Klingen
    Wie Hochzeitsmelodei'n.


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