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Das alte, halbzerfallene Steinhaus liegt in der Nachmittagssonne. In dem wilddurchblühten Garten flicht um verwitterte Säulenstümpfe der Efeu neue Ranken. Wer mag diese Villa einst erbaut haben? Wer mag zuerst in ihrem Garten gewandelt sein?
Jetzt haust der Bauer Vincent in den wenigen Räumen, deren Decke noch regendicht ist; und in den andern, notdürftig 142 überdachten, sind die Kühe und Hühner untergebracht. Der Vincent macht sich keine Gedanken darüber, wer seine Vorgänger gewesen sein mögen: er wohnt schon drei lange Jahre hier; und hat immer noch genug zu tun, wenn er nur die notwendigsten Verbesserungen anbringen will. Gerade heute soll's wieder einmal einen Ruck vorwärtsgehen.
»Kommt, Buben! Wir wollen endlich eine richtige Viehtränke machen!« Und er tritt mit seinem Nachwuchs, drei stämmigen Söhnen, in den Garten hinaus, der tiefer liegt als das umgebende Land und von ihm durch eine überwucherte Backsteinmauer abgeschieden wird. An einer bemoosten Stelle träuft als feiner Wasserfaden eine aus dem Unbekannten sich herziehende Quelle hernieder und hat den Boden unter sich in Morast verwandelt.
Hier fangen sie an, mit Eimern und Schaufeln den Schlamm fortzuschaffen und zuletzt mit grobzinkigen Hacken den auf seinem Grunde befindlichen losen Schutt herauszuzerren, damit in größerer Vertiefung das Wasser sich sammeln und alsdann klären möge. Der Alte befiehlt, die Buben greifen zu: sie liegen vor Eifer mehr auf dem Bauch, als daß sie stehen; und trotz der kühlen Arbeit läuft ihnen der Schweiß von den braunen Stirnen – bis sie auf einmal stutzen, weil sie sich mit ihren Geräten an einem harten Gegenstand verfangen haben. Und jetzt stoßen sie gar einen Schrei des Entsetzens aus; denn aus der dunklen Pfütze sehen sie deutlich eine Hand sich emporrecken.
»Das ist Teufelswerk!« stößt der Bauer hervor. Und nachdem sie alle kurze Zeit über den Wassertümpel gebeugt dagestanden haben, treten sie ängstlich von der moosigen Mauer zurück und starren auf die steinernen Finger, um die das nachrinnende trübe Wasser langsam höhersteigt und sie bald wieder 143 verschluckt haben wird . . . »Horcht! Horcht! Kommt er nicht schon, der Gottseibeiuns, und will uns holen?« schlottert einer der Buben.
Von der Straße her tönen Fiedel und Flöte. Aber wie sie es endlich wagen, einen Blick hinzuwerfen, gewahren sie nur ein halbes Dutzend fahrender Schüler, die von einer hohen Schule zur andern ziehen und sich auf ihre Weise den weiten Weg abkürzen . . . Da schießt dem Bauer ein Gedanke durch den Kopf: Die sollen ihnen helfen! Oft genug schon hat er diese Hungerleider mit Milch und Eiern gelabt, um auch einmal einen Dienst von ihnen erbitten zu dürfen –
»He dort, ihr gelehrten jungen Herren!« ruft und winkt er ihnen mit seinen Söhnen durch den Garten zu. »Kommt her und seht, was wir gefunden haben! Deutet uns dieses Wunder, das wir uns nicht zu erklären vermögen!«
Und die Vaganten brechen herein durch das blühende Dickicht, lassen sich berichten, was in der Pfütze verborgen liegen soll, und machen sich sofort selber voll Begeisterung an das Entdeckungswerk. Das erste, was sie tun, ist, daß sie für das Wasser eine Abzugsrinne graben; und siehe, nicht nur die Hand kommt wieder zum Vorschein, sondern auch noch ein Arm, eine Schulter, ein Stück Hals – und jetzt ein schöner, wie in jahrtausendealtem Schlummer liegender Frauenkopf. Und wie sie noch weiter den Schutt wegräumen, werden unter dem bereits freigelegten Arm die beiden Brusthügel und dicht unter dem andern, halb ausgestreckten ein ganzer, herrlicher Frauenleib sichtbar.
