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Der gigantische Buddha von Kamakuro

Noch mit dem letzten Schritt in Japan sah ich den gigantischen Buddha an in Kamakuro, – die größte bronzene Gestalt, die, umblaut vom Erzglanz,
An den Ufern nahe dem Meer, vielhundert Jahre alt, dort sitzend in sich selber schaut und, von Geschlechtern zu Geschlecht bewundert, die Menschen alle sterben sieht
Und niemals selbst ergraut, als ist sie Erbe aller Erben.
Es war ein emailleblauer Tag, der um den Stillen Ozean lag. Ich ging in Kamakuro auf sonnig grüner Tempelstraße hin.
Die weiße, heilige pickende Taubenmasse vom Tempel Hashiman schloß oben auf der Tempeltreppe um meine Beine einen dichten Ring.
Es war, als drängte aus dem roten Tempelschreine gefiedert eine gute Geisterschar, die sich vertraulich dicht an meine Schritte hängte.
Beim Tempel hält der schwarze und tausend Jahre alte Ichobaum sein struppiges Geäst zum Licht. Im Grünen lief beschaulich dann mein Weg,
Den grüne Hügelflucht und blanke Seebucht säumen, der endlich sich den Tempelhain des großen Buddha aufgesucht, nah bei dem Ozean, wo hell die Wasserfelder schäumen.
Geruch von Seetang und von Kirschenbäumen begleiten dich im Frühlingsmorgen. Ich trete in das Tempelgärtlein ein, wo niedere Zypressen vielverschlungen stehn,
Als sind dem Boden finstere Figuren hier entsprungen, die übern veilchenfarbenen Morgenhimmel reichen, wie schwarzer Schrift geschnörkelte und vielgewundene Zeichen.
Tiefer im Hain öffnet sich klein ein Rasen. Bein über Bein geschlagen, in bläulich-silberigem Bronzeschein, siehst du den mächtigen Buddha hockend ragen,
Als würde er vom morgendlichen Ozeanlicht getragen. Ein bronzener Tisch mit bronzenen Blumenvasen und bronzenen Sonnenblumen ist vor den Sockelstein gestellt.
Der Tisch, gleich einem Menschen hoch, scheint doch nur wie ein Schemel klein. Der mächtige Buddha hält still Hand bei Hand flach in dem Schoß.
Ein schöngefaltetes Gewand zeigt seine Brust im runden Ausschnitt nackt und bloß. Der Kopf sitzt wohlgeformt und groß;
Sein vollgeschwungener Mund zeigt nicht zum Sprechen Lust; die Augen er gesenkt am Boden hält. Er sieht nicht hin nach außen, er sieht in seinen Schoß,
Als ob die ganze Welt von draußen tief in ihm kreisend floß. Abweisend nicht und nicht hochschauend, sitzt diese rundgegossene Turmgestalt wie auf sich selbst vertrauend.
Wie unter einer Perlenkappe, von Perlen regelmäßig rund bestickt, blickt sein Gesicht unter dem Lockenrahmen, mit einer runden Warze auf der Stirn, ins Morgenlicht.
Vor der allmächtig eisernen Gestalt unter der Lockenkappe wird selbst der große, blaue Meereshimmel so unbedeutend wie aus blauer Pappe.
Die Warze auf der Stirn will tiefstes Auge sein, das in sich selbst hinein den Weltschein lenkt und sich beobachtend in Ruhe senkt,
Als in den Anfang und das Ende von aller Urwelt Dasein. Und höher als der Bäume Kranz und einheitlich aus Erz mit blauem, sanftem Glanz,
Horcht dieser Gott in alle Räume, über die Ozeanschäume fort und zu der Morgenwolken fernstem Ort, und übermittelt dir im Schweigen der Friedensweisheit einfach Wort.
Nur Frieden kann in deinem Geist vor diesem Gottgesicht aufsteigen. Wenn auch das Meer mit Salzluft um sich beißt,
Kommt auch die Sonne wie ein Feuerdrachen, Blut fordernd, stark daher, – das Schweigen nie im Urgrund reißt.
Hinterm geschlossenen Gottheitmund die Welt in ewigem Frieden kreist. Der Gott wie ein Verliebter an dem Strande stund,
Als hält sein Blut nur fest im Aug' der Liebsten Bild, das in ihm ruht, das sich in Leidenschaft zu ihm gesellt. Wenn auch das Meer sich draußen lärmend stellt,
Sturzwellenflut hoch auf dein Haus hinfällt, und reißt der Sturm ihm die vier Pfähle aus, – bist du verliebt, die Liebe Ruh' dir gibt, und niemand deinen Frieden dir vertreibt; wie um den Kamakurabuddha tief unerschütterlich die Ruhe um dich bleibt.
Auch wenn die Sonne selber sich entleibt, auch wenn der Erde die Vulkane funkeln und ihre Rinde bebt, –
Dein Auge dir, wie's Gottesaug' aus dunkelm Erz, beim Bild der Liebsten ewig friedlich lebt.

 


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