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Morgenweg zur Arrakan-Pagode in Mandalay

Weitatmend stand auf Erden ein Morgen für mich, feuerfrisch nach der erschreckten Nacht,
Gleichwie ein tropischer Blumenstrauß hell, dankbar dargebracht auf einem goldgedeckten Altartisch.
Ich fuhr in aller Frühe zur Arrakan-Pagode froh hinaus, mitten durch Mandalay, durch grüner Bäume Straße.
Die Straße sah, im Morgentreiben blinkend, gleichwie ein heller Fischzug aus, Leben im Lebensstrom ertrinkend.
Hinter krebsroten und den gelben Lackgefäßen saßen Lackhändlerinnen in den offenen Buden.
Sie lachen, spaßen, luden zartgelenkig zum Kaufen ein zu beiden Seiten von den Straßen.
Als ob sie selbst in feinen Lack sich kleiden, stehn sie vor dir in hellen, papiernen, dünnen Seiden,
Auch ihre schwarzen Haare frisch geglättet, gleich blanklackierter Ware.
Statt der Gedanken steckt bequem auf ihrer Stirn in der Frisur nur eine weiße, feine Blume oder ein silbern kleines Diadem.
Wie Damen lächelten hier ärmste Frauen entzückt, zierlich und sorgfältig geschmückt.
An einer Ecke stauen sich die Menschen; unter den Augenbrauen ist Morgenlust zu sehen.
Sie eilen auf Sandalen und auf nackten Zehen und weilen wieder nach Gefallen,
Gleich Rehen, die in einem Park bald langsam und bald wie der Wind hingehen.
In langer Straßen Zeilen viel Buden offen stehen.
Schirmhändler kleben Schirme hier aus silbernem Papier.
Götter, aus weißem Alabaster zubereitet, stehen in Werkstätten zur Schau,
Werden mit Gold getüncht und mit dem Indigo, tief dunkelblau,
Und feuerfarbene Seidenlager liegen hier in der Sonne purpurn aufgeschlagen,
Und Kokosnüsse, hergetragen und hingeschüttet Haufen von Bananen,
Und drüber gehen flink im Wirbel, als ob dort Mühlenflügel laufen, der Menschen und der Palmen Schattenfahnen.
Und weiße Zebustiere rollen die menschenvollen, buntbemalten Karren,
Die mit geputzten Frauen hin zu der Pagode wollen,
Und Silberflitter, regenbogenfarbige Tücher starren
Aus den geschnitzten grün und blauen Gitterwagen,
Die übers hüpfende Gedräng' die Last der schönen Mädchen bedächtig auf zwei hohen roten Rädern tragen.
Schmächtig sind alle die birmanischen Gestalten, als könnten sie, wie Palmenschatten, sich kaum am Boden halten
Und müßten im Vorübergehen vor deinen Augen, friedlich wie der Rauch des Tabaks, blau verwehen.
Und doch sind diese Straßen trächtig von Haß und Zorn und Leidenschaft,
Und wenn die Augen auch nicht sehen lassen, was sie an Kraft und Wildheit in sich fassen,
Gelassen und doch zuckend, in Ungeduld sich duckend, – so dreht sich vor mir dieser Menschenstrom aus Seide,
Elektrisch und mit heißer Haut in kühlem, dünnem Kleide.

 


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