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20. Der scythische Philosoph

Ein strenger Philosoph, in Scythien geboren,
Der mildre Lebensart auf einmal sich erkoren,
Reiste nach Griechenland, wo er 'nen Weisen sah,
Vergils berühmtem Greis ähnlich, die Torheit meidend,
Den Kön'gen gleichgestellt, den Göttern ziemlich nah'
Und, wie die letztern still, nichts in der Welt beneidend,
Der sein Glück in der Pracht 'nes schönen Gartens fand.
Der Scythe sah ihn dort, das Messer in der Hand,
An seinen Obstbäumen unnützen Trieb beschneidend,
Sie stutzend, und wie er der üppigen Natur
Bald Einhalt tat und bald sie schonte,
Die seine Müh' ihm reich mit Wucherzinsen lohnte.
Der Scythe fragt: »Wozu doch nur
All' die Zerstörung? Darf der Weise ohne Gnaden
Der armen Kreatur antun so bittres Leid?
Gib mir dein Messer her, das Werkzeug tut nur Schaden;
Laß das dem Sensenschnitt der Zeit:
Die wandern bald genug zu Acherons Gestaden!«
»»Das Schlechte schneid' ich fort«« spricht jener »»dann gedeiht
Der Rest zu größrer Fruchtbarkeit.««
Der Scythe, heimgekehrt nach seinem Land, dem kalten,
Greift nun zum Messer, stutzt, was nur das Zeug will halten,
Rät seinen Freunden und Nachbarn und ordnet dann
Ein allgemeines Schneiden an.
Die schönsten Zweige haut er ab in seinem Garten,
Verstümmelt jeden Baum ohn' allen Sinn und Grund,
Ohne der Jahreszeiten und
Der Monde Wechsel abzuwarten.
Nicht lang', starb alles ab.

Der Scythe gleicht genau
Dem Stoiker, der, hart und rauh,
In unsrer Seele sucht zu dämpfen
Sehnsucht und Leidenschaft, ganz gleich, ob gut, ob schlecht;
Der kleinste Wunsch ist ihm nicht recht.
Stets werd' ich dieses Volk, soviel ich kann, bekämpfen;
Dem Herzen wird durch sie die beste Kraft zerstört,
Und eh' man stirbt, hat man zu leben aufgehört.


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