Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Die Reue.

        Doris, sieh' die falben Blätter,
Sieh', hier werden sie zu Leichen!
Willst du nicht den Herbst verachten,
Sieh', er raubt uns Laub und Schatten,
Und die Sänger auf den Zweigen
Jagt er aus den grünen Zellen
In die Schatten öder Klippen!
Werden sie uns nun noch singen?
Doris, nein, sie werden schweigen!
Haben sie nicht schon geschwiegen,
Als du gestern früh im Garten
Mich mit süßen Küssen labtet?
Ach, wir werden ihre Lieder
Küssend wünschen, und nicht hören!
Ach, wie lange wird es währen,
Daß sie froh zu deinen Küssen
Ihre Lieder wieder singen! –

Engel, jetzt empfinde Reue;
Denn am zwanzigsten des Maien,
Als dich Nachtigallen lockten,
Wolltest du mich nimmer küssen!
Wenn sie künftig wieder locken,
Willst du dann mich immer küssen?

 


 


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