InhaltInhalt
- Max Dauthenday
- Anfang und Ausgang
- Meer, Feuer, Erde, Wolken
- Des Schiffes Räume
- Sieben Meere
- Im Schiffsinnern
- Im Speisesaal
- Das neue Jahr
- In der Schiffskabine
- Am vierten Tag
- Afrikas Gesichter
- Kairos Frauen
- Das Land der Toten
- Im Speisewagen
- Kairos Fischmarkt
- Die Leiern der Wollust
- Der arabische Dichter
- Bei Ambrazigaretten
- Der grüne Nil
- Der Wüstensand
- Unter den Pyramiden
- Alltag um die Pyramiden
- Der Begriff von oben und unten
- In der Cheopspyramide
- Der Klang der Totenkammer
- Die Königskammern
- Es ist gleich, wohin du mich trägst
- Der Sphinxleib
- Schüsseln aus der Heimat
- Afrikanische Tierwelt
- Die Spuren des Propheten
- Im Gewühle der Moscheen
- Der Stein der Weisen
- Staub der Totenstadt
- Der Garten Pharaos
- Nilpegel
- Die Rose der Tochter Pharaos
- Der Baum ohne Schatten
- Traumgesicht
- Vorbegriff vom Weiterreisen
- Von einem Einerlei zum andern Einerlei
- Im Deckstuhl
- Zwischendeck
- Das Hochzeitsbett
- Rechts Afrika, links Asien
- Arabiens Küste
- Sonntagnachmittag
- Somalineger
- Die armen Adenleute
- Ins dritte Meer
- Schiffswahnsinn
- Beim Schiffsbarbier
- Bordspiele
- Die Schreibmaschine
- Der Tag vor Indien
- Die Ferne ist der schlimmste Dieb
- Bombay
- Menschenmasken
- Nicht mal der Menschen Angesichter konnt' ich mehr erreichen
- Indischer Boden
- Hotelhaus Tajmahal
- Tropenglut
- Telegraphenamt
- Indisches Straßenleben und Straßenschlaf
- Lotos und Pest
- Vom bösen Blick
- Indisches Diner
- Die Parsentürme
- Von Zeit zu Zeit
- Sonnenuntergang
- Die Korsowagen
- Indische Herren
- Neben dem Korso
- Eiland Elephanta
- Und Götter sind hier ganz allein zu Haus
- Sie zeigen sich dir alle lächelnd
- Bald sind sie Mann, bald sind sie Weib
- Götteraugen und Menschenaugen
- Die Indier, wenn sie beten, bringen Rötel mit
- Lingam
- Asiatischer Sonntag
- Der Zauberstab
- Nachtfahrt im Eingebornenviertel
- Das Kulitheater
- Die Kulibühne
- Die Kulibajadere
- Der Tanz
- Die Tanzpause
- Stall der alten Götter
- Stall der alten Tiere
- Jeypore
- Die Affen von Ahmedabad
- Ein Stück Wüste
- Der Berg Abu
- Neumondnacht in Jeypore
- Die rosenrote Stadt
- Der Marktplatz von Jeypore
- Die Tauben von Jeypore
- Palast der Winde
- Lebende Statuen
- Willkommen
- Ein wahnsinniger Elefant
- Im Schloß des Maharadja
- Der Hof der Sterndeuter
- Der goldene Damenschuh
- Verkäufer, Schlangen, Papageien und Schafe
- Rubinen
- Schloß Amber
- Die Göttin Kali
- Auferstehungszeichen an indischen Waffen
- Beim Balsamhändler
- Lied der Getreidemühlen
- Gräber, Affen, Sand und Bettler
- Delhi
- Todeswaren in Delhi
- Palast des Großmoguls
- Der Pfauenthron des Großmoguls
- Palaststille
- Sandsturm
- Der Esel von Purana Kila
- Schrein Nizamuddin
- »Der Turm der Welt« Kubar Minar
- Die rätselhafte Eisensäule beim Kubar Minar
- Der Spiegelring
- Das Geisterheer
- Agra
- Der Taj Mahal
- Im Taj-Mahal-Garten
- Unter der Grabkuppel
- Das Bild einer Toten
- Das Flötenlied im Dom
- Der Taj Mahal am Tag
- Abendfeuer
- Die doppelköpfige Schlange
- Kobra und Mungos
- Das Fort von Agra
- Hundertdreizehn Schritte
- Der Angelthron am Goldfischteich
- Der blutende Thron
- Die Palme in der Todesstille
- Fatehpur Sikri
- Mirjams Garten
- Der Turm des Elefant
- Das Wunder des toten Heiligen
- Agras Teppichblumen
- Bahnhof zur Nacht
- In Lucknow
- Bessies Traum
- Auf der Gangesbrücke
