Rahel Varnhagen von Ense
Rahel und Alexander von der Marwitz in ihren Briefen
Rahel Varnhagen von Ense

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29.

Rahel an Marwitz.

[Teplitz,] Sonntag früh d. 8t. September 1811.

Ich freue mich unendlich mit Ihren Brief. Kommen sollen Sie nicht. Daß Sie kommen wollten, lieber Freund, ist ein heilendes, beruhigendes Bewußtsein für mich. Bleiben Sie in Ihrer Stimmung. Ich störe Sie gewiß in nichts; denn wenn ich Sie störte, würde ich es merken. Sonnabend früh reise ich von hier mit Dore und einem unschuldigsten Herrn von Kleist, einem jungen Ruhrländer, den ich los bin, sowie wir vom Wagen steigen, und den ich nahm, weil ich nicht gern ohne Bedienten reise, und der Kosten halber. Sonnabend Abend also sehen wir uns. Mieten Sie uns ein konvenables Logis, aber nicht im Wirtshaus. Ich könnte bei dem Baron Grotthuß wohnen in der Pirnaer Straße, seine Frau ist nach Wien und hat mir dies angeboten; sein Haus hat einen Garten. Nicht unangenehm in dieser Jahreszeit; viel ausgeben kann ich auch nicht mehr. Jedoch denken Sie, daß es konvenabler ist, wir wohnen anderswo, so ziehe ich in Herzensfreude mit Ihnen, wo Sie wollen. Madam Frohberg reist erst mit de Ligne von hier den 23t. und wohnt nicht mit uns. Dann bleibt sie noch ein paar Tage in Dresden, und dann reist ein jeder von uns in einem andern Wagen nach Berlin. Auch kann ich dann wohl ein wenig länger bleiben, wenn es Ihnen konveniert. Absteigen kann ich auf jeden Fall bei Grotthuß. Lassen Sie sich von Lippe im Logis helfen, und schreiben Sie mir noch einmal mit Post oder Gelegenheit hier her; es gehen Millionen, das müssen Sie Grotthuß fragen lassen, dem ich ein paar Worte hier einlegen werde, die Sie gleich abschicken. Es ist auch wohl besser, ich wohne mit Dore und Ihnen für mein bares Geld. Sehen Sie nur, daß ich eine Matratze kriege, mein einziges Bedürfnis, weil ich auf Betten nicht schlafen kann. Sie haben nicht nötig mich los zu machen; dies war nie nötig. Und alles ist milder. Mündlich das Widersprechendste. Ich kann in Dresden leben, wie ich will, und, wenn ich will, niemanden sehen. Grotthuß schreibe ich hierin, ob ich noch bei ihm absteigen kann im Fall ich kein Quartier habe, welches Sie mir dann beim Entgegenkommen sagen, auch Grotthußen. Ich schreibe abends ihm, ich komme Sonnabend oder Sonntag, damit er mir nicht entgegenkommt. Adieu. Gott stärke Sie, daß Ihnen die große Stimmung bleibt! Sie werden auch mich gut finden, das Wetter und die Menschenleere tun mir gut. Leben Sie wohl!

R.R.

Ich hatte überlesen und nicht bedacht, daß Sie schon im Engel wohnen und also mich da auch einmieten wollen. Wie Sie wollen. In der Pirnaischen Straße bin ich zu weit von Ihnen. Und ich habe nichts wider den Engel, als daß es ein Wirtshaus ist, und daß ich die Preise nicht kenne. Kurz, wie Sie es ausdrücken. Absteigen kann ich ja in jedem Fall im Engel, und konveniert es mir nicht, zu Grotthuß oder chambre garnie ziehen. Also dem schreibe ich nun gar nicht, und ziehe zu Ihnen. M[arwitz] es ist viel, daß ich das Glück in Dresden haben soll. Und wie man zuredestellend zum Himmel spricht und schaut, so sage ich ihm dies jetzt. – Wo ist denn Ihr Bruder und Ihre Schwägerin? Man sagte, hier in Dresden.


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