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Ungebrochenen Laufes stürzt er dem Gau in die Arme, der sein heißt, dem Weingau, dem Rheingau. Vereint erstmals fühlbar mit anderem Flusse, der seine Kraft fast verdoppelt und doch seine Art nicht zu brechen vermag, fließt er, ein wenig beschwichtigt im Blut nur durch lindere Wasser des Mains, die sonnigen Hügel an, die von den Höhen des Gebirges quervor sich herunter zur Ebene erstrecken.
Da sind sie auf einmal, in Mulden, auf Buckeln, die Heere der edlen Reben, hinauf und hinab, unabsehbar, von Mauern getrennt in die Lagen, blaugrün und golden im Licht. Ein stolzes Gedeihen, ein gegenseitiges Gefallen, ein Aneinanderbehagen herüber hinüber vom Fluß zum Land scheint wie vereinbart, als er vor der Schranke des Gebirges in mächtigem Winkel seinen Lauf umbiegt und zu den Füßen des Gaus, dicht an ihm hinrauschend, seinem sanften Zwange sich fügt.
Doch nicht lange bequemt sich der Strom. Er gedenkt der verlassenen Fahrt. Und gerade durch das Schiefergebirge muß er hindurch, damit er sie wieder gewinne. Eng und enger wird die gebohrte Schlucht. Er leugnet Gemeinschaft. Fast feindlich jagt er den Felsen vorüber, die ihn aufzuhalten versuchen. Sein Wasser wird trübe vom Wühlen und Reißen in Sand und Geschiebe. Unbezwungen stehn Steine im Strom. Wirbel setzt er dagegen, Bänke, Löcher und Untiefen. Bis er gewinnt. Bis er von neuem den Lauf aufnimmt, stolzer, freier, tiefer, durch das besiegte Gebirge.
Nun fassen weiße Bänder der Dörfer mit schmalem Saum den Sieghaften; lose knüpft sich eins ans andere, ungesammelt und haltlos. Aber dazwischen, eng in die seitlichen Täler geschmiegt, befestigen Winzerorte die Ufer. Kleine Scharen von Rebstöcken erklettern auf schmächtigen Gürteln, auf schmalen, verwegenen Stufen die grauen Steinhänge. Kräftige Mauern, darunter gespannt und die Berge längshin befestigend, halten spärliches Erdreich zu ihren Füßen. Bröckelnder Schiefer flimmert im Feuer. Und weiter ihm folgend, auf ihre Stäbe gelehnt, Stock bei Stock, in Gruppen, in Reihen, bald dünn, bald in Tiefe gegliedert, vom Gau hinab bis weit über die Mündung der Mosel stehn neue Völker von Reben mannhaft in Glut langer Sonne. Früh gilben die Pappeln, die Erlen der Auen und Ufer; aber unter den Blätterhelmen des Rebstocks reifen die Säfte der Traube. Grüngoldner Staub ist ausgeschüttet weithin ins Tal, erzittert in schwebenden Säulen: Sonne und Feuchte des Stroms.
Drunten aber die Wasser werden zur Straße. Alte Pfalzen und Sperrtürme sitzen daran wie schlafende Wächter, die man nicht abgelöst hat in vorzeitlicher Rüstung. Verfallende Burgen auf vordringenden Höhen suchen vergebens ein Wort. Das Leben der fließenden Straße achtet ihrer nicht mehr. Die weißen Schiffe führen mit schäumenden Rädern und Schrauben fröhliche Menschen in dichtem Gedränge zu Tal, und stromauf dazwischen reißen die schwarzen Schlepper lange Gefolgschaften dunkler Schiffsleiber mit schwarzer beschwerlicher Last hinter sich her. Tief sind die Furchen der Kiele, tief die wühlenden, reibenden Wunden der Schrauben, der Anker, der Ketten. Düstere Rauchfahnen peitschen erregte Gewässer. Aber die Narben verheilen in silbernen Nähten, verrauschen hinter dem Schiff.
Wie auch immer geknechtet in Fron, beengt von Straßen, gespannt zwischen Eisenschienen der Ufer: der Strom vergißt nicht des Strömens. Noch immer ist er's, der gebietet. Ununterworfen vom Land, von den Städten, den Dörfern, ununterworfen von jeglicher Last, offenen Gesichts wie von jeher, fast heiter, gewinnt er die Ebene.