»Das ist eine alte heidnische Göttin, die einmal hier auf der Mauer stand und sich in dem Teiche spiegelte, den dieser Quell speiste!« ruft der älteste der Goliarden voll leisen Entzückens aus, als könnte ein lautes Wort die holde Schönheit 144 wie durch Zauber wieder verschwinden lassen . . . »Das ist eines von den Frauenzimmern, auf die der brave Kirchenvater Tertullian so heftig geschimpft hat!« lacht ein anderer vor den feucht glänzenden Gliedern. »Das ist am Ende gar Frau Venus!«
Und nachdem sie jetzt den dem Marmorleib allenthalben anliegenden Schutt entfernt haben, setzen sie behutsam die Spitzhauen an, um die Göttin selber aus ihrem Grabe herauszuzerren. Doch das schlummernde Steinbild wehrt sich mit stummer Hartnäckigkeit dagegen, ob ihnen auch vom Ziehen und Reißen die Augen aus den Höhlen treten und der Atem keuchend der Brust entfährt. So rufen sie denn nach Brettern und Seilen, um mit Kunst und Witz ihren allzuschwachen Kräften nachzuhelfen.
»Das ist, sagt ihr, eine alte Heidengöttin?« meint bedächtig der Bauer, der staunend ihren Anstrengungen gefolgt ist. »Mir scheint sie noch ziemlich jung zu sein –« Und er vergleicht im Geiste diese glatten, straffen Formen mit dem, was er bisher vom Weibe kennen gelernt hat.
»Aber schwer ist sie wie eine Vettel, die selbst dem Teufel zu fett ist!« schnauft einer der Schüler. Und alle brechen in Gelächter aus, so daß ihnen die Fähigkeit, etwas auszurichten, vollends verloren geht.
Da kommen die Buben mit den Hanfseilen angestolpert, ziehen sie der Venus unter den Armen durch und werfen sie über die Gabel eines starken Baumstammes. Sie bringen Bretter, die sie ihr unter den Leib schieben, soweit es möglich ist, um ihn dann, indem sie sich selber auf das andere Ende stellen, zu heben. Und so ziehen, drücken, stoßen sie zuletzt alle miteinander, bis die steinerne Göttin sich langsam zu regen und zu heben anfängt und schließlich mit einem Ruck sich gleichgültig auf den trockenen Grund hinauflegt.
145 Unter der Türe ist über dem Eifern und Lärmen auch die Bäuerin erschienen und beschaut erstaunt die ihr zu Füßen gelegte Steinleiche. »Was ist das? Meint ihr nicht, daß dieses Heidenwerk uns Unheil bringen könnte?« Aber niemand hört auf ihre warnenden Reden; denn alle zerren aufs neue an dem Seil, stützen oder stoßen die sich langsam hebende Statue, und sind nur noch von dem einzigen Trachten erfüllt, sie auf die Füße zu stellen . . .
Endlich ein Haus! denkt Isa, die mit ihrem Bündelchen allein auf der Landstraße dahergewandert kommt. Und Menschen wohnen dort auch, so zerfallen es aussieht; sonst hörte man nicht aus dem Garten so laut reden, rufen, lachen. Warum soll sie nicht hineingehen und um Gotteswillen ein Almosen erbitten, wie sie es schon so oft getan hat? Dem stets erneuten Morgenschwur, unter kein Dach mehr zu treten, wo sie das Heimweh packen könnte, lassen Hunger und Furcht sie immer wieder untreu werden.
