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7. Die in ein Mädchen verwandelte Maus

Ein Mäuslein, schon vom Kauz geschnappt, fiel in den Sand.
Ich hätte sie nicht aufgenommen,
Doch ein Brahmine tat's. Glaub's wohl; hat jedes Land
Doch eigne Sitt' und eignes Frommen.
Die Maus hatte was abbekommen.
Auf solche Art von Nächstem gibt
Bei uns man wenig nur; doch der Brahmine liebt
Als Bruder ihn. Er meint, die Seele
Wandre aus eines Königs Haupt
In eine Milb' oder nach des Schicksals Befehle
Ein andres Tier; das ist ein Hauptpunkt, den er glaubt.
Dort fand Pythagoras den Urquell seiner Lehre.
So meinte der Brahmin, daß wohlgetan es wäre,
Bät' er 'nen Zauberer, zu wandeln diese Maus
In einen Leib, der sonst ihr schon gedient als Haus.
Der Zauberer macht ein entzückend
Mädchen aus ihr, jung, schön, so reizvoll sinnberückend,
Daß Priams Sohn für sie gewiß noch mehr gewagt
Als für die Griechin einst, die ihm doch sehr behagt.
Erstaunt sieht der Brahmin, was hier sich zugetragen,
Und zu der Kleinen, hold und fein,
Spricht er: »Du hast die Wahl; gern willigt jeder ein
Und preist das Glück, dein Mann zu sein.«
»»Je nun, dann sei«« hört man sie sagen
»»Der Mächtigste von allen mein!««
»O Stern des Tags« ruft der Brahmin »du wirst allein
Mein Schwiegersohn, es kann nicht fehlen!«
»»Nein«« spricht die Sonn' »»der Nebel dort
Ist stärker wohl als ich: er hüllt mich ein sofort;
Ich möcht' euch raten, ihn zu wählen.««
»Gut! So bist du« sagt der Brahmine »für mein Kind
Geschaffen?« »»Nein, o nein! Denn mich vermag der Wind,
Wie's ihm beliebt, von Ort zu Ort einherzujagen;
Nicht darf des Sturms Gewalt ich je zu trotzen wagen.««
Empört ruft der Brahmin jetzt zu
Dem Wind: »Nun also, Wind, sei du
Für unsre Schöne auserkoren!«
Er eilt herbei; ein Berg hemmt seinen Lauf im Nu.
Auch dem wirft man den Ball; in Ruh'
Wirft er ihn fort und spricht: »Feindschaft hätt' mir geschworen
Der Ratz! Und den beleid'ge ich
Nicht gern; es wär' auch dumm, denn leicht durchwühlt er mich.«
Beim Namen »Ratz« spitzt ihre Ohren
Die Schön'; er ward ihr Mann sogleich.
Ein Ratz? – Ein Ratz; 's ist so ein Streich,
Wie Amors Laune sie geboren.
Doch sag' nur leis' ich dies zu euch.

Dahin strebt alles, wo es seinen Ursprung hatte.
Die Fabel lehrt's; doch, ganz genau besehn bei Licht,
Ein kleiner Trugschluß ist dabei, ich leugn' es nicht.
Denn, nimmt man's so, frag' ich: ist nicht ein jeder Gatte
Der Sonne vorzuziehn? Nehmt einen Riesen: heißt
Er schwächer als ein Floh, wiewohl ihn dieser beißt?
Der Ratz mußt' ebenfalls die Schöne überweisen
Dem Kater, dieser dann dem Hund,
Der Hund dem Wolf. Zuletzt auf Grund
Von sogenannten Trugbeweisen
Zeigt ein Sophist den Stern des Tags uns wieder dann
Als unsrer Schönheit hoch beglückten Ehemann.
Die Seelenwandrung! – Was der Zaubrer des Brahminen
Getan, ist weit entfernt, als ein Beweis zu dienen
Für sie; es zeigt vielmehr grad' ihre Falschheit an.
Leicht wies' ich nach, daß der Brahmin im Irrtum wäre;
Denn klar ist, daß nach seiner Lehre
Der Mensch, die Maus, der Wurm, jedes lebend'ge Ding
Aus eines einz'gen Quells Urgrund die Seel' empfing:
Die Seelen all' aus einem Breie;
Nur der Organe Unterschied
Wirkt, daß man diesen kriechen sieht,
Und jener sich erhebt ins Freie.
Woher denn käm' es, daß der Leib, so schön gemacht,
Seine Inwohnerin nicht triebe,
Daß sie die Sonne freit? Ein Ratz hat ihre Liebe!

Alles in allem wohl bedacht:
Der Mäuse Seelen und der schönen Mädchen Seelen
Sind sehr verschieden. Den Befehlen
Des Schicksals folgt man stets, wie auch sein Würfel fiel,
Das heißt: wie's das Gesetz des Himmels vorgeschrieben.
Ob Teufelsspuk, ob Zauber du getrieben,
Du machst kein Wesen doch abwendig seinem Ziel.


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