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18. Ein Tier im Monde

Wenn wir von einem Weisen hören,
Daß ihrer Sinne Trug die Menschen stets belog,
Wird gleich ein andrer Weiser schwören,
Daß nimmermehr ein Sinn uns trog.
Sie haben beide recht: mit vollem Grund bezichtigt
Täuschenden Truges die Philosophie den Sinn,
Soweit der Mensch urteilt auf dessen Zeugnis hin;
Allein wird wiederum berichtigt
Des Gegenstandes Bild nach der Entfernung und
Den Medien, die darum sich fügen,
Und nach des Instruments Befund,
So werden nie die Sinn' uns trügen.
Weise schuf die Natur alles nach Folg' und Grund –
Ich tu' ein andermal euch dies ausführlich kund.
Die Sonne seh' ich. Wie erscheint sie mir? Als stellten
Ihr ganzes Maß mir dar drei Fuß im Umfang nur;
Doch könnt' dort oben ich wandeln auf ihrer Spur,
Wie würd' mein Auge schaun das große Aug' der Welten?
Ihre Entfernung zeigt mir ihre Größe, und
Durch Winkelmessung kann genau ich sie darlegen.
Das Volk meint, sie sei flach, ich weiß sie kugelrund;
Ich laß sie stillstehn und die Erde sich bewegen;
Kurz, was mein Auge schaut, weiß ich zu widerlegen,
Und dieses Sinnes Trug täuscht mich in keinem Fall.
Mein Geist, er findet überall
Die Wahrheit, unterm Schein verborgen, durch Erkenntnis;
Gar nicht bin ich im Einverständnis
Mit meinem Auge, das zu schnell oft vorwärts dringt,
Noch mit dem Ohr, das mir den Schall nur langsam bringt.
Krümmt Wasser einen Stab, Vernunft muß grad' ihn richten;
Vernunft muß herrschend alles schlichten.
Dank ihrer Macht und Herrschaft, trügt
Mein Auge nimmer mich, obwohl es immer lügt.
Schenkt' ich ihm Glauben, nun, da müßt', wie viele meinen,
Mitten im Monde mir ein Weiberkopf erscheinen.
Kann einer drin sein? Nein. Was ist des Pudels Kern?
Nur ein paar Linien sind's die wirken so von fern.
Des Mondes Fläche kann ein glattes Bild nicht geben:
Gebirgig ist sie hier, dort ist sie wieder eben;
Und, zeigt sie uns oft durch Schatten und durch Licht
Ein Tier, ein menschliches Gesicht.
Mußt' England doch noch jüngst was Ähnliches erleben!
Durchs Fernrohr sah man nach dem Monde, da erschien
Ein neues Tier, und alle schrien,
Es hab' ein Wunder sich begeben,
Ein Wechsel sei geschehn dort oben neuster Zeit,
Der zweifellos ein groß Ereigniß prophezeit.
Wer weiß, ob nicht daher der Krieg der Völkerschaften
Entstammt? Der König kam herbei – gar hoch geneigt
Ist er als weiser Fürst den höhern Wissenschaften –
Das Ungetüm im Mond hat sich auch ihm gezeigt.
Ein Mäuschen war's, das in dem Glase sich verborgen,
Im Fernrohr selber war der Quell der Kriegessorgen.
Man lachte. Glücklich Volk! Wann endlich kommt der Tag,
Da Frankreich solchem Tun wie du sich widmen mag?
Mars überschüttet uns mit reichen Ruhmesgaben:
Nur unsre Feinde scheun den Kampf, wir suchen ihn,
Gewiß, Viktoria wird, die Göttin, hoch erhaben,
Ludwigs Geliebte, stets mit ihm zu Felde ziehn.
Sein Lorbeer – Klio selbst hat ihn in Erz gegraben.
Auch Mnemosyne's Töchter haben
Uns nicht verlassen, hell strahlt uns der Freude Licht;
Der Fried' ist unser Wunsch, doch unser Sehnen nicht.
Karl freut sich sein; doch würd' er wohl, gält' es zu streiten,
Beweisen seine Macht und England sicher leiten
Zu jenen Spielen, die in Ruh' es heut genießt.
Indes, geläng' es ihm, den Frieden zu erstreben,
Welch edler Weihrauch! Ob ein beßrer wohl ihm sprießt?
Sollt' etwa minder schön eines Augustus Leben
Als Cäsars Kriegesruhm und Heldenlorbeer sein?
O glücklich Volk! Wann wird der Friede uns gegeben,
Daß wieder wir, wie du, uns ganz den Künsten weihn?


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