Winter ist es lang' im Samland:
Aber endlich auch im Samland
Brechen sieghaft aus den Wolken
Sonnenschein und Sommerglanz.
Und dann schmelzen in den Thälern
Plötzlich Schnee und Eis und herrlich
Sprießen aus der feuchten Erde
Blumen, Blumen ohne Zahl.
Und aus lichten rothen Wolken
Schwebt vom Himmel auf die Erde
Ueber schwanke Birkenwipfel
Göttin Laila wunderhold.
Laila, sie, die Sommergöttin:
Und ein dicht Gewölk von Vögeln
Zwitschernd, flötend. schmetternd, wirbelnd
Fluthet flatternd um sie her.
Auch im Samland wird's dann lieblich:
Tausend Nester in den Birken,
Tausend Nester in dem Riedgras:
Vögel jauchzen überall.
Aber kurz nur währt die Freude,
Und wann kalt die Nächte reifen,
Sendet Laila ihre Vöglein
Südwärts auf die Wanderschaft.
Und zum Hüter für die Kleinen
Stellt sie aller Vögel Klügsten,
Altverständigsten: den Kranich,
Als den Reisemarschall auf.
Kehren sie im Lenz dann wieder, –
Fordert sie für all' die Scharen,
Die ihm waren anbefohlen
Von dem Langhals Rechenschaft.
»Herrin,« spricht alsdann der Hüter,
»Alle meine Schutzbefohl'nen,
Konnt' ich nicht Dir wiederbringen:
Manches liebe Schöpflein fehlt.
Denn die ungezognen Meisen
Müssen in die Meisenkasten,
Ob ich noch so streng sie warne:
Meisen folgen eben nicht.
Meine liebe Noth desgleichen
Hab' ich mit dem Schelm Rothkehlchen
– »Schilt mir nicht auf meinen Liebling« –
»Herrin, 's ist mein Liebling auch.
Aber neubegierig sind sie,
Wie sonst nur noch junge Mädchen:
Jeder Leimstock kann sie fangen,
Den der Mensch der Neugier legt.
Ach, geschossen ward das Rebhuhn,
In der Sprenkel hängt die Drossel,
Und die Italiener fraßen
Mir den Zaunkönig sogar.
Alle diese, hohe Herrin,
Sind auf Erden mir verunglückt:
Aber Eine mußt Du suchen
Droben bei dem lieben Gott.
Denk' Dir nur, die Haidelerche
Hat so hoch sich aufgeschwungen,
Daß sie aus den Himmelswolken
Gar nicht mehr den Rückweg fand.
Da hat ihr der liebe Herrgott
Mitleidvoll das Himmelfenster
Aufgethan und bei den Englein
Im Sopran sie angestellt.« |