Felix (und Therese) Dahn
Gedichte
Felix (und Therese) Dahn

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An Frau Maria Zorn

(bei der Taufe ihres Töchterleins).

            Ernst an des Säuglings Wiege sitzt die Norne:
    Die Zukunft schaut sie des Geschlechts der Zorne.
Was wünschen wir, daß sie als Angebinde
    Soll in die Wiege legen diesem Kinde?

Schwer wiegt der Wunsch: denn uns'res Volkes Heil
    Ruht auf den Frau'n zum vollen halben Theil.
Weh' uns'rem Volk, wenn jemals es entbehrt
    Des echten deutschen Weibes heil'gen Werth.
Wohl baut das Haus, das Reich der Mann allein:
    Die Weihe muß dem Werk das Weib verleih'n!

Ich wünsche diesem Mädchen, es soll gleichen:
    Der Mutter: Keiner hat es dann zu weichen.

Einst traf ich – dieses Bild vergeß' ich nimmer! –
    Hier diese Frau im rothen Abendschimmer,
An ihrer Brust das jüngste Kind gewiegt,
    Der Knabe lauschend an ihr Knie geschmiegt
Und sie erzählte feierlicher Stimme
    – Des Hares Rothbraun stand im Goldgeglimme –
Das Märchen von Schneewittchen und den Zwergen.

Mir war, ich sah im Schos von unsern Bergen,
    Wo Edelsterne, Gold und Perlen blitzen,
Frau Saga selbst, die wunderbare, sitzen
    Und hörte ob den golddurchkörnten Kieseln
Den ew'gen Jungborn deutschen Volksthums rieseln.
    Kein Maler mag sich höh'ren Schwungs erschwingen,
Kein Dichter schön'res Gedicht ersingen,
    Als solche Mutter, die hier vor uns lebt,
Nicht Traum und Duft, der in den Wolken schwebt: –
    Ein deutsches Weib, wie wir es schauen hie,
Voll Güte, Wahrheit, Ernst und Poesie.

Ein solches Weib erschaue heut' die Norne
    In diesem Kind erblüh'n dem Haus der Zorne.


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