Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Der sterbende Vater.

            Sollte Glück, mein Sohn, dich meiden,
Dir nicht geben Geld und Gut,
Sollst du es geduldig leiden
Und behalten frohen Muth;
Deinem Gott sollst du es danken,
Seiner Gnade dich erfreun,
Und nicht weichen und nicht wanken,
Jener Freuden werth zu seyn.

Armuth ist ein Schlafgeselle,
Der's getreu und redlich meint;
Dich zu sichern vor der Hölle,
Gibt's fast keinen bessern Freund!
Ist des Sünders Auge trübe,
Sohn, er fügt, gedenk' daran,
Zwischen Gott und dir die Liebe,
Die kein Engel fügen kann!

Armuth liebte, der der Eine,
Hehrste Gottversöhner war;
Armuth liebt' er, als die reine,
Süße Mutter ihn gebar;
Armuth mußt' uns Heil gewinnen,
Armuth litt er Tag und Nacht;
Armuth nahm er mit von hinnen
In den Reichthum seiner Macht!

Lieber Sohn, ich will dich lehren,
Welchen Schaden Geld und Gut,
Wenn wir's haben und vermehren,
Insgemein den Menschen thut;
Es gebiert ihm das Vergessen
Unsers Gottes Jahr für Jahr;
Weiber, Wein und vieles Essen
Bringen Seelen in Gefahr!

Geld und Gut gibt manchen Sparren,
Alle Gauchen haben's gern!
Geld und Gut macht manchen Narren
Ueber uns zum strengen Herrn.
Geld und Gut ist Gift: Es körnet
Manchen Mann zur Missethat,
Daß er sich von Gott entfernet
Und der tiefen Hölle naht!

Arm wirst du in Demuth wandeln
Stark an deinem Wanderstab,
Und nach Gottes Willen handeln,
Von der Wiege bis in's Grab.
Ja, das wirst du! – Dies Vertrauen
Dank' ich Gott, mein liebes Kind,
Dann noch, wenn in jenen Auen
Wieder wir beisammen sind!

 


 


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