- Benares, die Prächtigste
- Pilgerankunft
- Der goldene Tempel und der Asket
- Beim goldenen Tempel und Tempelstier
- Lingambuden
- Tempel der Kühe
- Der Affentempel
- Sonnenaufgang in den Gassen am Ganges
- Die Asketen
- Bootfahrt
- Totenverbrennung am Ganges
- Hanumantempel und Sündenpfuhl
- Einige Regentropfen
- Segelfahrt
- Buddhas alter Wohnort Sarnath
- Buddhafiguren
- Fahrt nach dem Himalaja
- Von Siliguri nach Darjeeling
- Tibetleute
- Über den Wolken
- Himalajabäume
- Eine Stunde Aussicht
- Ankunft in Darjeeling
- Himalajanacht
- Sonnenaufgang am Tigerhügel
- Tibetanische Straßen
- Tibetanisches Tempelleben
- Tibetanische Gebräuche
- Himalaja-Türkise
- Himalaja-Teeblüte
- Auf der Gangesfähre
- Im Gangesdelta vor Kalkutta
- Kalkutta
- Der Jaintempel in Kalkutta
- Der Banyanbaum im Edengarten
- Abfahrt von Kalkutta
- Ankunft in Birma
- Ein Wiedersehen im Hotel
- Erste Schritte in Birma
- Holzschnitzereien und Rubine
- Die Sule Solay-Pagode
- Hinfahrt durch die Gärten von Rangoon zur Shwe Dagon-Pagode
- Das Treppenhaus der Shwe Dagon-Pagode
- Die goldenen Gassen um die Shwe Dagon-Pagode
- Ein Tiger auf der Shwe Dagon-Pagode
- Bahnfahrt nach Mandalay
- Der hölzerne Königspalast von Mandalay
- Birmanische Holzarchitektur
- Die vierhundertfünfzig Pagoden
- Birmanisches Kloster
- Um Mitternacht in Mandalay
- Morgenweg zur Arrakan-Pagode in Mandalay
- In der Arrakan-Pagode
- Dampferfahrt auf dem Irawaddystrom
- Wasserstimmung auf dem Irawaddystrom
- Die Prom-Pagode
- Auf viertem Meer
- Sonnenuntergang vor Madras
- Morgen in Madras
- Der Götterwagen von Madras
- Ankunft in Ceylon
- Die Raben vom Galle Face-Hotel
- Die Fremden im Galle Face-Hotel
- Die rote Strandstraße vor dem Galle Face-Hotel
- In den Zimmetgärten von Colombo
- Auf den Ceylonstraßen
- Der goldne schlafende Buddha
- Fahrt in das Innere Ceylons
- Aufstieg in die Ceylonberge
- Nuwara Eliya
- Umblick von Nuwara Eliya
- Kandy
- Die Talipotpalme
- Mondscheinfahrt um den Kandysee
- Der Peradenyia-Park bei Kandy
- Bei den Arbeitselefanten von Kandy
- Der Tempel des heiligen Zahnes
- Das liebliche Kandy
- Ceylon-Juwelen
- Abschied vom glänzenden Eiland
- Tropengewitter bei Sumatra
- Eine Stunde in Penang
- Sternennacht in der Malakkastraße
- Einen Augenblick in Singapore
- Die Hure der sieben Meere
- Ankunft im Hongkongnebel
- In Hongkong
- Mitten im Hongkongnebel
- Uhren und Ahnen
- Arbeitsstraßen in Hongkong
- Chinesische Opferpuppen
- Chinesische Gräber in der Landschaft
- Hongkong-Peak
- Nächtliche Flußwanderung auf dem Perlstrom
- Ankunft in Kanton
- Kanton
- Kanton
- Chinesische Werkstattgassen
- Werkstatt des Medizingottes
- Im Ahnentempel von Kanton
- Nachtfahrt zum Kantontheater auf dem Perlfluß
- Zweiter Tag in Kanton
- Bei der chinesischen Sängerin am Abend des zweiten Tages in Kanton
- Chinesische Abendmahlzeit
- Zwischen China und Japan
- Erste japanische Eindrücke in Nagasaki
- Erste japanische Eindrücke in Nagasaki
- Japanische Allgemeinheiten
- Im Tempel des bronzenen Pferdes zu Nagasaki
- Ein Kirschblütengarten bei Nagasaki
- Rückkehr aufs Schiff
- Durch Japans Inlandsee
- Erster Blick in Kobe
- Abend in der Theaterstraße von Kobe
- Am Nunobikiwasserfall bei Kobe
- Fahrt nach Osaka
- Osaka
- Das Schloß von Osaka
- Glocke und Schildkrötenteich im Tennoyitempel in Osaka
- Ankunft in der alten Kaiserstadt Kioto
