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Sonnenaufgang in den Gassen am Ganges

Gar vielberühmte Gassen führen am Uferabhang zu dem Gangesstrom hinab
Und sind gar menschenreich beim Sonnenaufgang.
Fürsten aus jedem Landestrakt und Prinzen und Prinzessinnen, der Göttermacht mit Pracht zu dienen,
Haben den Fluß entlang die Gassen, die Tempel, breite Treppenmassen und die Paläste bauen lassen.
Es schauen zwischen tausendjährigen Tamarindenbäumen die Tempelkuppeln, die den Himmel säumen.
Es steht wie helle Wabenzellen am Strom dicht Dom gedrängt bei Dom.
Als ob aus grüner Bäume Fächer sich mächtig Becher neben Riesenbecher zwängt,
So wachsen dort am Uferspiegel gewölbte Dächer.
Wie Pilze, regellos, aus rot und weißem Stein, sind Heiligtümer aufgetürmt,
Und Tempelschrein bei Schrein den Uferabhang wie ein Heer von Göttern stürmt.
Benares liegt an einer Gangesseite.
Am andern Ufer gehen flache, grüne Steppen und Dschungelniederungen in die Weite.
Ich ging entlang den Tempeln, die, wie die Termitenbauten, sich zwischen Ufertreppen drängten, wölbten, stauten,
Und brausend ist um Sonnenaufgang hier das Stimmgewirr.
Es laufen tausend Pilger, und abertausend drücken sich und hängen wie die Mücken dicht in Haufen.
Die Morgensonne drüben in den Gangesdschungeln beginnt sich übers graue Gras her rot zu heben,
Es rinnt ihr Leben übern Fluß, bespinnt die Stadt mit scharlachnen Geweben an allen Tempeldächern,
Und lila rauchen Morgenwolken hoch über Tamarindenkronen,
Da heben hunderttausend Arme mit funkelnd gelben Messingbechern voll Gangeswasser sich zum Gruß.
Und hunderttausend Pilger tauchen von allen Treppen niederknieend entkleidet in den Fluß.
Sie kommen hell in Schleiern an, in roten, gelben, grünen, weißen Reihen, mit dem Gesicht zum Morgenrot gewendet,
Und neigen tief sich vor dem Licht, wenn ihnen wie aus goldenem Boot der erste Sonnenstrahl, der aus dem Ganges loht,
Die erste Weihe zu den Treppen sendet.
Als liefen gelbe, rote Gärten lebend die Stufen hier hinab,
So sind die bunten Menschen, wie Blumen hin zum Licht und Wasser strebend,
Und Männer, Frauen, Kinder schauen von Dächern und von Treppenwegen
Der Sonnenankunft stumm entgegen.
Die Sonne flammt, und hunderttausend stehen in dem Wasser, als fallen ihnen Schuppen von den Augen.
Und Gruppen, dicht gedrängt, auf Flößen festgerammt an Bambusrohren,
Die horchen auf, als hören sie den Sonnenaufgang gleichwie Musik in ihren Ohren.
Und ohne Lärm ist ein Gesumm von Stimmen. Rosige Schleier in das Wasser wehen, schwimmen.
Ein Haufen Blütenblätter auf den Wellen glimmen; denn wo die Leute aus dem Bade steigen,
Sie Blüten an die Stellen streuen, um ihren heiligen Ganges zu erfreuen.
Wie gelbe, weiße, rote Inseln, heiter, leuchten im dunklen Wasser die Haufen Blumenblätter
Und ziehen mit der sanften Strömung weiter.
Es liegen oben auf haushohen Marmorquadern, die glatt behauen sind wie weiße Riesenwürfel, zwischen den Uferstiegen,
Mann, Frau und Kind, und über ihnen aufgespannt radgroße gelbe Bambusschirme sind.
Zu Tausenden auf allen Treppen, gleichwie die gelben großen Sonnenblumen,
Sind diese strohnen Schirme rund in die Höh' geschossen.
In ihrem Schatten sich die Menschenhaufen zu Kurzweil und Gebet zusammentaten.
Und Tag um Tag, stets um den Sonnenaufgang, nimmt hier das Menschenleben seinen Anfang.
Nicht einer von den Frommen in der Stadt tut eine Arbeit, einen Gang, eh' er nicht bei den Tempeln hier am Gangesstrand entlang,
Zum neuen Tag ein Weihebad genommen.

 


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