Aber kaum hat sie einen Blick unter die Bäume geworfen, in deren Kronen das Gold der Abendsonne schwimmt, und ist ein paar vorsichtig-neugierige Schritte weit in die Büsche hineingetreten, so sieht sie mit Erstaunen vor sich einen Knäuel Menschen, aus welchem ein Seil hochsteigt, zusammengedrängt stöhnen und ächzen, bis plötzlich alle mit lautem Freudengeschrei auseinanderfahren. In ihrer Mitte steht, vom warmen Himmelslicht umduftet, ein über und über von brauner Erde und grünem Schlamm bedecktes steinernes Mädchen, das nicht nur mit der lieblich-hoheitsvollen Gebärde der beiden vorgehaltenen Arme seinen schlanken Leib beschützt, sondern ebensosehr in lautloser Klage der getrübten Augen um Hilfe zu rufen scheint. Isas Lippen entfährt ein unwillkürlicher Ruf des Mitleids, so 146 daß alle fast erschrocken sich nach ihr umschauen und gleichzeitig ihr rotes, leuchtendes Haar und das schlichte weiße Kreuz auf ihrer Brust gewahren –
»Ja, komm nur her, Kreuzfahrermaid!« ruft einer der Schüler voll Übermut. »Das ist eine ältere Schwester von dir, die wir soeben zur Auferstehung gebracht haben.«
Aber während der Bauer, die Bäuerin, die Buben und die Vaganten darüber in ein erneutes wieherndes Gelächter ausbrechen, obschon sie von der Anstrengung her, mit welcher sie das Steinbild aufrichteten, noch keuchen und schnaufen, wirft Isa rasch entschlossen ihr Bündelchen hin und nähert sich nicht anders der alten Marmorstatue, als wäre sie wirklich ihre zu Unrecht totgeglaubte und nun durch ein plötzliches Wunder ins Dasein zurückgekehrte Schwester. Sie löst ihr das Seil, das ihr wie einer Sklavin noch die Brust umschnürt hält; dann entdeckt sie mit einem raschen, suchenden Rundblick den klaren Wasserstrahl der von der Mauer herabrinnenden Quelle und holt ein Stück von dem nassen, weichen, grünen Moos, aus dem er hervorquillt: und wenn man sonst Leichen abwäscht, bevor man sie für immer in die Erde legt, so erweist sie jetzt umgekehrt der von der Erde zurückgegebenen Göttin diese Wohltat, indem sie ihr mit solchem sanften Schwamm sorgfältig und ehrfürchtig alle Grabesschlacken zu entfernen beginnt. Die Schüler aber, kaum daß sie das Vorhaben Isas begriffen haben, bemühen sich, ihr immer neue, frische Moosstücke darzureichen, so daß sie bald einmal ihre Arbeit ohne Unterbruch fortsetzen kann; und immer mehr teilen sich die bewundernden Blicke der Umstehenden zwischen der aufgefundenen Aphrodite und diesem fremden Mädchen, das ihnen mit jeder seiner dienenden Bewegungen würdiger erscheint, ihre jüngere Schwester zu heißen.
147 Bei dem leicht vorgebeugten Haupt der Statue hat Isa begonnen. Schon liegen die zartgewellten Haare, welche Spuren dunkler Bemalung aufweisen, sowie der untere Teil der kleinen Ohrmuscheln, den sie gerade noch sichtbar werden lassen, frei zutage; ebenso die beiden Bänder, welche die Haare schlicht der Form des Kopfes anpressen und an einigen Stellen ein goldenes Leuchten bewahrt haben. Aber erst wie sie die leicht gefärbten Augen entschleiert und auch die gerade Nase, die lieblich halbgeöffneten Lippen und das volle Kinn von jeder Trübung gesäubert hat und jetzt von den klarflächigen gütigen Wangen, dem schlanken Hals entlang, mit immer wieder erneuten Moosstücken zur holden Kehle und, über die ergebenen Schultern hinweg, in die Herrlichkeit der beiden jungknospenden Brüste hinuntergleitet, entfaltet sich vor den erstaunten Blicken aller die volle, lichte Pracht des weißen Marmors, welchem ein eigentümlicher rötlichgelber Anhauch – oder ist es nur der Widerschein der untergehenden Sonne? – eine fast beängstigende Täuschung blutdurchpulsten Lebens verleiht; und je tiefer sie den sanft gebogenen Rücken, den keusch zurückgehaltenen Schoß, die kräftigen Hüften und Schenkel in dem klaren Wasser badet – wobei sie die frische, von einer der Spitzhacken herrührende Schramme an der Innenseite des rechten Oberschenkels behutsam wie eine Wunde reinigt –, um so mehr ist es, als fielen die dunklen Erdspuren vollends wie eine tausendjährige Verkleidung von dem gesunden Leibe ab und als zeigte sich die göttliche Aphrodite noch ein letztes Mal in jenem Glanze, mit welchem sie im Anfang der Dinge dem kühlrauschenden Meeresschoße entstieg . . .