- Natürliche Jahresfeste in Japan
- Im Kirschblütentheater in Kioto
- Oben beim Kiomizu-Tempel in Kioto
- Im Kaiserpalast zu Kioto
- Kiototempel
- Die Arashiyama-Stromschnellen
- Das heilige Nara
- Beim Daibuts von Nara
- Am Sarasuwa-Teich
- Tempelekel
- Fahrt zum See Biwa
- Der alte Baum am Biwasee
- Die acht Seebilder beim Mijdera-Tempel
- Im Bergkanal zu Ozu
- Im goldnen Pavillon bei Kioto
- Japanische Gärten
- In der kaiserlichen Dschiudschitsu-Schule in Kioto
- Unterwegs nach Minoshita
- Die Delphine vom Nagovaschloß
- Auf den Straßen in Nagoya
- Nacht in Nagoya
- Die Fische am fünften Mai
- Die Bergtreppe in Shizuoka
- Von Kozu nach Miyanoshita
- Fushiyahotel in Miyanoshita
- Bergpaß nach Hakone
- Die Geschichte der Brüder Juro und Goro und der Kurtisane Tora Gozen
- Der Gott aller Reisenden
- Der Fushiyama am Hakonesee
- Tokio
- Gedanken und Abendstunde im Stadtpark von Tokio
- Die fünftausend Mädchen im Yoshiwara in Tokio
- Nachtabenteuer in Tokio
- Die Päonien blühen
- Im Glyzinen-Tempel
- Tempel Asakusa Kwannon
- Reiseromantik auf dem Weg nach Nikko
- Mystik der Nikkotempel
- Die Geschichte der Messinglaterne Bakemono-Toro
- Ausflug zum Chuzenjisee bei Nikko
- Beim »König der Kuriositäten« in Nikko
- Das abendländische Yokohama
- Japanische Ringer
- Hotelterrasse in Yokohama am Stillen Ozean
- Der gigantische Buddha von Kamakuro
- Die Glücksinsel Enoshima
- Zwei Erdbeben in Yokohama
- Abfahrt von Yokohama
- Auf dem Stillen Ozean
- Ozeanflirt
- Ein Passagier
- Meermaskerade im Stillen Ozean
- Ein paar Stunden in Honolulu
- Die Erdbebenruinen von San Franzisko
- Eintritt in das Land der Riesen
- Auf dem Wege nach Los Angeles
- In der Texaswüste
- Rothäute in der Texaswüste
- Grand Canon im Colorado-Gebirge
- Am Weltabgrund
- Sieben Schaukelstühle
- Des Montezuma Schloß
- Brücke über den Diabolo Kanon
- Im Koloradoland
- In den Rocky Mountains
- Die Stadt Denver
- Der Lärmeremit und der letzte Koloradobüffel
- Im Garten der Götter
- Am Niagara beim »Donner der Gewässer«
- Das himmelgetürmte New York
- Sommerabend in New York
- Siebentes und letztes Meer und Heimkunft
- Nachwort
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Der goldene Tempel und der Asket
Der goldene Tempel nah dem Marktgewühl hielt mich an einem Morgen auf.
Ich kam aus breiten Straßen mit Basaren in enge Gassen feucht und kühl.
Dein europäischer Geist und dein Gefühl gehen dort, Stück um Stück, wie um Jahrhunderte zurück,
Wenn du vom goldenen Kalb bei Moses mal gelesen,
Und auch vom Baal, so stehst du plötzlich jetzt in jener Zeit,
Stehst dort mit deinen Stiefeln und lebst die Gegenwart in der Vergangenheit,
Und so genarrt, liegst du mit dir im Streit.
Blutrot sitzt vor mir unter einer Halle ein mächtiger Stier, aus Stein und alt archaisch in der Form.
Es schien die wulstige Gestalt wie aus der Urzeit unbeholfen und wie aus Blut geballt.
Wie stumpf von Blut und Opfern trunken, lag dieser Stier im Schlaf auf seinen Knien,
In frischen Blütenketten, Weihrauch und gelb und weißen Blumenblättern dumpf versunken.
Sein Scharlach spiegelte in einem schwarzen Wasser. Voll blasser Blüten schwamm der Tintenteich.
Der war, in eckigem Steingestell, der heiligen Erkenntnis Quell.
Die goldenen Stufen zu dem goldenen Tempel, die lagen nah daneben,
Und hoch von Mauern war der kleine, feuchte Platz umgeben, wie eingesargt in Helligkeit, fern aller Zeit.
