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15. Der Wolf, die Ziege und das Zicklein

Als einst die Ziege ging, zu füllen ihre Euter
Und zu weiden frische Kräuter
Riegelte die Tür sie zu.
Und zum Zicklein sprach sie: »Du,
Oeffne nur, bei deinem Leben,
Dem, der dir zum Zeigen eben
Und als Losungswort ruft zu:
Pfui dem Wolf und seinesgleichen!«
Doch kaum sprach sie dieses Wort,
Als es im Vorüberschleichen
Aufgeschnappt der Wolf sofort.
Der sich's merkt. Was höchst gefährlich
War: die Geiß hat, wie erklärlich,
Nicht gesehn den Isegrimm.
Kaum ist die Ziege fort, als mit verstellter Stimm'
Heuchlerisch im Ton der Alten
Einlaß begehrend, er ausruft; »Dem Wolfe Pfui!«
Schon meint er drin zu sein im Hui.
Allein voll Argwohn guckt das Zicklein durch die Spalten:
»Die weiße Pfote zeig', sonst mach' ich nimmer auf!«
So ruft's. Bei Wölfen soll, die Leute schwören drauf,
'ne weiße Pfote nur als Seltenheit vorkommen.
Kaum hat, höchst überrascht, er dieses Wort vernommen,
Als schnell zum Wald zurück er seine Schritte lenkt.
Wo wär das Zicklein wohl, hätt' es Vertrau'n geschenkt
Der Losung, die der gier'ge Fresser
Erlauscht durch blinden Zufalls Spiel?

Doppelt sich vorsehn ist stets besser
Als einfach; hierin gibt es nimmer ein Zuviel.