»Das ist lustig! Das müssen wir feiern!« ruft gutgelaunt der Bauer, der mit einem großen Krug Wein aus dem Keller 148 zurückkommt. »Herbei ihr alle und setzt euch im Kreise zu einem fröhlichen Trunk!«
Und sie lassen sich nach vollbrachter Arbeit auf die zerfallenen Stufen der kleinen Freitreppe nieder, die zu der Haustüre emporführt, und fangen an, sich der stummen Marmorfrau in ihrer Weise zu freuen. »Wem kann man sie wohl verkaufen?« fragt einer der Buben; worauf ihm einer der Schüler zurückgibt: »Fahr mit ihr zu Markte und du wirst es sehen!« Und unter seinen Kameraden macht zusammen mit dem Krug ein leises Kichern die Runde, das den Bauernburschen gar nicht gefallen will.
Nur Isa hat die gutgemeinte Aufforderung nicht gehört und ihr nicht Folge geleistet. Sie steht wie gebannt vor der Göttin, an welcher der Sonnenzauber langsam zu verblassen beginnt; und derweilen hinter ihr bereits lechzende Kehlen befeuchtet werden, entdeckt sie auf einmal auf dem umdämmerten Marmorantlitz, welches nach der untergehenden Sonne auszuschauen scheint, einen Zug schmerzlicher Ergebenheit, der sie im tiefsten Herzen ergreift. Und sie kann nicht anders: sie muß sich ihr nähern und ihr über den vorgehaltenen kalten Steinarm hinweg ihre beiden lebenswarmen Mädchenarme um den demütigen Nacken legen . . .
»Nicht küssen!« schreit die Bäuerin, welcher bei dieser ganzen heidnischen Auferstehung je länger je weniger geheuer ist. Und sie eilt sogar die Treppe hinunter, um das fremde Mädchen von dem toten Steinbild wegzureißen.
Aber schon sehen alle, wie Isa ihre Lippen mit den Lippen der Göttin vereinigt; und jetzt hören sie auch das leise Schluchzen, das den lebenden der beiden Körper durchschüttert. Isa hat den Kopf in bitterem Weh auf Aphrodites Schulter gelegt; 149 und über den Marmorleib, den erst ihre mitleidigen Hände wuschen, rinnen immer aufs neue ihre heißen Tränen herab. Es ist, als klagte sie ihr jenes Leid, das die Göttin der Liebe besser und tiefer als jede andere Göttin kennt . . .
»Was ist das?« ruft der Bauer, indem er den leer zu ihm zurückgekehrten Krug abstellt. Auch in seinem Schädel steigt der alte Verdacht wieder auf, es könnte am Ende nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein. »Komm, setz dich zu uns, Dirn; und tu Bescheid wie alle andern!«
Da erhebt sich einer der Schüler und tritt zu Isa.
»Was heulst du, Mädchen?« raunt er ihr zu. »Diese Steinfrau hier liebt keiner mehr. Aber dich, dich kann man schon lieben!«
Und ein anderer tritt an ihre andere Seite. Der rasch getrunkene Wein glüht ihm bereits vom Gesicht.
