Johann Wilhelm Ludwig Gleim
Gedichte
Johann Wilhelm Ludwig Gleim

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Einladung, an meinen lieben Fischer

den 1. Mai 1780

        Hinaus, o Freund, auf Spiegelslust
    Zu sehn den schönen Mai!
Herr Boreas hat fort gemußt
    Mit seiner Brauserei!
Westwinde, klein und lieblich, wehn;
Hinaus, den schönen Mai zu sehn!

Wer ihn nicht sehn wil, der ist dumm!
    Und wer nicht kan, – o weh!
Auf Spiegelslust sehn wir uns um,
    Stehn auf der Heinrichshöh! –
Sehn aus, nach seinem Zuge! – Wer
Ihn sieht, der ruft: da kömmt er her!

Beschrieben haben seinen Zug
    Die großen Dichter schön!
Beschreiben ihn, ist gut genug;
    Viel besser ist, ihn sehn!
Ihn sehn, erweitert dir die Brust;
Hinaus, o Freund, auf Spiegelslust!

Im Stillen und im Todten regt
    Sich Leben überall!
Im kleinen Tannenwalde schlägt
    Die erste Nachtigall!
Die Lerche singt in freier Luft,
Die Biene summt, der Kukuk ruft!

Welch ein allmächtiges Gewühl
    Im Reiche der Natur!
O welche Kräfte, welch Gefühl
    Im Busch und auf der Flur!
Geist Gottes hauch' in deine Brust!
Hinaus, o Freund, auf Spiegelslust!

 


 


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