Auf einem Stachelbrett, auf einer Steinterrasse, lag auf derselben Straße ein Asket.
Das Brett besteckt mit Eisenstacheln, und jeder Stachel höher als ein Fuß. Darauf lag unbedeckt,
Sich selber zum Genuß, der nackte Mann auf diesem Folterbrett seit Jahren ausgestreckt,
Mit Ruß und Asche eingerieben, und rings das Volk schien göttlich ihn zu lieben;
Als würden hier durch seine Leiden die Sünden anderer verziehen und vertrieben.
Sein Bart wuchs ihm bis zu den Knieen, grau in Mähnen,
Sein Haupthaar war mit gelben Wollensträhnen wirr durchflochten; sein Blick war irr und wild.
Ein gelber Blütenkranz um seinen Kopf und weiße Kränze an der Brust, gleichwie an einem toten Götterbild.
Bekleidet war er nur mit dicken Stricken um die Lenden.
Wahnsinn war schon in seinem Blick, und unter seiner aschengrauen Stirn
Augäpfel wie auf Stiften staken, wie Augen eines Hummers vorgestreckt aus seinem Hirn.
Sein Leib war mächtig, prächtig im Muskelspiel, und konnte gern gefallen jedem Weib.
Andächtig hielt der Mann ein ungeheuer Buch in seinen Händen.
Er las darin, als ob die Augen Erlösung von den Körperschmerzen bei heiligen Sätzen dort im Buche fänden.
Und er gefiel sich, totenstill auf allen Stacheln dazuliegen,
Und seine Finger regten leicht sich nur im Spiel mit seinen Blumenketten,
Und hätten besser einem Weib sich hingereicht, und seine Schenkel, die sich auf den Stacheln biegen,
Täten wohl freudiger zum Zeitvertreib ein Weib im Schoße wiegen.
Gar lächerlich schien mir, sich selbst zu strafen und selig auf den Eisenstacheln freiwillig öffentlich zu schlafen.
Hat doch die Liebe, läßt du sie ins Herz von Grund aus ein, mehr Seligkeit und auch mehr Höllenpein
Und bohrt mehr Stacheln dir ins Fleisch hinein als jedes Eisenbrett vom mutigsten Asket.
Wer aber seinen Leib mit Eisennägeln nur durchsticht und hat den Mut zu einem Weibe nicht,
Der tut von allen Feigen am meisten feig sich zeigen.
Nur wer der Wollust in die Arme geht und Leib an Leib mit einem Weib zu lieben und zu leiden recht versteht,
Der ist auf dieser Welt der einzig wirkliche und gottgefälligste Asket.
Es fanden sich am gleichen Platz, bei dem Asket und bei dem Stier, noch andere Götterbilder aufgestellt,
Und alle standen hier vom Rötelrot erhellt. Wie eine Fleischerbank von rotem Blute schier,
So leuchten auf dem Platz bei feuchten Steinen
Die Quellen Buddhas und auch Elefantengötter auf den granitnen Tischen und rings in hundert Nischen.
Darüber tagt hellblau der Morgenhimmel und stand ein grüner Baum bei einer Mauerwand,
Und mitten dort, erhöht auf nassen Pflasterplatten, stand in dem Morgenschatten,
Wie einst das goldene Kalb, der heilige Ochse feuerrot am dunklen Quellenrand.
Die Luft war unsichtbar durchloht von teuren Spezerein und Blütensäuren.
Verkäufer hielten, wie mit Gold gefüllt, dir Körbe hin; purpurn und golden lagen Blumen drin,
Doch keine zeigte mehr der Freude Sinn.
Sie lagen feierlich, wie unverwelkbar und wie gepflückt seit tausend Jahr.
Die Indier tragen festlich sie beim Beten, gleich Tropfen aus den Wunden des Asketen,
Nur Blüten ohne Grün und ohne Stiele, gereiht zu roten und zu goldnen Ketten.
Mehr als vom Blumenduft und von dem Weihrauchdunst,
War hier die Luft von großer Wollust der großen Leiden angefüllt, gleichwie ein Wald voll Frühjahrsbrunst.
Und alle, die hier gingen, die haben unbewußt genossen,
Und jeder Seel', in ihren Leib gehüllt, ist hier die Lust am Leben, erst recht in Nähe der Asketen,
Wie schäumend in den Kopf geschossen.
Doch hätte einer laut davon gesprochen, es hätte die Asketen wohl verdrossen,
Und nur der rote Stier aus Stein lag still und gut, allein aufrichtig lustverdächtig hier.
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