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Wenn man in den Tagen von Locarno und Genf und nachher, als im Reichstag das parlamentarische Ringelstechen folgte, von einer bangen Frage geplagt wurde, so war es die: Wie lange hält Stresemann durch? Wie lange wird dieser eskapadensüchtigste Außenpolitiker unter der Sonne, sonst stets bereit, Das, was er draußen am Verhandlungstisch errungen, um ein innenpolitisches Linsengericht preiszugeben, diesmal festbleiben? Seit Jahren war er der Einzige von der Rechten – und nicht nur von der Rechten! –, der so etwas wie eine außenpolitische Idee vorzuweisen hatte. Zu einer Zeit, als die Demokratenblätter in einer Weise vom Völkerbund schrieben, die sich nur durch die größere Intelligenz der Diktion von der ›Kreuzzeitung‹ unterschied – schon da wußte Stresemann, daß Deutschlands Weg zu der Verständigung mit Frankreich und nach Genf führen müsse. Doch immer wieder zerschlug seine zapplige Laune, was der dürre Kalkül ersonnen. Im Spätsommer 1924 war die Tür des Völkerbunds offen. Da kam die Parmoor-Affäre, und Alles war wieder aus.
Wen Erfahrungen warnten, der verfolgte Stresemann in Locarno und Genf mit skeptischem Interesse, auf den Augenblick wartend, da der beredte Mund das Werk der behutsamen Hände desavouieren würde. Es ging merkwürdigerweise gut. Stresemann glitschte nicht aus. Nicht mal nachher zu Haus bei Ansprachen an Parteifreunde.
Und nun ist der Unglücksfall doch noch gekommen. Etwas spät, aber grade rechtzeitig, um den Schluß der politischen Saison zu beleben. Seit vor fast einer Woche die ›Times‹ mit Mitteilungen über deutsch-russische Geheimverhandlungen losgeplatzt sind, wissen wir, daß wieder Kräfte am Werke sind, ein hoffnungsvoll begonnenes Unternehmen zu erlegen; und wenn auch von der pompös angekündigten Brücke nach dem Osten nicht viel mehr übrig bleibt als ein paar Latten, die nachher als Verkehrshindernis herumliegen, so erhält doch die Völkerbundspolitik einen bösartigen Stoß.
Zwar wird offiziös versichert, es drehe sich hier wirklich nur um ganz, ganz unverbindliche Unterhaltungen von ungewissem Ausgang, deren Art bei Beginn in Paris und London loyal notifiziert worden sei. Das Foreign Office ist höflich genug, das in einer Notiz für die Presse zu bestätigen. Aber das Echo in der Öffentlichkeit klingt schon weniger freundlich, und zum ersten Mal seit längerer Zeit liest man wieder die altbekannten Klagen, daß Deutschland hinterhältig sei, und daß man mit ihm keinen Vertrag abschließen könne. Fast scheint es, als sei der Wilhelm-Straße vorbehalten, Chamberlain und Briand das rettende Argument für ein Fiasko der Genfer September-Tagung zu liefern. Bemühte Intriganten in London und anderswo werden erleichtert aufatmen: der Sündenbock bringt sich schon jetzt in Empfehlung. Schrecken nicht die Spuren von Rapallo, wo sich die deutsche Delegation von Tschitscherin einseifen ließ? Damals waren die Verhandlungen grade stecken geblieben. Immerhin: Deutschland hatte nichts verdorben. Da kam der große Knalleffekt des deutsch-russischen Vertrages. Lloyd George, dessen flügellahme Reputation die Weltkonferenz nicht mehr tragen konnte, hatte wie ein Geschenk des Himmels den guten Abgang. Deutschland ging bemakelt. Rathenaus »Pace, pace«, bei uns in seiner Wirkung heftig überschätzt, verhallte in Ironie und Übelwollen. Poincaré fand die Marschstraße nach der Ruhr frei.
