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Kaiser Adolf kämpfte im Elsaß gegen den Bischof von Straßburg und wurde während eines Scharmützels schwer verwundet. Seine Getreuen trugen ihn aus dem Getümmel und brachten ihn in Sicherheit. Auf unbekannten Wegen irrten sie dahin, eine tiefe Ohnmacht hielt den kaiserlichen Herrn umfangen. Es dunkelte schon, als sie vor die Pforte eines Nonnenklosters kamen und mit dem Schwertknauf um Einlaß pochten. Der Regen goß in Strömen. Die Äbtissin verweigerte den Kriegsleuten Obdach; nur der Verwundete erhielt ein Lager im schützenden Raum des Klosters. Die Reisigen nächtigten im nahen Gehölz und empfingen reichliche Atzung. Am anderen Morgen ritten sie ohne den Herrn zum Lager zurück.
Sorglich pflegten die Nonnen den Kaiser, und nach einigen Wochen war seine Wunde geheilt. Eine junge Novize, Imagina geheißen, war Tag und Nacht um den Verwundeten gewesen. Wenn ihn die Glut des Fiebers durchtobte, kühlte sie seine Stirne und goß lindernden Trank über seine Lippen. Dann war es ihm, als stände ein Engel an seinem Lager und scheuche die Qual. Als ihm das Bewußtsein wieder gekommen war, als seine Kräfte von Tag zu Tag wuchsen, durfte Imagina nicht mehr von seinem Lager weichen. Eines Tages ergriff er die Hand der Jungfrau und sprach: »Durch Eure Pflege bin ich genesen. Herzlich muß ich Euch danken. Doch Eure Sanftmut und Euer Liebreiz haben mich wiederum krank gemacht.« Imagina errötete und verließ das Gemach. Von stundan kam eine andere und pflegte ihn. Unmutig und traurig zugleich wartete der Kaiser auf Imaginas Kommen. Drei Tage vergingen.
Am Abend des dritten Tages, als in den hohen Gängen und Zellen des Klosters schon tiefe Ruhe herrschte, öffnete sich leise die Türe zu Adolfs Gemach. Imagina trat hastig herein, sie trug in der Hand eine flackernde Kerze. Flüsternd und drängend sprach sie: »Flieht, hoher Herr! Der Bischof von Straßburg stellet Euch nach! In dieser Nacht noch will er Euch fahen! Eilt! Eilt! Geheimen Weg will ich Euch weisen! Den Schlüssel zum Pförtlein im Klostergarten – ich hab ihn! Zum Rheinstrom geht dann der Pfad durch den Wald, dort findet Ihr Fähre und Fährmann!« Adolf griff rasch nach Mantel und Schwert und folgte ihr eilenden Schritts durch den dunklen Garten. Der Regen troff und der Sturm raste durch die Bäume. An der Mauerpforte hielt Imagina an und wollte in das Kloster zurückeilen. Aber der Kaiser ergriff ihre Hand und bat sie so dringend und innig, mit ihm zu fliehen und immer bei ihm zu bleiben, daß sie nicht widerstand. Sie hatte ihn lieb gewonnen und hing mit ganzer Seele an ihm. Den Schleier löste sie von ihrem Gewand; der Nachtsturm trug ihn davon. Der Kaiser hüllte ihre bebende Gestalt in seinen Mantel. Glückselig faßte er ihre Hand und sorglich geleitete er sie an den Rheinstrom. Ein Fischer setzte die Flüchtenden über und bald war ein Schloß des Kaisers erreicht.
Im stillen Aartal, nicht weit von Schwalbach, ließ Adolf sich eine Burg erbauen und nannte sie Adolfseck. Hier lebte er mit Imagina in verborgener Liebe; stets weilte er bei ihr, wenn ihn blutige Fehde nicht fernhielt. Doch kurze Zeit nur dauerte das heimliche Glück. Albrecht von Österreich griff nach Adolfs Krone, und am Donnersberg kam es zur Schlacht. Imagina hatte sich ohne Wissen des Kaisers in ritterliche Gewandung gehüllt und folgte ihm auf die Wahlstatt. Sie wollte an seiner Seite bleiben. Mit Mühe nur konnte sie Adolf bereden, im nahen Rosental auf den Ausgang des Kampfes zu harren. Vor dem hohen Kreuzbild der stillen Klosterkirche fiel sie nieder, betete und jammerte und bangte um das Leben ihres Herrn. Draußen auf dem Schlachtfeld dröhnte wilder Reiterkampf, draußen sank Nassaus Held blutend vom Streitroß; die Waffe des Gegners hatte ihn tödlich getroffen.
Dunkle Schatten krochen aus den Winkeln und Wölbungen der Kirche, die Nacht brach herein. Noch lag Imagina vor dem Bilde des Erbarmers, noch immer stiegen ihre Bitten empor. Draußen wurde es still und stiller; tiefes Dunkel schwebte stumm und trauernd in dem heiligen Raum. Leises Gewinsel drang plötzlich an Imaginas Ohr. Entsetzt fuhr sie empor. Des Kaisers Windspiel, das ihn auch im Kampfe nicht verließ, zerrte die Herrin am Saum des Gewandes, lief zur offenen Kirchentüre und kam wieder zurück. Sie folgte ihm auf das Schlachtfeld, von schrecklicher Ahnung ergriffen. Bei der Leiche Adolfs blieb das treue Tier stehen und winselte aufs neue. In unendlichem Jammer sank Imagina neben dem Entseelten nieder.
Im Kloster Rosental wurde der Kaiser bestattet; Imagina wollte verzweifeln. Weder Speise noch Trank kamen über ihre Lippen, und eines Morgens lag sie tot auf dem Grabe des Geliebten.