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»Chloe, sieh', die Wolken ziehen«,
Sprach der Schäfer Willibald,
»Liebe Chloe, laß uns fliehen
In den nahgeleg'nen Wald!«
Chloe, jung, von sechzehn Jahren,
Bebt auf ihrem Rasensitz,
Denn sie fürchtet zwei Gefahren:
Ihren Schäfer und den Blitz!
Blitze leuchten, Donner rollen,
Schwärzer wird die schwarze Nacht.
»Woll'n wir fliehen?« – Ja, wir wollen! –
Blitze leuchten, Donner kracht!
Chloe zittert, geht und stehet,
Sieht auf ihren Schäferstab;
Auf den Schritten die sie gehet,
Wechselt Lieb' und Schrecken ab.
Nah' am Walde steht sie lange
Vor dem Ungewitter still,
Liebend, vor sich selber bange,
Weiß sie selbst nicht, was sie will;
»In den Wald? Mit ihm, im Stillen? –
Soll ich?« – Endlich, nicht allein,
Macht ein Donnerschlag den Willen
Und sie geht mit ihm hinein!
Und sie sieht's nicht mehr so trübe;
Sie entgeht dem Donnerkeil,
Aber, aber nicht der Liebe!
Amor schärfte seinen Pfeil;
Auserwählt aus allem Volke,
Schoß er ihn auf sie herab!
Aus der Ungewitterwolke
Sah er seinen Vortheil ab!
Aus dem Wald' in ihre Hütte,
Wo die dunklen Linden steh'n,
Sah ich sie mit leisem Tritte
Neben ihrem Schäfer geh'n.
Chloe schlug die Augen nieder,
Hatte Thränen im Gesicht;
Heiter war der Himmel wieder,
Aber Chloe war es nicht! |