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19. Der Vorzug der Wissenschaft

Zwei Bürger einer Stadtgemeine
Gerieten einst in ernsten Streit;
Arm aber hochgelehrt der eine,
Der andre reich, doch nicht gescheit.
Dieser, der seinem Gegner weit
Sich überlegen zeigen wollte,
Verlangt, jeder Gelehrte sollte
Ihm Ehr' erweisen, das sei Pflicht!
Ganz töricht war's; ich schätz' doch solche Güter nicht,
Die einer unverdient besessen!
Der Grund scheint mir nicht angemessen.
»Freund« sagt' er dem gelehrten Mann
Dann und wann
»Ihr meint, daß Achtung Euch gebühret;
Sagt, ob 'nen guten Tisch Ihr führet!
Was hilft es, wenn man nichts als immer lesen kann?
Ihr wohnt im dritten Stock, womöglich noch dahinter;
Im Juni kleidet Ihr Euch wie im strengsten Winter,
Nur euer Schatten folgt als Diener Euch hintan.
Der Staat fragt viel nach solchen Leuten,
Die nichts ausgeben! Wie ich mein',
Hat nur der Mann was zu bedeuten,
Der viel verbraucht und weiß freigebig stets zu sein.
Wir tun's, weiß Gott! Von uns und unsern Lüsten leben
Künstler und Kaufmann, der das Kleid weiß anzugeben,
Und die es trägt; auch Ihr, die schlechte Bücher Ihr
Widmet den Großen und den Reichen
Und nehmt ihr gutes Geld dafür!«
Die Unverschämtheit sondergleichen,
Bald ward sie nach Verdienst belohnt.
Der Mann der Wissenschaft schwieg auf des Toren Rede;
Doch mehr als Spott rächt' ihn die bald entbrannte Fehde:
Mars äschert ein den Ort, den diese zwei bewohnt;
Beide mußten die Stadt verlassen.
Der freche Tor blieb auf den Gassen,
Verachtet stets und ungeehrt;
Der andre fand, wohin er kam, nur Gunst und Frieden.
So wurde dann ihr Streit entschieden.

Sagt, Toren, was ihr wollt: das Wissen ist was wert.


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