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Arbeitsstraßen in Hongkong

Des Nachts in allen Hongkongstraßen die ölgetränkten riesigen Papierlaternen, in gelb und roten Kugelscharen, an Häuserfronten und Balkonen saßen,
Groß gleich manneshohen Feuerblasen, darauf die schwarzen Riesenlettern lohen; und unter diesen leuchtenden stillfrohen Globen,
Die sich über's Gedräng, hoch über gelbe Menschenköpfe hoben, ist dir, als wirst du unter hellen Weltenkörpern fortgeschoben.
In ungeschlachter Deutlichkeit macht sich das dichtgedrängte Straßenleben breit. Es ist ein Stimmgeschalle, als sei die Welt groß eine Arbeitshalle.
Auch eilen alle Schritte lautlos in allen Gassen; im Filzschuh stört dir kein chinesisches Bein die Seelenruh'.
Und in Garküchen, um die Töpfe und die Brände, siehst du an hundert gelbe Hände schnell bei der Arbeit mit Geschäftigkeit.
Schmucklos ist aller Kuli Kleid; die Leinwandhosen weit und blau, und blau die Leinwandjacke ohne Knopf und Zier,
Als sei die Arbeit hier der einzige Schmuck zu jeder Tageszeit. Und zwischen Häuserschatten und den Werkstattlichtern
Rennen und mischen sich bezopfte Menschen, nicht zu zählen, gleich fleischigen Ratten in Kanälen und mit Gesichtern rundbäckiger Katzen,
Und immer lautlos ist der Herde Schritt, als geht die Menschheit hier nur als dein tausendfacher Schatten auf tierischen Tatzen.
Umdampfte Köpfe sind auf helle Lampen hingemalt, zeigen gekrampfte Muskeln und grinsen wie verhexte Fratzen.
Und breit und groß wie Fleischer und wie Henkersknechte an Gestalt, begleitet dich halbnackt der Kulitroß; und kragenlos mit stiergewaltigem Nacken
Packen chinesische Kuli in die Wagenspeichen, und harte Muskelarbeit ist auf diesen Werkstattstraßen weit und breit das stete Lebenszeichen.
Du siehst hier wenig Müßiggänger streichen, nicht Stutzer oder ihresgleichen, nicht viel chinesische Damen, die sich sehen lassen,
Und nicht Spazierende in neuen Kleidern, nicht Gaffende im Fensterrahmen und vor den Menschenmassen. Es ist hier das chinesische Leben männlich, ein fortgesetzter Arbeitstag,
Ergeben in geschätzter Emsigkeit dem Stundenschlag der Zeit, gleichwie der Saft tagaus, tagein in einem Baumstamm Kraft erschafft.
Wie in der Mühle Körnerhaufen und deren Kornzahl, nicht zu nennen, hin durch den engen Mahltrog laufen, so rennen in geschäftigen Gedrängen
Menschen in Hongkong, weit und breit, arbeiten wie die Bienen an den Wabenzellen, hängen und zwängen sich wie Sand durchs Stundenglas der Zeit.
Der erste Blick zu diesen Arbeitsheeren der Chinesen, die sich nur um den Taglohn scheren, scheint alles Freudige in dir zu rauben,
Macht glauben, daß in diesen Häuserhauben, darin die Menschen, wie die Beeren an den Trauben, sich mehren, nähren, sterben,
Die Herzen wie verhungert öd verderben und niemals ein Gefühl vererben. Aber der zweite Blick in der Chinesen Augen macht fühlen, daß der Arbeiter Geschick in diesen Arbeitsmühlen
Das Leben anfaßt am Genick und es sich nicht zur Last auflegt. Die Indier, die dagegen das Dasein sanft, gleichwie nur noch aus Mitleid, pflegen,
Die hüllen's Leben ein in ihrer Träume Kleid. Aber der Chinamann sieht Tod und Leben wie zwei Drachen an, die ihm mit offenen Rachen keine Wahl mehr geben.
Und unter Lachen, da er nicht vor beiden auf einmal entweichen kann, schluckt er die Freud' und Leiden ohne Zahl und sucht nicht, wie der indische Bruder, das Dasein träumend zu vermeiden.
Er schickt sich an, die Träume in Wirklichkeit zu kleiden; stickt sich die Drachen aufs Gewand mit feuerfarbenen Seiden;
Die Bestien, die auf Wolken reiten, den Blumenflor der Erde überfallen, bringt er symbolisch gern in allen Formen, aus Gold geschnitzt, aus Jaspissteinen und auch aus Porzellan,
Aus Seide auch auf seinem Kleide, in seinem Haus, bei seinen Kindern und bei seinem Weibe und über seinem eignen Leibe als das Motiv des Lebens an.

 


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