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4. Die beiden Ziegen

Die Ziegen trieb seit ew'ger Zeit
Ein Geist der Unabhängigkeit
Zum Wanderleben stets, und von jeher erlasen
Sie solche Stätten sich zum Grasen,
Die keines Menschen Fuß betrat.
Dort, wo von steiler Höh' ohne gebahnten Pfad
Felsen und Berge starr in tiefen Abgrund schauen,
Scheint's diesen Damen gut, sich einsam zu erbauen;
Nichts hemmt das Tier, bis es den Kletterlauf vollbracht.
Zwei Ziegen, die sich losgemacht,
Verließen, nach der Freiheit Glücke
Dürstend, das ebne Land, jede für sich allein;
Sie schlugen auf gut Glück verschiedne Richtung ein.
Sie trafen einen Bach, ein schmales Brett als Brücke;
Zwei Wiesel kämen kaum nebeneinander weg
Auf dem Steg.
Auch macht der schnelle Strom, der tiefe Bach den Weg
Gefahrvoll und das Herz der Amazonen beben.
Trotzdem tritt auf das Brett die eine; nachzugeben
Fiel' nie der andern ein, die auch das Brett betritt.
So, denk' ich, war's, als mit dem Großen Ludwig schritt
Spaniens Philipp der Vierte weiland
Nach jenem Konferenzeneiland.
So näherten ganz langsam sich
Unsre zwei Abenteurerinnen,
Beide von hochgemuten Sinnen.
Zur Mitte jetzt gelangt, standen sie; keine wich
Der andern. Gleicher Stolz erfüllt sie; hoher Ahnen
Gedächtnis will sie gleich ruhmvoller Abkunft mahnen:
Jene entstammt der Geiß, die zum Geschenk verehrt
Polyphem, der Zyklop, der Nymphe Galatea,
Diese der Ziege Amalthea,
Die einst den Vater Zeus genährt.
So stürzten gleichenfalls infolge gleicher Tücke
Beid' in das Wasser unverhofft.
Solch ein Unfall hat sich schon oft
Ereignet auf dem Weg zum Glücke.


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