Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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An den Winter.

            Alter, mit dem grauen Barte,
Mit den angefrornen Locken,
Willst du denn nicht Einmal lachen?
Sind die Lippen zugefroren?
Komm' herein, was stehst du draußen?
Komm' herein, du sollst schon thauen! –
Sieh'! wie störrisch sind die Mienen;
Bist du denn ein Feind der Freunde?
Willst du meine Lust verdammen?
Gut! so bleib' nur immer draußen,
Und mit deiner finstern Miene
Mache Felder, mache Blumen,
Mache Berg' und Thäler traurig,
Mich sollst du nicht traurig machen!
Tödte diese frischen Lilien,
Tödte diese jungen Rosen
Auf den jugendlichen Wangen,
Tödte sie Einmal zum Scherze,
Laß mir aber nur die Rosen
Auf den Wangen meiner Doris,
Dann so soll sie dich beschämen;
Dann soll sie mit einem Kusse
Meinen halbverstorb'nen Wangen
Alle Rosen wieder geben.
Dann soll sie mit ihren Lippen
Meine Lippen schöner färben!

Alter! willst du's selbst versuchen?
Komm', sie soll dich einmal küssen;
Glühend sollst du, sieh', ich wette,
Deine Pelze von dir werfen,
Sollst vor großer Hitze dursten;
Komm' ich habe hier zu trinken!

 


 


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