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Die Aufstellung der französischen Truppen

Im Laufe des 5. August wurde Mac Mahon zum Oberbefehlshaber über das I., V. und VII. Armeekorps ernannt, und es standen also sehr bedeutende Verstärkungen in Aussicht. General de Failly, Kommandeur des V. Korps, wurde denn auch sofort benachrichtigt, er solle von Saargemünd nach Rohrbach-Bitsch heraufrücken und seine Divisionen in der Richtung nach Philippsburg und Reichshofen in Bewegung setzen. Es scheint, daß der Marschall einen Angriff auf den 6. August nicht erwartete, ja sogar die Absicht hatte, falls die Hauptmacht des deutschen Heeres mehr nach Süden vorgedrungen wäre, die Offensive noch zu ergreifen und dem Feinde in die Flanke zu fallen. Wäre diese Vermutung zugetroffen, so hätte de Failly die Aufgabe gehabt, dem II. bayer. Korps bei Lembach ein Stücklein aufzuspielen, während der Marschall von hier aus den Preußen, Württembergern und Badensern den Generalmarsch mit Kanonen und Mitrailleusen hinterdrein geblasen hätte, das Unterland hinab, und nach dem Rhein hinüber auf Nimmerwiedersehn!

Der Gedanke war richtig; es wäre auch wohl gegangen, aber es ging nicht: denn im Hauptquartier zu Sulz hatte man die Lunte auch gerochen und die Falle ist nicht zugeklappt. Merkwürdig, wie ein einziger genialer Schachzug des kommandierenden Feldherrn einem ganzen Feldzuge eine andere Wendung verleihen kann! Hätte der Kronprinz nach der Schlacht von Weißenburg mit dem Gros seiner Armee die südliche Richtung gegen Hagenau-Straßburg eingeschlagen und dem Marschall Mac Mahon die Gelegenheit geboten, den projektierten Vorstoß auszuführen, wer weiß, von welch ungeheurer Tragweite damals ein einziger Vorteil gewesen wäre. Doch, wie gesagt, man wußte deutscherseits, wo die französische Hauptmacht konzentriert war.

Es blieb also, trotz der beruhigenden Depesche an den Kaiser, man behaupte eine feste Stellung in der Flanke des Feindes, bei der notgedrungenen Defensive. – De Failly aber hat am großen blutigen Tage kein Pulver gerochen. Nur eine Division (Lespart) seines Armeekorps war morgens von Bitsch aufgebrochen, hatte in Philippsburg Kaffee gekocht und stand am Abend vor den Toren von Niederbronn, um der allgemeinen Deroute nachzuschauen.

Das VII. Korps unter F. Douay, dem Bruder des gefallenen Abel Douay, sollte am Oberrhein erst gesammelt werden, als der Befehl des Marschalls eintraf, schleunigst ins Unterland zu eilen und mit den Truppen des I. Korps zusammenzustoßen. Dies geschah denn auch, und am 6. August früh morgens stand die Division Conseil Dumesnil mit ihrer Artillerie auf dem rechten Flügel bei Eberbach. – Mac Mahon verfügte also doch über eine ansehnliche Heeresmacht und es werden im ganzen nicht weniger als 40-45 000 Mann auf dem Plan gewesen sein. Soviel wir nach offiziellen Dokumenten, nach Lage der Gefallenen und nach allerlei vorgefundenen Überbleibseln auf dem Schlachtfelde konstatieren konnten, nahmen die französischen Truppen am Morgen des 6. Augusts folgende Stellungen ein:

Die I. Division, Ducrot, 1. Brigade, Wolff: Linienregimenter Nr. 18, 96, Jägerbat. Nr. 13; – 2. Brigade, de Postis du Houlbec: Linienregt. Nr. 45, Zuavenregt. Nr. 1; Artillerie, Lecoeuvre, analog zu den folgenden Div.: Batterie Nr. 6 und 7, Nr. 8 (Mitrailleusen) des Art.-Regts. Nr. 9; Genie: 1. Kompagnie des Regiments Nr. 1 – stand mit dem rechten Flügel nordwestlich, vorwärts Fröschweiler, und lehnte mit dem linken Flügel an Nähweiler und noch weiter in nördlicher Richtung an den Großenwald. Sie machte Front nach Langensulzbach, Mattstall-Lembach, wo das II. bayer. Korps ihr drohend gegenüber harrte.

