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Im goldnen Pavillon bei Kioto

Vor Kioto ist hinter Waldwegen und Reisfeldern draußen ein goldner Pavillon gelegen, darinnen Mönche hausen.
Als ich dort einmal von den Arashiyama-Wasserschnellen vorüberkam, klopfte ich dort an der Gartentüre an.
Die Mönche, die das Haus bestellen, traten heraus, luden mich artig ein und hießen mich mit Tee willkommen, und das Schälchen Tee spricht in Japan:
Du bist gern bei uns aufgenommen. – Das Haus gehörte einst einem Schogun, einem Landestribun, der hatte sich an dem Ende seiner Tage dorthin zurückgezogen,
Er gab nach seinem Tod das hölzerne Haus mit dem goldenen Dach in der Priester Hände. Das Gold darauf glänzte nur noch schwach,
Aber der bronzene Phönix saß noch stolz droben als Knauf. In den Gemächern sind alte Handmalereien an die Wände gehängt;
Aber schöner als alles im Haus ist der Garten rundum mit seinen Spielereien; der japanische Garten, darinnen jeder Felsenstein
Um den Teichspiegel, ausgewählt wie ein Gesicht, an den Wasserschein gestellt, als ob er im Inneren einen verzauberten Menschen enthält.
Jeder Felsstein nimmt eine Sonderstellung ein, daß er ins Aug' wie eine kauernde Figur fällt.
Da ist jeder Baumstamm und Stein an der Gartengestalt wichtig, wie an einem Menschenleib ein Knochenbein.
Keine gekrümmten Wurzeln zu nichtig und klein in dem Garten, daß sie nicht der Schönheit wie dienende Geister aufwarten.
Da hat ein Meister verschiedenes Laubwerk vergoldend und rötlich und grau hingetan, wie die Stickereien auf dem Seidentuch einer Frau,
Da paßt das senkrechte Schilf gegen den wagrechten Zedernast gleich der Randzeichnung in einem Buch an den Teich.
Jedes Blatt sieht aus, als wär' es im Gartenraum gezählt, als sei im weiten Garten kaum ein gezacktes Blättlein überflüssig gewählt.
Die Kirschbäume stehen hier spärlich wie aus künstlich rosa Seidenpapier geschnitten. Und da ist beim Haus ein Rasenberg dahinter,
Der spielte einmal mit seinem grünen Hügelleib mitten im Sommer Winter, verkleidet von des Schoguns liebendem Weib.
Denn der Fürst, verdorrt von Sommerglut und von manchem unausgesprochenem Machtwort, das wie ein Komet nie ruht,
Sah mit blutunterlaufenen Augen und mit Sausen in den Ohren den heißen Julitag an. Und des Fürsten Weib verstand: zu ihrem Mann kam ein tötendes Fieber heran;
Vielleicht der Tod schon jetzt unter die Haustüre trat, war dem Kranken nicht rasch Heilung getan und Wohltat.
Des Schoguns Wangenknochen glühten wie der Gartensand, und die Frau hat sich erschrocken abgewandt und sah auf des Hauses weiße Papierwand
Und dachte beim weißen Papier an Winter und Schnee. O hätte sie Schnee hier, dann könnte sie gut dem Kranken das Fieber kühlen,
Und kein Brand würde den Schogun mehr durchwühlen! Plötzlich ein flinker Gedanke in ihr Gehör fand:
Sie hat die Diener ausgesandt und ließ weiße Tücher Seide aufkaufen im Land, und alle Mägde mußten rennen und laufen
Und weiße Seidenballen bringen, so viel Seide, als sich nur fand, weiße Seide in weißen Haufen; und die Fürstin bedeckte in der Nacht mit eigener Hand
Den Hügelberg am Gartenrand, daß er am Morgen schneeweiß in der Seide dastand, und vom Gartenhaus sah der Berg gleißend und kühl aus
Wie ein Hügel im Januarschneekleide. Das fiebernde Auge des kranken Schogun glaubte am nächsten Morgen geruhig an die Winterkühle,
Und des Kranken wirre Schwüle wich vor dem klaren Schneegefühle. Der Kranke ließ seine fiebernden Augen in langen Tagen,
Ohne nach dem Grund zu fragen, auf dem weißseidenen Schneehügel weilen, und seine kluge Frau sah zufrieden ihres Mannes Fieber langsam heilen.
Denn die, die liebend die Tage miteinander teilen, werden zu Zauberern im Handeln und können im Nu zum Glück ihrer Ruh' die Jahreszeiten verwandeln.

 


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