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Sie sind als die beiden letzten zurückgeblieben.
Unter der Nachmittagssonne tropft ihnen der Schweiß in den Staub, in welchem sie, die Schuhe über die Schultern gehängt, barfuß wie durch glühenden Höllensand dahinwandern. Zahllose vorausgegangene Füße haben die beim letzten Regenwetter von Rädern durchfurchte, seither von der Hitze wieder hartgebackene Erde zermörsert, so daß die von dornigen Hecken umwucherte Straße immer noch als der beste Weg erscheint. Da bleibt Gertrud stehen, blickt auf ein Erlenwäldchen, das linker Hand über die Büsche emporragt, lauscht ein Weilchen und schwenkt dann vorsichtig ins Dickicht hinein, von Albrecht ohne Widerrede gefolgt, bis sie zwischen den glatten Stämmen an einem klaren, unmerklich fließenden Bächlein angelangt sind, in welchem über dem gelben Schlammgrund grünsilberne Fischchen an den besonnten Stellen hin und her schwänzeln.
»Setzt Euch, lieber Herr!«
Albrecht läßt sich seufzend auf das dürre Gras des Bordes nieder und sieht erstaunt zu, wie Gertrud sich hochschürzt, mit ihren kräftigen Beinen auf den weichen Grund hinabtritt und anfängt, mit beiden Händen das sonnenwarme Wasser über seine schmerzenden Füße zu gießen. Das ist ihm eine unsäglich süße Liebkosung und heilt von Mal zu Mal auch seine verdrossene 369 Seele: ja, er möchte gern den ganzen Weg noch einmal zurücklegen, nur um diese überraschende Labung aufs neue zu genießen! Dann löst Gertrud, immer noch vor ihm in dem Bächlein stehend, mit einem Griff ihre aufgeknoteten Zöpfe und trocknet ihm mit der Fülle ihres aschblonden Haares die Füße, aus denen die brennende Röte zum größten Teil schon geschwunden ist; und zuletzt zieht sie aus ihrem Bündel, das sie auf das Rasenbord gelegt hat, ein kleines Büchschen hervor und beginnt sie mit sanften Fingern zu salben und zu kneten.
Nach diesem Werke setzt sie sich bescheiden neben ihn, läßt ihre dicht an sich gezogenen Beine an einem durchs Laub herabbrechenden Sonnenstrahl trocknen und steckt sich derweilen unter langsamen Bewegungen ihr Haar wieder auf. Es ist, als blicke sie dabei mit lautloser Frage in das Blättergewirr der Erlen empor, ob dort kein Vogel sein Lied beginnen will; aber es bleibt alles ruhig und nachmittagswarm und ohne jede Antwort, die mit den Sinnen wahrgenommen werden könnte. Um so mehr fühlen sie sich von der Einsamkeit der Welt umgeben und immer dichter zusammengeschlossen.
Da fällt Albrechts Blick auf das Salbenbüchslein, das in dem offenen Bündel Gertruds liegt; und im nachklingenden Gefühl der eigenen Erquickung öffnet er es noch einmal, ergreift wortlos Gertruds Fuß und fängt an, ihr denselben Dienst zu erweisen. Gertrud wird purpurrot im Gesicht, und ihr braunes Bein macht zuerst ein paar verlegene Schlenkerbewegungen: dann aber hält sie geduldig still und empfindet nach dem unauffällig genommenen Bade die Linderung, die sie sich selbst nicht gestattet hätte, doppelt wohltuend; und während sie aus abgekehrtem Antlitz zu Boden blickt, stehlen sich heimlich zwei Tränen aus ihren Augen. Albrecht aber dünkt es süß, von ihrem jungfräulich reifen 370 Leibe wenigstens die Zehen in seinen Händen halten zu dürfen und ihnen in wortloser Liebkosung immer wieder zu danken für die Treue, mit der sie ihn bisher begleitete.
Und so werden sie allmählich ausgesöhnt mit den Mühen ihrer Reise. Ihre Körper verdampfen und verkühlen: der Atem zieht wieder leichter in die Brust ein; und die Gedanken stärken sich an neuer Hoffnung. Erst wie Albrecht zuletzt ganz versonnen Gertruds Füße in seinen Händen festhält, kommt sie sich plötzlich wie gefangen vor, entzieht sie ihm mit demselben Ruck und Zuck, mit welchem sie sich selbst aus dem Schlinggewächs holder Gedanken losreißt, und erhebt sich.
Und jetzt steht sie mit den Schuhen und dem Bündel in der Hand vor ihm, der mit seinem langen Schwert an der Seite immer noch erstaunt im Grase lagert, und blitzt ihn aus ihren Augen schelmisch an . . .
»Nun, lieber Herr? Wollen wir wieder Jerusalem erobern?«