Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Lockspeise.

              Meinem Vater in der Grube
Dank' ich noch für seine Liebe,
Denn er gab durch seine Lehren
Mir die Liebe zu den Musen! –
Laßt uns alle Väter preisen,
Die mit sanften Schmeichelworten
Ihre Kinder unterrichten!
Laßt uns unsre lieben Väter
In der Lehrart übertreffen!
Stärker werd' ich meine Kinder
Reizen zu den schönsten Künsten,
Als mich einst mein Vater reizte!
»Knabe«, sprach er, »lerne schreiben,
Denn du kannst ja bei dem Fürsten
Sonst einmal dein Glück nicht machen!«
Hurtig lernt' ich Alles schreiben.
Meine Knaben aber sollen
Viel geschwinder schreiben lernen,
Denn ich will sie besser reizen:
»Liebste Knaben«, will ich sagen,
»Lernet schreiben, lernet schreiben,
Denn ihr könnt ja sonst im Alter
Keine Liebesbriefe wechseln!«

»Lerne tanzen!« sprach mein Vater,
»Denn es macht geschickte Glieder;«
Und ich lernte hurtig tanzen;
Hätt' er aber so gesprochen:
»Lieber Sohn! Man kann beim Tanzen
Manche schöne Hände drücken,
Die sich sonst nicht drücken lassen;
Auch kann man im sanften Drücken
Klugen Schönen Alles sagen,
Was wir sonst nicht sagen dürfen;
D'rum, so rath' ich, lerne tanzen!«
O, so würd' ich jetzt im Tanzen
Alle Tänzer übertreffen!
O, wie will ich meine Kinder
Zu den Wissenschaften reizen!
Welche grundgelehrte Knaben
Werden meine Lehren ziehen!

 


 


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