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Die Ferne ist der schlimmste Dieb

Das Meer, das bisher blau, wie von Kornblumen eine Au, ward eines Morgens grün und grau
Und schien dem Auge ein Gebrau aus süßen Wassern und aus salziger Lauge.
Groß an den Horizont gestellt erschien, aus Morgennebeln, Indien mit Bergen, die wie dunkler Rauch zum Himmel hoch gewellt.
Dem immerklaren Ozean schickt jenes Land, von seinem Schimmer dort,
Die ersten Morgenwolken breit heran, die wälzten sich wie warmgeballter Atem fort.
Still wurde es im Meer, als ob nicht bloß die Meeresfarben,
Als ob auch alle Meeresstimmen dem Menschenohr im süßen Landungswasser starben.
Die Koffer standen hochgestapelt, Schicht auf Schicht; und manch Gesicht, das man sonst nie gesehen,
Fand sich jetzt aus dem Schiffsbauch ein, und alle starrten in den Morgenrauch hinein, wie in die Schicksalskarten.
Als sich des Erdteils Glieder breiter dann entrollten, war es, als ob die Erdenschwellen dem Schiff, den Menschen und dem Meer den Atem nehmen wollten.
Und wie die Luft aus heißen Quellen, kam dumpfer Waldgeruch daher und wurde warm wie Kleidertuch,
Als ob da Menschen uns entgegenkommen auf den Wellen.
Und nicht das Meer nur wurd' uns jetzt vom Land genommen, der Zeitsinn wurde mir in dieser Stunde ganz verschwommen.
Am hellen Morgen sollt' ich meine Uhr um zehn, zwölf Stunden vorwärts stellen.
Und wollt' ich an die Liebste denken, mußt' ich mich in die Nacht versenken.
Die Leute in Europa schliefen noch unter jedem Dach, da waren wir, in Indien hier, schon einen halben Tag lang wach.
Ich dacht', das Leben werde schwer der Sehnsucht jetzt gemacht,
Nie schlief ich mehr bei meinem Lieb, nicht mal mehr in Gedanken bei der Nacht.
Die Ferne ist der schlimmste Dieb, sie trennt, sie trennt,
Sie nimmt dir alles, was dir lieb, nicht mal Erbarmen in der Zeit sie kennt.

 


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