»Weinst du etwa, Mädchen, weil du nicht so schön bist?« flüstert er ihr ins Ohr. »Zieh deine Fetzen aus und stell dich neben sie – und sieh dann, ob ich die andere nehme!«
»Was schwatzest du da?« fährt der erste dazwischen. »Wenn sie einem gehören soll, so gehört sie mir!«
»Warum gerade dir, he?«
»Darum –«
Und schlägt ihm die Faust vor die Brust.
Und der andere packt ihn um die Schultern, um ihn niederzuringen.
Alle sind aufgesprungen und versuchen, die Streitenden zu trennen.
»Maria und Joseph!« kreischt die Bäuerin dazwischen. »Hab' ich's doch immer gedacht, es sei ein Geschenk des Bösen!«
»Wo ist das Mädchen?« brüllt der erste Schüler wild.
150 »Der Teufel mag's wissen!« ruft einer der andern, die bereits zu suchen angefangen haben. Isa ist bei der allgemeinen Verwirrung spurlos im Dämmer verschwunden.
»Ja, der Teufel!« donnert jetzt der Bauer. »Wollt ihr Ruhe geben, ihr Halunken? Oder soll ich einmal meine Faust auf euren Schädeln versuchen? – Und hier das greuliche Heidenweib schafft mir weg! Ihr habt ihm auf die Füße geholfen; so könnt ihr ihm auch Beine machen . . .«
»Ruhe! Frieden!« rufen fast gleichzeitig die am Streite unbeteiligten Schüler. Und zu dem Bauer gewendet: »Gebt uns einen festen Handkarren; und wir stoßen sie so weit fort, daß sie euch nichts Übles mehr antut . . .«
»Dort steht einer!« brummt der Bauer und zeigt nach dem Stall.
»Ich weiß wohin!« lacht pfiffig der jüngste aus der Schar. Und während die einen zischeln und tuscheln untereinander, holen andere den Karren herbei. Und plötzlich sind sie in dem Gedanken an einen fröhlichen Streich wieder ein Herz und eine Seele und kippen die Göttin mit gewaltiger Anstrengung auf den steil neben sie gestellten Karren um, wobei keiner verschmäht, das schöne Steinweib recht ausgiebig zu umarmen.
» . . . Wenn ihr die auch nur bis zum Kloster der frommen Brüder stößt,« grollt einer der Buben, »so wird euch der Rausch verflogen sein!«
Da brechen die Schüler in ein übermütiges, heimlich zustimmendes Gelächter aus. Was mögen sie schon wieder Neues im Schilde führen? denkt die Bäuerin . . . Gottlob! Mit Ächzen und Prusten macht sich die Bande endlich davon.
Am klaren Nachthimmel glänzt scharf die silberne Mondsichel über der Straße. Die Venus liegt auf dem zweirädrigen 151 Karren auf dem Rücken; es ist, als träumte sie und spänne derweilen mit den beiden Händen das Sternenlicht von ihrem mild leuchtenden Leibe ab. Eine Viertelstunde entfernt – aber die tollen Gesellen mit ihrer Göttin brauchen die dreifache Zeit – liegt das große Benediktinerkloster, von einer gewaltigen Mauer umgeben.
Gerade vor dem schweren Balkentor lassen sie die Venus von dem aufgerichteten Karren gleiten und stellen sie behutsam wieder auf ihre Füße. Hier mag sie stehen mit der halb einladenden, halb abwehrenden Bewegung der Arme und dem erloschenen Auge, das von nichts mehr etwas wissen will: ein echtes und gerechtes Sinnbild der holden Frau Welt, welche vertrocknete Weisheit verleugnet hat und immer noch verleumden möchte! Der leere Karren aber wird rücksichtsvoll im nahen Gebüsch versteckt . . .
»Damit die gelehrten Herren endlich einmal wissen, wie das Weib aussieht!« lacht einer der Vaganten, indem er die Göttin zum Abschied auf den Rücken tätschelt. »Wie wüßten sie es sonst?«
Und mit Fiedel und Flöte und übermütigem Gejohle ziehen sie weiter durch die dämmerblauen Felder . . .