Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Die Probe

1744

                Schweig, Doris! schweig, ich bin schon müde
Ich höre nichts von deinem Liede;
Sei still, und singe nur nicht mehr
Dein Lied verdienet kein Gehör.
* * *
Du wekkst mich, Doris! laß mich schlafen
Mein Schlummer soll den Kaltsinn strafen
Den ich aus deinen Augen las
Als Dämon dir zur Seite saß.
* * *
Du lächelst, und du willst mich küssen
Ja, Doris! komm und laß mir wissen:
Ob Falschheit in dem Kusse stekkt,
Ob er nach Dämons Küssen schmekkt.
* * *
Er schmekkt – – – allein du mußt nicht schelten,
Laß dismal Grund und Argwohn gelten;
Dein Kuß, und nicht dein Lied beweist:
Wie treu, wie liebenswert du seist.
* * *
Nun kann ich dich mit Grunde loben;
Doch nein, ich muß noch weiter proben,
Dein Lied verdienet kein Gehör,
Dein Kuß beweist mir zehnmal mehr.

 


 


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