Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Ueber das Daseyn Gottes

1772

                        Es ist ein GOtt! und seine Blitze theilen
Die Wolken! Aristoteles
Und Moses sagts! Sturmwinde heulen,
Westwinde säuseln es!

Daß einer ist, ist eine Völkerlehre!
Wir waren Thon in seiner Hand!
Es ist ein GOtt! wenn keiner wäre,
So wäre keine Linse Sand,
Kein König hätte Heldenehre,
Kein Bauer eine Furche Land!

Der Staub, der seines Seyns im Aether nicht genießet,
Soll Seele seyn!
Will er es, so geschichts!
Will der Allmächtige, so fließet
Der Ocean in Nichts!

In Nichts, aus dem heraus zum Seyn er ihn geladen!
Er spricht, und tausend Sonnen glühn,
Und tausend Geister denken! Myriaden
Bewohnter Erden, singet ihn!

Und ist ein Mensch, ein dummer, dessen Stimme
Nicht mit erschallt, ein Hottentott,
Ein Cannibal, so singet, nicht im Grimme
Des Zornes, ihm: Es ist ein GOtt!

Es ist ein GOtt! singt ihm in sanften Tönen,
Ein GOtt ist! singet ihm; er sieht
Ihn endlich doch im Guten und im Schönen,
Und in dem Sohn, den er erzieht!

Und wird der dumme Hottentott
Dann endlich auch: Ein GOtt ist! sagen,
Und, klug zu werden, Vieles fragen
Und fragen: Was ist GOtt?
Dann, glaub' ich, wird ein Weiser sagen:

»GOtt ist der Schöpfer aller Dinge,
Der Sonne dort, des Grases hier,
Zwar unbegreiflich mir und dir,
Werth aber, daß ihn Jedes singe!
«

 


 


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