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Der Kaiser und der Bettler stirbt,
Und hat den jüngsten Tag.
Wer wol von ihnen, wenn er stirbt,
Am liebsten sterben mag?
Der, dessen gottergeb'nes Herz
Am Irdischen nicht hing,
Pflicht übte, sehend himmelwärts
Den Weg des Lebens ging!
Der Kaiser, der der Menschen Blut
Nicht achtet, Menschennoth
Nicht mindert, groß nur ist, nicht gut,
Der fürchtet seinen Tod!
Der Arme, der Gedanken hegt,
Und, Thaten zu bereu'n,
Sich einsam an die Wand nicht legt,
Der schlummert lächelnd ein!
Du, Leser, wenn du sterben lernst,
Sey, rath' ich, seelenstill!
Geh hin, und lern's vom alten Ernst,
Der selig sterben will. –
Er übte treulich seine Kraft,
That ehrlich seine Pflicht,
Nahm Beil und Säge tugendhaft,
Kam von der Arbeit nicht;
Sah seinen Nachbar neben sich
In Stolz und Eitelkeit,
Sah täglich goldbeschlagen mich,
Und fühlte keinen Neid!
Sah Gold und Silber hingelegt
Vor seine Hand zum Reitz,
Der Arme zu verführen pflegt,
Und fühlte keinen Geitz!
Er gab von seiner Armuth ab,
Gab einen Bissen Brot
Dem Aermern, dachte, wenn er gab,
Fast nicht an eigne Noth!
Sein Herz, von Sündenschlamm und Koth,
Wie seine Straße, rein,
Empfahl er seine Seele Gott,
Und lächelnd schlief er ein!
Er brachte seiner Jahre Zahl
Auf achtzig; lasst ihn ruhn:
»Man lebt ja,« sprach er! »nur einmahl,
Und mag nicht Gutes thun!«
Wer sich mit ihm vergleichen kann,
Der ist kein schlechter Gauch;
Ernst Möring war ein armer Mann,
Ein weiser aber auch!
War Horcher, hört' ein gut Gedicht
Mit Geistesohren an;
Ein list'ger Schleicher war er nicht,
Er war ein offner Mann:
Sprach alles, was er dachte, nahm
Kein Mohnblatt vor den Mund;
Kein Wunder, daß er weit nicht kam
Auf diesem Erdenrund!
Dank's, lieber Leser! dank' es mir,
Wenn du von ihm was lernst!
Ich mach' ihm diese Grabschrift: »Hier
Schläft unser guter Ernst!« |