Nun mag man die Zukunft des Völkerbundes, der eben erst seine konstitutionelle Schwäche fatal genug aufgezeigt hat, sehr kritisch betrachten. Aber wenn man den Gegensatz zwischen Moskau und Genf als gegeben hinnimmt, dann kann man nicht gleichzeitig im Genfer Vorzimmer seine Ergebenheit versichern und im Moskauer Hinterzimmer techtelmechteln lassen, ohne schließlich an beiden Stellen abzufallen. Noch Bismarcks Virtuosität durfte sich erlauben, Außenpolitik rein artistisch zu betreiben. Sein berühmtes Spiel mit mehreren Bällen zugleich blendet unsre kleinen Macchiavells noch heute. In der Tat bleibt dem eingekeilten, überwachten Deutschland nichts übrig als die ungebrochene Linie einer pedantischen Redlichkeit. Leider täuscht man sich wieder gründlich über die Drohungen der Situation hinweg. Man stellt die Veröffentlichungen der ›Times‹ als Ranküne-Akt hin, anstatt sie als Warnungsschuß zu nehmen, und brütet, wer sie wohl veranlaßt habe. Treuherzig wird erzählt, Locarno bedeute keinesfalls eine Option für den Westen, und man habe ja schon damals den Andern unmißverständlich gesagt, Deutschland wolle die Hände frei behalten. (O wie gut kennt man das! Man »behält die Hände frei«, nicht um zu handeln, wie man glaubt, sondern um sich nachher die verbläute Kehrseite zu reiben.)
Es gibt ein Axiom in Deutschland, zäher als das von der Weisheit des Sokrates, über das Schopenhauer gespottet hat: das ist die widerspruchslose Überzeugtheit von der unbedingten Überlegenheit der russischen Außenpolitik über alles Diplomatentum der Welt, und grade die ärgsten deutschen Kommunistenfresser betrachten die Sowjet-Talleyrands als unerhörte Genies. Zugegeben, daß Moskau Talente nicht alltäglicher Art einzusetzen hat: wäre diese hohe Wertung berechtigt, dann müßte doch etwas mehr Erfolg zu spüren sein. Wahrscheinlich verdanken die Russen ihren Ruf noch immer der großen Überraschung von Genua. Man erwartete einen Trupp augenrollender, Manifeste schreiender Bärenhäuter oder saloppe Bohème-Typen wie Radek – und es erschienen einige sehr gepflegte Herren, in keiner Beziehung etwa von den Kollegen des ancien régime unterschieden. Von diesem Überrumplungserfolg haben die Russen lange gezehrt. Niemand zweifelt heute mehr, daß die rote Sintflut geschickte Schneider und tüchtige Unterhändler übrig gelassen hat: aber das kann nicht die Frage ersticken, was die vorzüglich befrackten Herren nun eigentlich im Lauf der Jahre erreicht haben.
Die Antwort lautet nicht sehr günstig. Die Krassin und Rakowski werden persönlich geschätzt; aber ihre Leistung ist überall in den Anfängen stecken geblieben. Die Schuldenbesprechungen kommen nicht vom Fleck; Wirtschaftsunterhandlungen versanden. Nirgends ist politisch auch nur der Schimmer eines Verhandlungsergebnisses zu sehen: in dem großzügigen, sonst gegen politische Albträume so gut gefeiten England wie in der kleinbürgerlich-hasenfüßigen Schweiz herrscht die gleiche Bolschewikenangst. Überall stoßen die Moskauer gegen die gläserne Wand des Mißtrauens, und das wird sich nicht ändern, solange sie dem Diplomaten den Agitator und Konspirator zur Gefolgschaft geben und das russische Versandgeschäft auf Ausfuhr von Revolution beschränken, Revolution in jeder Größe und Qualität: großkalibrige Stücke für China und Indien; niedliche kleine Reise-Necessaires für nomadisierende Araberstämme; Marx-Theorie und Hirtenbriefe für Deutschland; wilde Umsturzprophetien für die frommen Angelsachsen. Die Wirkung dieser neurussischen Landesfrüchte wird von den Empfängern gewaltig übertrieben; aber sie genügen immerhin, um Rußland gründlich zu isolieren. Gegenwärtig, nach dem bösen Rückschlag in China, kommt Moskau dem toten Punkt bedenklich nahe, wenn nicht ...
