Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Ein Mädchen

1767

        Ich weiß ein Mädchen, schöner ist
Kein Mädchen auf der Welt.
Du, der du nie bezaubert bist,
Du, Weiser, oder Held!

Du soltest nur mit einem Blick,
Mit einem nur, es sehn!
Demüthig würdest du zurück,
Zu Muth und Weisheit gehn!

Hinneingezogen in ihr Netz
Der Schönheit lägst du da!
Ihr Reich, ihr Scepter, ihr Gesetz
Erkennend lägst du da!

Welch eine Stimme! wie so süß!
Ernst sey es, oder Scherz,
Sie säng' und spräch' ein Paradies,
Selbst Gellerten ins Herz!

Ihr Auge? Solche Heiterkeit
In weiblichem Gesicht
Fand' ich auf Erden weit und breit
Fand' ich im Himmel nicht!

Ihr Lächeln macht das Dunckle hell!
Ein Engel würde froh,
Könt er es sehn! Kein Raphael,
Kein Oeser mahlt es so!

Ihr Busen? Tugend stirbt davon!
So wunderschön ist er!
Nicht Zevs und nicht Anakreon
Sah einen niedlicher!

O welche Rosen! welch ein Reiz
Sie abzubrechen! Komm!
O Freund, genug für deinen Geiz,
O wärst du nicht zu fromm!

Ihr artig Grübchen in dem Kinn!
Ihr schönes Blut! ihr Schooß!
Ihr Wuchs, ihr Gang, o Zauberin!
O Göttin, laß mich los!

 


 


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