Die III. Division, Raoult, 1. Brigade L'hérillier: Linienregiment Nr. 36, Zuavenregt. Nr. 2, Jägerbat. Nr. 8; 2. Brigade Lefebvre: Linienregt. Nr. 48, Turkos Nr. 2; Artillerie Cheguillaume: Batt. 5 und 6; Batt. Nr. 9 (Mitrailleusen); Genie: 1. Kompagnie des Regts. Nr. 1 stand östlich von Fröschweiler und behauptete mit der ersten Brigade das Terrain links der Straße von Fröschweiler nach Wörth, sowie den Höhenrücken und die Bergvorsprünge Görsdorf gegenüber. Die 2. Brigade besetzte das Terrain rechts von der Wörther Straße und stützte ihren linken Flügel auf Fröschweiler, den rechten auf Elsaßhausen. Noch weiter rechts hinab stand in gebrochener Linie und in ziemlich weit distanzierten Abteilungen

die IV. Division, Lartigue, 1. Brigade Fraboulet de Kerléadec: Linienregt. Nr. 56, Zuavenregt. Nr. 3, Jägerbat. Nr. 1; 2. Brigade Lacretelle: Linienregt. Nr. 87, Turkos Nr. 3; Artillerie, Lamandé: Batterie Nr. 8 und 11, Batt. Nr. 10 (Mitrailleusen) des Art.-Regts. Nr. 12; Genie: 1. Komp. des Regts. Nr. 1, und bildete Front, die erste Brigade gegen Gunstett, die 2. gegen Morsbrunn.

Die bei Weißenburg geschlagene II. Division † Abel Douay Pellé, 1. Brigade Pelletier de Montmarie: Linienregt. Nr. 50 und Nr. 74, Jägerbat. Nr. 16; 2. Brigade Pellé: Linienregt. Nr. 78, Turkos Nr. 1; Artillerie Cauvel: Batterie Nr. 9 und 12, Batterie Nr. 10 (Mitrailleusen) des Artillerieregts. Nr. 9; Genie: 1. Komp, des Regts. Nr. 1, war als Reserve hinter dem rechten Flügel der III. und hinter dem linken der IV. Division aufgestellt. – Hinter dieser letztern befand sich die I. Division vom VII. Korps, Conseil Dumesnil, 1. Brigade Nicolaï: Linienregt. Nr. 3, Nr. 21, Jägerbat. Nr. 17; 2. Brigade Maire: Linienregt. Nr. 47, 99; Artillerie Guillemain: Nr. 5 und 6, Batt. Nr. 11 (Mitrailleusen) des Artillerieregts. Nr. 7; Genie: 1. Komp. des Regts. Nr. 2 – und nördlich vom Albrechtshäuser Hof in einer weiten Waldvertiefung stand die Kavallerie-Brigade Michel mit dem 8. und 9. Kürassierregiment. Rückwärts Elsaßhausen, weiter nördlich an den Eberbachquellen standen die Kavallerie-Divisionen de Bonnemains: Kürassierregimenter Nr. 1, 2, 3 und 4; de Septeuil: Husarenregt. Nr. 3 und Chasseurregt. Nr. 11. Die Kavallerie-Brigade de Nansouty: Dragonerregt. Nr. 10, Lancierregt. Nr. 2 und 6 war als Divisionskavallerie verteilt.