Aber da ist noch immer Deutschland. Da sitzen gewerbsmäßige Ostpolitiker über Karten, auf denen schwarzweißrote Fähnchen neben sowjet-roten wehen. Auf die Leute ist Verlaß. Es sind nicht Freunde des Sozialismus. O nein. Aber uneigennützige Liebhaber jeder Katastrophe, Feinschmecker weltpolitischer Mißgeschicke. Ihr Denken bewegt sich überhaupt in Katastrophen; sie denken sich von einer Katastrophe zur andern durch. Sie freuen sich an jedem Waffengeklirr. Sie grollen dem Zwangsspruch von Versailles, der sie von solchen Wohltaten ausschließt. Jetzt müssen sie schon seit Jahren mit so einem bißchen Bürgerkrieg vorlieb nehmen, der sich allerdings hauptsächlich gegen Moskaus Freunde richtet. Aber was macht das? Moskau ist so vorurteilslos, wie Rom war, wenn es mit dem Großtürken gegen die guten Katholiken beider Sizilien gemeinsame Sache machte. Deutschland will »Weltgeltung«, will dabei sein, wo gestochen und geschossen wird. Will auch ein bißchen Revanche an Polen. Moskau lächelt verständnisvoll. Moskau denkt nicht im Traum daran, in den Privatangelegenheiten der sich Aufdrängenden den Bravo abzugeben. Aber Moskaus Politik, ganz auf Drohung gestellt, braucht eine neue Vogelscheuche für die imperialistischen Raubgeier des Westens (bis sie sich eines schönen Tages mit ihnen verständigt). Für die ehrenvolle Rolle 140 wird immer wieder Deutschland auserkoren.
Die Geschichte der alten und neuen deutschen Rußland-Politik enthält eine Reihe Kapitel voll unglücklicher Liebe. Immer wieder zog deutsche Sehnsucht nach dem Osten, immer dicker wurden die Liebesdienste, immer umfangreicher die Körbe. Was man aber auch unter Bülow und Bethmann an Enttäuschung geheimst hatte, das sollte überreich wettgemacht werden an jenem historischen Tag des Jahres 1917, da man die Häupter der bolschewistischen Weltrevolution in einem plombierten Wagen durch Deutschland 150 beförderte, um die Petersburger Bürgerrevolution nun endlich in jene Bahnen zu lenken, die die Weisheit der OHL und des Auswärtigen Amtes als die einzig korrekten erkannt hatte.
Warum an diese tollste intellektuelle Niederlage der Weltgeschichte erinnern? Nun, der plombierte Wagen, übrigens niemals ganz ausrangiert, fährt heute wieder. Er ist so etwas wie der Fliegende Holländer unsrer Diplomatie, der Unheil ankündet. Wird der Gespensterkarren auf der Strecke Moskau-Berlin gesichtet, so gibt es regelmäßig eine beträchtliche außenpolitische Entgleisung. Er fährt jetzt wieder fleißig, und sein Lenker ist Deutschlands Vertreter in Moskau, Graf Brockdorff-Rantzau.
