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s. Bildunterschrift

Schloß Nassau und Stein Schloß nach Merian

Die Freifrau von Stein

Von Leo Sternberg

Wo das Licht ist oben im Wald, steht die Burg auf steilem Gestein.
Tief unten – ein Flämmchen im Fluß – glimmt trüb der Widerschein.
         Gar tief ist das Mutterherz ...
Weißhaarig im festlichen Saale, inmitten der Kinder all,
Zwölf blühenden Söhnen und Töchtern mit adligem Ehegemahl,
Sitzt die Mutter mit strahlenden Wangen. Hell brennen die Kerzen im Saal;
Und jede Brust trägt ein Lichtlein in Spange und Panzerstahl.
Kristallen blinken die Schalen ... Die Paare vermischen sich bunt;
Und schimmernde Zähne lachen aus rotem Frauenmund ...
»Was trittst du ans Fenster, Mutter? Was schaust du ins Dunkel hinaus?«
– »Von dem vielen, dem vielen Glanze ruh ich die Augen aus!«
Aufgehen die Flügeltüren; es klirrt Chatelaine und Sporn ...
Verneigen ... Es stimmen zum Neigen sich Geigen, Hoboen und Horn ...
»Was deckst du die Augen zu, Mutter? Und willst du nicht zusehn?«
– »Es brennen zwölf Kerzen herunter ... das schmerzt mich, anzusehn!«
»Ach meine liebste Mutter, ich stürbe gern vor dir!«
– »Mein Kind, so sollst du nicht sagen, zuviel des Glücks seid ihr!

Ich möchte das Öl meines Lebens – ach, warum kann ich's nicht! –
Zugießen in dieser Stunde zu eurem Lebenslicht!«
Und die Schleier durchschlingen luftig den tanzdurchwogten Saal,
Und gerötete Frauenschultern leuchten wider aus Panzerstahl.
Der Sohn – aus dem Gedränge hinüber hält er den Blick ...
Vom Sitz erhebt sich heimlich die Mutter – sie schaut nicht zurück –
Sie schreitet zu der Türe – er sieht's und wehrt es nicht –
Die Tür ist zugegangen ... Herunter sinkt das Licht.
Wie Tränen laufen die Tropfen des Wachses die Kerzen entlang ...
Eine Saite springt ... Die Hörner übertönen's mit lauterem Klang.
Sieh, die Kerzen, die zwölf, werden heller und nehmen wieder zu ...
»O, Mutter! ... Wo ist unsre Mutter? ... Mutter, was tatest du? ...
– Sie suchten sie im Nebel, im Wald, am Fluß, im Tal,
Mit Spürhund und mit Fackeln, mit Ruf und Hornsignal –
Sie ward nicht mehr gesehen ... Zwölf Burgen ragen im Reich.
Ein Stern mit goldenen Wimpern gießt Licht auf sie zugleich ...
         Gar tief ist das Mutterherz ...


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