Dies waren die Stellungen der französischen Truppen. Überblickt man das ganze Terrain, auf welchem die etwa anderthalb Stunden lange Heereslinie sich hinzog, so muß man sagen, daß die Position eine starke und zur Verteidigung außerordentlich vorteilhafte war. – Das Dorf Fröschweiler sitzt da oben, aus der Ferne gesehen, wie eine quadratförmige Burg, aus welcher fünf Straßen nach allen Richtungen ausgehen. Das Schloß Dürckheim, das Schulhaus, die Kirche, der Friedhof boten zur Gegenwehr massive Mauern und gedeckte Umgebungen.

Unsere Hochfläche überragt durchgängig die gegenüberliegenden Anhöhen, bildet aber eine ununterbrochene Reihe von Hügeln und Niederungen, welche für Truppenbewegungen nicht günstiger sein könnte. Der Marschall konnte nach Belieben seine ganze Kavallerie verbergen, seine Reserve maskieren, seine Bataillone in Schützenschwärme auflösen, sie plötzlich, ungesehen bald da bald dort auf den Kampfplatz treten lassen, oder auch zurückziehen. Das waren unschätzbare Vorteile. Aber besonders gegen das Sauertal hinab war die Verteidigungsfront ein wirklich furchtbares Bollwerk. Denn vom nördlichen Ende unseres Dorfes, im Halbkreise bis zum Niederwald hinunter, bilden unsere Bergvorsprünge eine Reihe von natürlichen, steilen Festungen, die das ganze Sauertal und die gegenüber aufsteigenden Hügel beherrschen; und diese kegelförmigen Vorsprünge sind durchweg mit Reben, Obstbäumen so bedeckt und die zwischen einmündenden Tälchen so mit Hopfenanlagen verrammelt, daß ein Heran- und Heraufdringen des Feindes als unmöglich erscheinen sollte. – Fast unmittelbar am Fuße dieser Bergkegel und gegen Fröschweiler zu mit verzäunten Gärten eingefaßt auf dem rechten Ufer der Sauer liegt Wörth, ein festgebauter Flecken mit steinernen Häusern, vielen kreuz und quer durcheinander laufenden Gassen, von wo aus, ebenfalls in gedeckter Stellung, nach Osten und Süden das wirksamste Feuer gerichtet werden konnte.

Die Sauer ist sonst kein bedeutendes Wasser, war aber von starken Gewitterregen angeschwollen und es soll auch, wie die Überlieferung erzählt, am Morgen des 6. August ein gewisser Müller in patriotischer Begeisterung die Schleusen eines im Liebfrauental gelegenen Weihers geöffnet haben. Tatsache ist, daß der Bach dem anstürmenden Feinde große Schwierigkeiten bot, da alle Brücken bereits zerstört worden waren.

Rechnet man zu allen diesen Vorteilen noch den Umstand, daß die Deutschen erst von jenen Anhöhen heruntersteigen, das durchschnittlich 1000 Schritt breite Tal durchschreiten, den Sauerbach passieren mußten, um nur auf Schußweite an den Gegner heranzukommen, so wird man zugeben müssen, daß die Franzosen mit ihrer ebenfalls bedeutenden Artillerie, mit ihren weittragenden Chassepot-Gewehren in ungemein starker und glücklicher Stellung mit Aussicht auf Erfolg den Anprall des Feindes erwarten konnten.

Es ist nachgehends von deutschen fachkundigen Leuten oft gesagt worden: wir begreifen nicht, wie wir da hinaufgekommen sind, und von französischen Fachmännern: es ist unerhört, daß sie uns hinausgeschlagen haben.

Das steht fest: Hatten die Deutschen den Vorteil einer weit überlegenen Zahl, so hatten die Franzosen den wenigstens ebenso großen Vorteil einer fast uneinnehmbaren Position. Und wenn de Failly erst eingriff mit dem V. Korps? Wer weiß? Die Deutschen haben Anno 1793 schon einmal auf diesem Gebiet unter Feldmarschall Wurmser derbe Schläge bekommen. Wer weiß, ob ihnen nicht auch diesmal der Herzog von Magenta das Wiederkehren verleidet hätte?


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