In der Dokumentensammlung aus seiner Amtszeit als Außenminister, die dieser unter Wilhelm als Liberaler in Kopenhagen kaltgestellte Diplomat vor einigen Jahren veröffentlicht hat, befinden sich Eingaben an die Regierung der Volksbeauftragten, worin er schärfstes Vorgehen gegen das Rätewesen als Voraussetzung erfolgversprechender Verhandlungen mit der Entente fordert. Er macht seine Berufung davon abhängig, daß »Ruhe und Ordnung« wiederhergestellt wird. Wahrscheinlich haben die energischen Forderungen Brockdorff-Rantzaus die Niederschlagung der Revolution mindestens in gleichem Maße veranlaßt wie der im Münchner Dolchstoßprozeß bekannt gewordene Pakt Ebert-Groener. Ein paar Jahre später ist der beredte Anwalt der Gegenrevolution Gesandter bei dem revolutionären Staat der Arbeiter, Bauern und Soldaten. Inzwischen hat er den Knacks von Versailles erlebt, die Enttäuschung an Wilson. Tödlich verärgert, wirft er sein Ministeramt fort. Das Agrément für Moskau gibt Gelegenheit zur Revanche. Der einstige passionierte »Westler« spinnt sich in eine nebelhafte östliche Orientierung ein. Auf Gedeih oder Verderb an Rußlands Seite. Oft ist diese Ostpolitik östlicher als selbst Tschitscherins. Denn mehr als einmal macht der eine Schwenkung zum Völkerbund hin. Wahrscheinlich weniger russisch fühlend als der deutsche Vertreter.
Kurz vor Locarno kommt Brockdorff-Rantzau nach Berlin. Ein letzter Versuch, was der Kreml nicht wünscht, zu verhindern. Er bleibt länger als sieben Wochen. Kaum, daß er in der Wilhelm-Straße gesehen wird. Er wird Mittelpunkt und Berater der konservativen Diehards, die ihn einst bekämpft und bespöttelt haben. Westarp geht bei ihm ein und aus. Die Linkspresse, deren Liebling er einst gewesen, läßt ärgerlich seinen Berliner Aufenthalt unbeachtet. Es wäre damals besser gewesen, zu reden. Die Saat geht jetzt auf.
Wir möchten dem Auswärtigen Amt nicht eine teuflische Verschwörung gegen das Vertragswerk und gegen Genf unterstellen. So weit zielt unsre Staatskunst weder im Guten noch im Bösen. Unter vielen und einander widerstreitenden Suggestionen wird hier etwas Weltpolitik dilettiert. Die eine Gruppe der Herren lugt nach England, die andre nach Rußland. Der politische Dirigent, Herr v. Schubert, ist ein besonnener Mann, der mit kritischem Sinn die »englische Tradition« wahrt. Eine wirkliche Gefahr ist nur der Leiter der Völkerbunds-Abteilung, Herr v. Bülow, der sich für seine heikle Aufgabe ebenso gut eignet wie etwa Herr Geßler fürs Wehrministerium. Wenn das Amt heute über einem Ostprojekt oder, wie es heißt, gleich über einem »Netz von Paktverträgen« schwitzt, so entspringt das zunächst nicht dem Wunsch, die Methoden von 1925 lahmzulegen, sondern dem bedenklichsten Punkt des Locarno-Abkommens überhaupt.
Sagen wir es doch endlich einmal offen heraus und ohne den feierlichen Sums von den Friedensfürsten Briand, Chamberlain und Luther. Nach Locarno kamen nicht Künder neuer übernationaler Ordnung, sondern ein paar hartgesottene Routiniers, die statt der alten, im Kurse gesunkenen Gewaltrezepte einmal Pazifismus anwenden wollten, so wie ein eingefuchster Chirurg rein aus Interesse am Versuch gelegentlich statt des Operationsmessers Homöopathie anwendet. Viel mehr wert als die paraphierten Bruderküsse war das unwillkürliche Aufatmen bei den sonst so robusten Nationalen hüben wie drüben, war der Nachweis, daß man Uneinigkeiten zwischen Staaten nicht nach dem Raufkomment zu erledigen braucht, sondern daß es ebenso gut in Formen geht, wie sie unter zivilisierten Menschen sonst üblich sind. Die Demonstration dieser Tatsache: das war der eigentliche und nachwirkende Gewinn jener Tage. Die politische Ausbeute ist trotz aller Triumphchöre geringer und zweifelhafter. Schon in Genf zeigte sich erschreckend, was aus den Gedanken der neuen Welt wird, wenn sie von Männern der alten ausgeführt werden sollen. Der Pazifismus ist eine absolute Forderung und kein diplomatisches Manöver (»im schlimmsten Falle schadet es nichts«). Man kann nicht den Frieden als Drohung ausspielen, wie sonst den Krieg.
