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Ein paar Stunden in Honolulu

Neun Tage wir die Wassermassen und Himmelsbläue als Begleiter hatten. Am Morgen vor dem zehnten Tag erschienen Schatten, nahe Inselgassen. Gleich grauem Einschlag in ein blau Gewebe zackte sich Land.
Am Himmel der Vulkane Rand sich in die Himmel steil aufpackte, – Hawai, mit dem Konzert von Bergen, auf Morgenwolken überm Meer dastand.
Wir mußten jeder es zu jedem sagen: erstaunlich war, daß man nach den zehn Wassertagen auf Erden noch die Erde fand.
Der Tropenbrodem kam wie Brandgeruch von einem Herde bis auf das Schiff. Das Meer uns feuerblau entgegenlief. Das Wasser war wie brennend blaues Gas,
Als ob der Schiffskiel hier auf flüssigem Weltenäther saß, hinausgefahren übers Ziel. Zum Feuerfraß bereit standen die Mäuler der Vulkane hier an der Meeresstraß',
Daß man die Hölle bei dem Himmel nicht einen Augenblick vergaß. Vor einem Riesenbrocken Kraterland blieb an dem Nachmittag das Schiff hier eine Weile an der Küste hocken.
Bis man den Quarantänearzt und Hafenwache mit Signalen rief, bestaunte ich im Meer das Regenbogenwasser, das hier wie ein Getrief,
Smaragdengrün, karmoisin und blau wie Lapislazuli und silberweiß, vierfach gefärbt, am Uferrand, als vierfach buntes Meilenband, hinlief.
Als mischte man Getränke hier aus vier Phiolen, ergossen sich vier Farbenbänke, grün unverhohlen, rosa, blau und weiß, und flossen unvermischt
Rings um die Insel hin, vierfach in farbigem Kreis vom Meere aufgetischt. Das Meer steht hier vor Honolulu gleichwie ein vierfach Gartenbeet,
Gleichwie mit hellem, grünem Weizen, mit rosa Türkenklee, mit blauem Enzian und weißem Schnee besät. Darüber, schwarzgrün, starrten Palmgebirge hoch
Und, wie gebrannter Töpfe Röte, brandbraun vulkanischer Erde Schlöte, die sind hinter dem farbigen Meeresgarten düster der Zaun.
Und aus der indigogebläuten Meereslauge, nahe der Schiffswand, dicht vor meinem Auge, steigen, karminrot, Meeresquallen aus der Tiefe, erscheinen wie die Fliegenpilze,
Steigen und fallen und gleichen Augäpfeln von einem Tollen, die feuerrot sich dir für Augenblicke aus blauem Abgrund zeigen wollen.
Ach, blutig haben hier sich einst die Augen der braunen Honolulukönigin am Meer geweint und mit ihr alle Augen ihrer Frauen, die sie im Rat um sich vereint',
Damals, als dieses Blumeneiland der Fuß der weißen Leute zum erstenmal betrat, vor denen gleich zum Gruß – wie selbst der Feuerberg, der Kilauea, niemals tat –
Das Meer mit Strömen Blut sich färben muß, mit solchen Massen, daß hier die Meeresgassen den roten Gliedern von Korallen glichen
Und abends statt den Liedern um die Hütten, in langen Länderstrichen, Raubtiere, Menschenknochen krachend, vom Leichenschmause nicht mehr wichen.
Jetzt ist der Weiße hier zu Hause, und er erfand statt Blumenketten, die man sich einst am Morgen frisch zur Tagesreise hier um Hals und Körper statt der Kleider wand,
Dem braunen Manne, statt der Blumen, die Perlen nur vom Arbeitsschweiße und drückte ihm des Geldes tote Marke in die Hand.
Dem harmlosen, von einer Frau regierten Volke, dem unter ewig blauem Himmel der Gott in einer roten Wolke auf großen Feuerbergen täglich nahe stand,
Seit langem schon aus diesem Meer der alte Freudengott verschwand. Es geht der Gott des Arbeitsschweißes jetzt umher.
Fabrikschornstein und großer Faktorein Geschäftigkeit und langer roter Dächer Rand auf neuen, hellen Hafenmauern stand.
Ein Heer von Steinpalästen, von Ladenfenstern, Trambahnwagen steht, gleichwie ein Arbeitslager, kreuz und quer, als neues Honolulu aufgeschlagen;
Und Telephon und Telegraphen tragen die Sorgen und Gedanken über Stadt und Meer. Und Palmenwälder stehn im Hintergrunde nebenher.
Und Palmengärten weh'n, die, auf die Berge flüchtend, dem Rauch aus den Fabriken kaum entgeh'n. Nur drinnen in dem Land die braunen Krater und die Urwaldschluchten,
Die schicken unberührte Lüfte noch und ihrer Düfte Urweltlieder hinunter in die vierfach farbigen Meeresbuchten.
Bei Magazinen, Dach bei Dach, kreischten der Schiffe Warenkrahnen, auf Meerkolossen, die mit finstern Mienen, mit Rauch und Arbeit in den Hafen stoßen.
Sie füllen sich mit Säcken, Körben, Kasten ihren Bauch und hüllen sich in Wolken gleich Vulkanen. Und rasten siehst du keinen.
Sie hasten alle wie die Länderfahnen an den Masten, die unruhig eilig in die Meerluft tasten. Als ob sich Fliegen an Kadavern mästen,
So liegen dicht die Schiffe mit den Treppenstiegen und mit gefräßigen Gesten an diesem Blumeneiland, dessen Volk, in Resten,
Die Blumenketten, wie zu letzten Festen, auf Wagen jeden Morgen legt und frisch aus ihren Wäldern hin zum Ufer trägt. Da sitzen jeden Morgen Männer, Frauen im Hafen bei den Warenmagazinen,
In langen Reihen an den schmutz'gen Wänden, um sich das tote Geld mit dem Verkauf von Blütenketten der Urwaldblumen zu verdienen, –
Das Geld, von dem doch ihrer Väter Lied nichts singt, und das die Kinder, Männer, Frauen zum Sitzen hier im Hafenschmutz demütig zwingt.
Die Tropenblumen, aufgereiht in purpurn, gelb und weißen Blütenketten, blitzen in hingestreckter, brauner Hand. Sie zeigen sie den Fremden, den blassen Weißen,
Die von den finstern Schiffen steigen. Die Fremden kaufen, schmücken sich der Sommerhüte Rand; und ungeschmückt der Eingeborene, über die Kupfermünzen still gebückt,
Daneben sich am Boden drückt. – Für Stunden und nur eine Nacht hat sich mein Dampfer, der die Post aus Asien hergebracht, im Honolulu-Hafen eingefunden.
Dann hat er wieder sich für neue sieben Tage mit mir hinaus ins Meer gewunden, und alle Erde dann verschwunden blieb,
Bis San Franzisko sich am Himmelsrand hinschrieb.

 


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