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3. Die Fliege und die Ameise

Mit der Ameise stritt die Flieg' um ihren Wert.
»O Jupiter!« rief sie »Ist's möglich?
Kann Eigenliebe denn den Geist so unerhört
Verblenden, daß ein elend kläglich
Reptil sich also überschätzt,
Daß es sich neben mich, der Lüfte Tochter, setzt!
Ich bin im Schloß zu Haus, ich sitz' an deinem Tische,
Und noch vor dir kost' ich von deinem Opferstier;
Das arme Ding – drei Tag' im dunkelsten Gebüsche
Lebt's von 'nem Halm, den es geschleppt in sein Revier!
Nun, liebes Schätzchen, sage mir,
War eines Königs Haupt wohl jemals dein Quartier,
'nes Kaisers oder einer Schönen?
Ich küsse, wenn ich will, den schönsten Hals, fürwahr,
Treib' mich umher im weichsten Haar,
Und weiße Wangen heb' ich zu noch weißern Tönen.
Vollendet ihren Putz ein schönes Weib, besorgt,
Eroberung damit zu machen,
So ist's ein Schmuck, den sie uns Fliegen abgeborgt.
Nun red' mir noch von Wirtschaftssachen
Den Kopf voll!« »Hab' ich jetzt das Wort?«
Erwidert drauf die Sparsam-Weise
»Im Schloß bist du zu haus, doch man verwünscht dich dort
Und nimmst zuerst du von der Speise,
Welche den Göttern man verehrt:
Meinst wirklich du, das sei was wert?
Überall kommst du hin; das tut nur, wer unedel.
Auf eines Königs wie auf eines Esels Schädel
Pflanzet ihr gern euch auf, gewiß, ich leugn' es nicht;
Doch weiß ich, daß ein schnell Gericht
Für die Zudringlichkeit euch oft den Tod läßt leiden.
Auch ein gewisser Schmuck, sagst du, soll niedlich kleiden.
Ich geb' es zu, er ist schwarz, ganz wie ich und du,
Auch deinen Namen mag er führen; doch wozu
Sich gar noch brüsten solchen Ruhmes?
Ist » Fliege« nicht der Nam' auch des Schmarotzertumes?
Hör' also auf und sprich nicht fürderhin so groß!
Brechen muß, was sich nicht läßt biegen:
Leicht jagt man fort die leichten Fliegen,
Schmeißfliegen schlägt man tot; und Tod ist auch dein Los
Vor Mattigkeit, Frost, Magenleere,
Wann Phoebus erst beherrscht die andre Hemisphäre.
Dann erst genieß' ich voll der Arbeit süße Frucht:
Nicht berg- und talwärts auf der Flucht
Dem Wind und Regen preisgegeben,
Kann froh ich und behaglich leben.
Daß jetzt ich Sorge trug, macht mich von Sorge frei.
Dann erst zeig' ich dir, was es sei
Um wahrer Ehre Schatz, um falschen Ruhmes Schimmer.
Leb' wohl, ich hab' nicht Zeit; Arbeit ist mir Gesetz,
Und Schrank und Speicher werden nimmer
Mir voll durch müßiges Geschwätz.«


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