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Cornelius van der Tyt,
vornehmen Bürgers und Gastwirths im Wallfisch
zu Hamburg,
wie er
solche seinen Gästen selbst erzählet.
Aus seiner Holländischen Mundart, in hochdeutsche
Reime getreulich übersetzt
1. | |
Mein Herr! in sechzig Jahren Hab ich sehr viel erfahren! Was Wunder mir geschehen, Ist mir nicht anzusehen. Ich Pater, Schout by Nacht und Wirth, Bin dreyßig Jahr herum geirrt. |
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2. | |
Zu Wasser und zu Lande Hab ich in manchem Stande Viel Unglück dulden müssen. Ich weis nicht, ob sie wissen, Daß ich und meine Perserinn Im Wallfischbauch gewesen bin? |
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3. | |
Nach sechzehn Kriegeszügen, Und, nach nicht mindern Siegen, Mußt ich, trotz meiner Thaten, In Sklaverey gerathen. Ach! aber da verliebte sich Die schönste Perserinn in mich! |
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4. | |
Kaum kenn ich sie zwölf Tage, Da küß ich sie, und frage: Du Stern der Perserinnen! Willst du mit mir entrinnen? So steif ich ihr ins Auge sah, So munter war die Antwort: Ja! |
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5. | |
Drauf nahm sie mir die Ketten, Und sprach: Wenn uns zu retten, Doch auf dem wilden Meere Nur eine Gondel wäre! Und, als ich nach dem Ufer sah, Da war, huy! eine Gondel da. |
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6. | |
Ich zeigte zwölf Zechinen Dem Schiffer, uns zu dienen; Er bat uns, einzusteigen, Und sprach, nach öfterm Neigen: Geh, Gondel geh, an deinen Ort! Die Gondel gieng, wir schwammen fort! |
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7. | |
Und sahn, bey hellem Himmel, Das fröliche Getümmel Der scherzenden Delphinen, Und Meerpferd' unter ihnen, Und kamen, eh wirs uns versahn, In einem Hafen glücklich an. |
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8. | |
Hier durften wir der süßen Versäumten Ruh genießen! Erkänntniß zu vermeiden, Rieth ich, uns umzukleiden; Schnell gieng mein Kleid auf ihren Leib, Sie war ein Mann, und ich ein Weib! |
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9. | |
In diesem Weiberstande Sah ich, nicht weit vom Strande, Bald einen Perser stehen, Und immer nach mir sehen. Da nahm mich Furcht und Schrecken ein: Du kannst, dacht ich, verrathen seyn. |
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10. | |
Ein Mann, der freundlich lachte, Kam, als ich dieses dachte, Und nach dem Perser sahe, Uns seitwärts rudernd nahe, Der sprach, mit freyer Redlichkeit, Wie einer, den ein Gast erfreut. |
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11. | |
Sie werden sehr gebeten, Zu mir an Bord zu treten: Wir woll'n ein wenig speisen, Und dann gleich weiter reisen. Ich bin, sprach er, an dessen statt, Der sie hieher geschiffet hat. |
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12. | |
Schnell flohen unsre Blicke Bald vorwärts, bald zurücke! Es war, ach welch ein Schrecken! Der Mann nicht zu entdecken. Mein Herr, wir sagten nicht ein Wort Und zitternd traten wir an Bord. |
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13. | |
Als wir beym Tische saßen Uns umsahn, wenig aßen, Da sprach der Wirth: Sie essen! Ihr Schiffer sey vergessen! Verbannen sie nur Furcht und Gram, Ich bringe sie nach Amsterdam. |
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14. | |
Vor Furcht, und auch vor Freude, Verstummeten wir Beyde, Und keiner wollte wagen, Den Wirth etwas zu fragen. Mein Herr! es kann nicht anders seyn; Er muß ein Geist gewesen seyn. |
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15. | |
Nach eingenommner Speise, Beym Antritt unsrer Reise, Bat ich den Gott der Winde: Ach wehe doch gelinde! Sey mir und meinem Mägdchen gut, Und mache, daß der Sturmwind ruht! |
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16. | |
Drauf schwamm das Schiff vom Lande, Gemach wich es dem Strande, Der Tag war schön und helle, Es schwiegen Sturm und Welle: Doch eh sichs Mann und Schiff versah, War Blitz, und Sturm und Welle da. |
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17. | |
Pechschwarze Wolken krachten, Und heiße Blitze machten Um Mann und Schiff und Welle Das dicke Dunkel helle, Als sollten wir, bey Angst und Flehn, Den nahen Tod noch besser sehn! |
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18. | |
Wir fuhren auf der Welle Zum Himmel und zur Hölle. Bald ward das Schiff vom Toben Der Fluthen aufgehoben, Bald blöckete des Meeres Schlund, Dann stürzt es wieder auf den Grund. |
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19. | |
Ach, rief ich laut voll Schrecken, Nun wird uns Wasser decken! Ach Kind! daß ich im Grabe Dich noch im Arme habe! Wünsch ich mir einen Wallfischbauch! Mein Mägdchen sprach: Den wünsch ich auch! |
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20. | |
Schnell kam in Wasserwogen Ein Wallfisch angeflogen! Und watet' in der Tiefe Recht unter unserm Schiffe, Das, als er's dreymal umgewandt, Auf seinem Rücken stille stand. |
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21. | |
Ach, sprach ich ganz verstöret, Der Wallfisch hat gehöret, Was wir gewünschet haben Nun wird er uns begraben. Verschling uns Wallfisch! sprach mein Schatz, Ist auch in dir für zweene Platz? |
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22. | |
Mein Herz fieng an zu pochen; Denn, kaum war es gesprochen, So schien, bey Wellenschlägen, Der Wallfisch sich zu regen, Und plötzlich stürzt er Schiff und Last, Und in dem Meere stach der Mast. |
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23. | |
Ich, und das Mägdchen schwammen Nicht weit davon, beysammen! Da kam auf uns, mit Flossen, Der Wallfisch loß geschossen. Ach! fieng das Mägdchen an zu schreyn: Auf einmal schlang er uns hinein. |
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24. | |
Weil wir nun in dem Magen Nicht allzu sanfte lagen, So mußt ich oft mich regen, Und mich zu rechte legen, Und das geliebte Mägdchen auch, Auf ihrem Bett, im Wallfischbauch. |
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25. | |
Dies Regen und dies Lärmen, Mag Magen und Gedärmen, Worinn er uns begraben, Nicht angestanden haben, Drum drang er uns, o großes Glück! Bald wieder durch den Schlund zurück! |
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26. | |
Ich hielt, dies war das Beste, Mein liebes Mägdchen veste, Drum wards mit mir verschlungen, Und auch heraus gedrungen, Ich hielt es noch vest an der Hand, Und lag bey Amsterdam im Sand. |