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I. | |
»Vom tiefsten Abgrund hob ich mich empor, Vom letzten Saum der ewig dunkeln Nacht, – Des Weltraums Rinde –, wohin einst mich rücklings Aus meinem Kampfgeschirr das Flammenschwert Sanct Michael's hinunterschmetterte Zu ungeheu'rem Fall. – Todt lagen die Genossen. – Aber ich, – Kaum dacht' ich wieder, dacht' ich an Vergeltung. Doch nicht wie damals, in der Jugend Hitze, In schwarzen Stahl vom Wirbel bis zur Sohle Jedoch auf Eins nur bau' ich: auf dies Schwert, Mit höchsten Zaubers tiefst geheimer Kunst Gegrüßt, mein Schwert! Dich lieb' ich, dich allein Empor! Empor! Tragt mich, ihr schwarzen Schwingen! Und diese Menschen, die elender sind, Ha, sieh! Da ragt im Mondlicht, riesengroß, Doch nein! – Was liegt an Rom und an den Menschen! Hinaus! Empor! Schon unter meinen Sohlen Empor! Wer jetzt? Ei, du bist's Sanct Georg! Empor! Schon greif' ich nach des Himmels Thor. |
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Michaël (im Innern des Himmels vor Gottes Thron). |
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Zu deinen Füßen laß mich sterben, Herr. Ich halt' das Thor! |
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Gott. | |
Erschließ es, Michael! Wer mich so eifrig sucht, der soll mich finden. |
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Lucifer (hat die Thüre gesprengt, dringt ein, das Schwert zückend. Gott ist noch von einer goldenen Wolke verhüllt). |
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Es blendet mich ein Glanz, ein ungewohnter, Noch kann ich nicht die Wimper heben: – doch In jener goldnen Wolke ahn' ich dich –, Du Spuk, du Wahngebild des Aberglaubens, Nichts rettet dich, du grausames Gespenst: Vor diesem Schwert: – ich spalte dich entzwei, In's Antlitz schau' ich dir – (Er dringt in die Wolke und erschaut Gott.) Weh! Ich erblinde! (Er stürzt nieder auf das Antlitz.) O welche Hoheit! Unausdenkbar groß! O welche Herrlichkeit von Glanz und Licht! O Herr, laß mich von dieses Lichtes Fülle Nur einen, einen Dämmerschein noch schau'n. |
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Gott. | |
Du sollst ihn haben. – Ahnung nenne ihn! | |
Lucifer. | |
Was bist du, Herr? | |
Gott. | |
Ich bin der Ewige. Nichts ist als ich. Und ich bin auch in dir, sonst wärst du nicht. Unendlich bin ich und bin unbegreiflich. |
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Lucifer. | |
O weh, mein armes Schwert! Ja, du sprichst wahr. Du bist! Du bist! Und bist doch unbegreiflich! Zerbrich, mein Schwert (er zertritt es in zwei Stücke) ein werthlos Spielzeug bist du. Ich werf' dich weg: – nie rühr' ich mehr an dich. |
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Gott. | |
Nicht so, mein Sohn! Nimm dein zerbrochen Schwert – Die Trümmer zwar sind nie mehr zu vereinen! – Und auf der Erde brich, ein Blinder selbst, Doch von der Wahrheit Glanze nur geblendet, Den Menschen brich mit dem zerbrochenen Schwert Zu mir, – dem Ewigen – die ew'ge Bahn! |