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Die Husarenabteilung blieb aber nicht lange in Fröschweiler. Schon nach zwei Tagen wurde sie durch eine Schwadron berittener Jäger ( Chasseurs à Cheval) abgelöst, deren Regiment Nr. 11 in Niederbronn kampierte und von dem General Baron v. Bernis befehligt war. Sie hatten dieselbe Aufgabe wie ihre Vorgänger, die grande garde wurde aber diesmal nicht an die Wörther Hohl verlegt, sondern ganz nahe ans Dorf, droben ans Ende der Schindergasse, in einen dicht mit Obstbäumen bepflanzten Grasgarten, von wo aus eine weite Aussicht, sowohl nach Norden und Nordosten in die Vogesen, als auch nach Osten und Süden über das Sauertal gegeben war. Es waren dieselben muntern, liebenswürdigen Jungen, dieselbe hübsche Uniform in dunkelgrüner Farbe, mit roten Hosenstreifen, schwarzen Brustschnüren und die persische Pelzmütze in der Stirne; dieselben leichten, lustigen Pferde und auch dieselben Waffen, nur trugen sie, nebst dem gewöhnlichen Kavalleriesäbel, kurze Stutzerflinten. Auch wurden sie wie ihre Vorgänger von groß und klein freundlich bewillkommnet und reichlich bewirtet. Alles wetteiferte in geschäftigem Zutragen von Brot, Fleisch, Butter, Wein usw.; sogar der Nimmersatte Christelsepp brachte es über sich, einen Laib Brot aus dem Schranke und einen Firnenkäs vom Herzen zu geben.
Der alte dicke Küfer, welchem der Obstgarten gehört, hatte sich ebenfalls herzugemacht und beschaute sich, still vergnügt, das Schurzfell überm Bauche und den Ziehriemen in der Hand, das neue fröhliche Treiben. Und der Fettigjöckele, der auch einmal Kommißbrot gegessen, was wußte der nicht alles zu erzählen aus seinen Soldatenjahren, wie er in Montpellier so guten wohlfeilen Wein getrunken und der Eiser Tibold, wie er den Marschall Bazaine als Leutnant gekannt und den Mac Mahon als Oberst seines Regimentes gehabt habe; und der Majerhenner, wie es jetzt schwere Zeiten wären und es auch wieder kommen könnte wie Anno 1814, wo die Preußen, Bayern, Russen und Österreicher unser armes Land jahrelang drangsalierten; aber die Soldaten sollten nur mit fröhlichem Gottvertrauen ins Feld ziehen; der Franzos könne es doch unmöglich verspielen. So ging es fort bis in die Nacht hinein; noch viele andere kamen, und es war zu verwundern, was sie alles brachten und wußten, und wie guten Mutes sie waren.
Die Jägerschwadron war von einem wackern Offizier, dem jungen liebenswürdigen H. v. Lapierre, kommandiert. Man sah es dem Manne an, daß er sich der schweren Aufgabe seines Berufes bewußt und von dem Wunsche beseelt war, denselben mit Drangabe seines Lebens ritterlich zu erfüllen. Ich lud ihn ein, unser einfaches Abendbrot mit uns zu teilen, und er nahm das Anerbieten freundlich dankend an. Es gab sich die Rede von allem und jedem; von der ungeheuren Tragweite der ersten Schlachten; von dem verhängnisvollen Laufe und Ausgang dieses Krieges. Er hatte die Überzeugung, der Aufbruch nach Deutschland würde in den ersten Tagen geschehen, und Frankreich würde, dank namentlich seiner vortrefflichen Waffen, den Sieg davontragen. In allen seinen Worten aber und Hoffnungen lag eine edle Würde, die uns allen den wohltuendsten Eindruck machte! – Ich wollte ihn nötigen, die Nacht im Pfarrhause zuzubringen; er willigte aber nicht ein, und ich begleitete ihn zurück ins Lager. Unterwegs sagte er: »Ist kein Mann in Ihrer Gemeinde, der die Umgegend genau kennt, und der den Mut hätte, diese Nacht in Zivilkleidern eine ganz anonyme Rekognoszierung ins Unterland zu machen? Ich möchte so gerne wissen, wie es über Wörth draußen bei Sulz, Hatten usw. aussieht.« Ich wandte mich an die jungen Männer, die bei anbrechender Nacht noch zahlreich im Biwak standen, mit der Bitte, es möchte doch der eine oder der andere diesen nächtlichen Gang antreten. Der Wüstnertoni erklärte sich alsbald bereit; es wurde ihm ein versiegeltes Schreiben an den nächsten Bürgermeister übergeben, welches dieser öffnen, mit etwaigen Nachrichten versehen und wieder versiegelt an den folgenden Bürgermeister absenden sollte. So patrouillierte dieser Nachtbote über Wörth, Preuschdorf, Sulz, Betschdorf, Rittershofen, Hatten usw., kam unangefochten den andern Mittag wieder zurück, und in der Depesche stand von allen Bürgermeistern die Meldung unterzeichnet: »Nichts vorgefallen.«
Es war 8 Uhr geworden; noch wären unsere Bauersleute und besonders unsere Jugend stundenlang in Küfers Grasgarten bei den Soldaten geblieben; Herr v. Lapierre aber bedeutete ihnen gütig, sie hätten sich nach Hause zu begeben; er ließ im Lager alles Feuer auslöschen; die Mannschaften legten sich zur Ruhe auf ihre Mäntel; spähend stand eine Schildwache unter dem großen Birnbaum, und die stille schwarze Nacht lagerte über dem Höhenrücken.