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21. Die junge Witwe

Des Gatten Tod entlockt Seufzer der zarten Brust:
Laut weint man; doch der Trost kommt nach nicht langer Dauer,
Auf dem Fittich der Zeit entflieht die bange Trauer,
Und neue Zeit bringt neue Lust.
Die Witwe eines Tags, verglichen
Mit jener, der ein Jahr verstrichen –
Welch großer Unterschied! Ja, nimmer glaubte man
Dasselbe Weib vor sich zu sehen:
Die eine flieht die Welt, die andre zieht sie an;
Erheuchelt oder wahr, läßt jen' im Gram sich gehen,
Derselbe Ausdruck stets im Wort und im Gesicht.
Man sagt, daß man untröstlich wäre;
Man sagt's, allein man ist es nicht.
Die Fabel gibt uns diese Lehre,
Die Wahrheit tut's ihr noch zuvor.

Ein junges schönes Weib verlor
Den Gatten durch den Tod. Sie stand an seiner Seite
Und rief: »Erwarte mich! Dir folg' ich als Geleite,
Und meine Seele schwingt, der deinen gleich, sich auf!«
Der Schönen Vater war ein Mann gar klug und weise;
Erst ließ dem Strom er seinen Lauf,
Dann richtet er sie tröstend auf:
»Mein Kind, du hast zu viel der Tränen schon vergossen;
Was hilft's dem Sel'gen, wenn im Gram dein Reiz zerflossen?
Da's Lebende noch gibt, so laß die Toten ruhn.
Nicht sag' ich, daß du gleich zur Stunde
In einem bessern Ehebunde
Der Trauer solltest Einhalt tun;
Allein wenn ein'ge Zeit noch um, wirst du gestatten,
Daß einer dir vorschlägt 'nen jüngern schönern Gatten,
Als deiner war.« »»Ach!«« rief sie schnell und laut
»»Ich werde nur des Himmels Braut!««
Der Vater ließ ihr nach ihr schmerzliches Verlangen.
So war ein Monat bald vergangen;
Im nächsten Monat schon nahm man alltäglich wahr
Manche Veränderung an Haartracht, Kleid und Kragen,
Die Trauer ward als Putz getragen,
Da andrer Putz versagt noch war.
Endlich kehrt Amors ganze Schar
Zurück: Scherz, Spiel und Tanz, und lustig ward begonnen,
Was eben an die Reihe kam;
Des Abends und des Morgens nahm
Ein Bad man in dem Jugendbronnen.
Der teure Sel'ge macht dem Vater nicht mehr Qual;
Doch da er nichts erwähnt, fragt sie nach wen'gen Wochen:
»Papa, wo bleibt denn der Gemahl,
Der junge, den du mir versprochen?«

 

*

 

Nachwort zu den sechs ersten Büchern

Machen wir Halt nun hier! Wir fühlen
Von dicken Büchern uns erdrückt;
Anstatt die Wurzel aufzuwühlen,
Genügt's, daß man die Blüte pflückt.
Zeit wird es, daß zu neuem Werke
Ich Atem schöpf' und neue Stärke;
Dazu bedarf ich ein'ger Ruh'.
Amor, der Tyrann meines Lebens,
Führt jetzt mir andre Arbeit zu;
Ihm nicht gehorchen, wär' vergebens.
Zurück zu Psyche denn! Damon, mich mahnest du,
Ihr Unheil und ihr Glück zu schildern; daß ich's tu',
Versprech' ich. Würde für die Hehre
Mein Dichterfeuer doch entfacht!
Beglückt, wenn dieses Werk der Qualen letzte wäre,
Die ihr Gemahl mir zugedacht!


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