Deutschland führte nach Locarno nicht der Wunsch, in den Völkerbund hineinzukommen – das wäre früher und unkomplizierter möglich gewesen –, sondern der Wunsch, unter Verständigung mit den Siegerstaaten um den Völkerbund und seine unbeliebten Bindungen herumzukommen. Der Garantiepakt: das macht zum Verbündeten, erhebt wieder in Großmachtrang, verschafft wahrscheinlich – wieder Einreihung in die Kolonialmächte, Erlaubnis zu neuer Aufrüstung. Völkerbund: das bedeutet Gleichstellung mit Haiti oder Liberia, internationale Rechtsprechung, ausgeübt vielleicht von einem Gelben oder Braunen.
So steht Deutschland denn endlich am Portal des Bundes; aber mit ihm kommt ein System von Verträgen, sehr geeignet, seine ohnehin gebrechliche Souveränität völlig zum Spiel der Winde zu machen. Unter der gefälligen Maske »Friedenspakt« sind die Allianzen wieder in Europa eingekehrt. Und es ist nur logisch, daß die Kleinen anfangen, die Großen zu kopieren. Daß sich überall kleine Konkurrenz-Locarnos aufmachen. Daß man überall Bündnisse abschließt, um – den Frieden zu verteidigen. Und es bleibt eine praktisch zwar leer demonstrierende, der ästhetischen Anmut dennoch nicht entbehrende Bosheit, wenn Rußland jetzt anmeldet, daß es, frisch nach der groben Absage an die Abrüstungskonferenz, sich anschickt, im Osten sein eignes Locarno zu konstruieren. Komisch ist nur der erfinderischen deutschen Köpfen entsprungene Einfall, nun auch noch dieses Locarno mitzumachen, weil man ja keine Gelegenheit versäumen darf, seine Visitenkarte als wiedergeborene Großmacht abzugeben.
Locarno mag dem Pazifisten keine ungeteilte Genugtuung bereiten. Aber über die Wegrichtung ist entschieden, und was wird, wenn wieder einmal abgeblasen, wieder einmal nach der andern Seite hin ins Dunkel getastet werden soll, das weiß kein Gott und kein Stresemann. Schließlich können auch einmal wieder unangenehme »Rückwirkungen« kommen. Gewöhnlich zeigt sich das zuerst in einer regern Tätigkeit der Militärkontrolle.
Jedenfalls hat die deutsche Öffentlichkeit ein Recht zu erfahren, was im Geheimen gespielt worden ist, und welcher Art die neuen Ostpläne sind. Beschwichtigungen, daß Alles so schrecklich harmlos sei, und daß England überhaupt von vorn herein sein Plazet erteilt habe, langen nicht hin. Wir kennen diese offiziösen Flötentöne vor noch jeder außenpolitischen Schlappe. Und wir kennen Herrn Stresemann und seine Unbedenklichkeit, um ein Kleines das Größere herzugeben. Und wir kennen Herrn Dr. Luther, der auch unter den wütendsten Befehdungen der Rechten niemals ein hartes Wort nach dieser Seite gesandt hat. Soll etwa wieder für ein innenpolitisches Geschäft die Außenpolitik das Kompensationsobjekt liefern?
Wie das verzwickte Mantel- und Degenstück um die Ratssitze im Herbst auslaufen wird, das weiß noch Niemand. Sorgen die Lenker der deutschen Politik noch für einige kleine Überraschungen nach dem Muster der russischen, dann dürfte Herr Chamberlain allerdings von einer schweren Sorge befreit sein.
Dann braucht man Herrn Mello Franco gar nicht erst aus dem brasilianischen Urwald zu bemühen. Der deutsche Urwald hegt noch ganz andre Gäste.
Die Weltbühne, 20. April 1926