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Dresden, Sonnabend d. 6t. Septbr. [1811], Morgen 7 Uhr, im Goldenen Engel.
Gestern, liebe Rahel, bin ich hier angekommen und habe Ihre beiden Briefe gefunden. Ich schicke Ihnen einen Boten, um zu erfahren, in welcher Stimmung Sie jetzt sind, ob es Ihnen nötig ist, daß ich Sie von Töplitz abhole, denn auf längere Zeit kann ich nicht hin, äußerer Rücksichten wegen, die ich Ihnen mündlich entwickeln werde, viel mehr aber innerer halber. Mein Geist ist vielleicht schärfer als je, meine Seele erhabener gestimmt. Ich sehne mich unglaublich nach dem Altertum, nach den großen Kunstwerken der neuen Zeit, nach einer würdigen Einsamkeit, nach solitären Spaziergängen in Tharandt, im Plauenschen Grunde, in der Sächsischen Schweiz mit Ihnen. In Euer gemeines Nest, in Eure elenden stagnierenden Kotterien, denen man sich doch nicht entziehen kann und die doch infizieren, mag und kann ich nicht hinabsteigen, überhaupt ist es mir sehr unbequem, auch nur für einen Augenblick nach Töplitz zu gehen, meiner ehemaligen Kameraden halber, die ich nicht vorbei gehen kann, ohne, wenn auch nicht in ihrem Sinne, doch in meinem, atroce zu erscheinen; sie aber aufzusuchen, würde mich noch mehr quälen, weil es mir Zeit raubt und mir schadet durch ermattende Gespräche und durch die Anschauung dürftiger Verhältnisse. Diese Rücksichten aber fallen weg, und ich komme, wenn es Ihnen noch so Bedürfnis ist, wie Sie es in Ihrem ersten Briefe aussprechen. Warum aber? Muß ich Ihnen helfen von Varnhagen loszukommen? Aber basta. Antworten Sie mir nicht auf diese Fragen, überlegen Sie nur Ihre Lage, die meinige, die in der Tat große Unbequemlichkeit, Leute vor den Kopf zu stoßen, mit denen ich der Gegenwart und der Zukunft halber in einem freundlichen und ungestörten Verhältnis bleiben will, und bestimmen Sie, was ich tun soll. Soll ich Sie abholen, so komme ich Dienstag, bleibe Mittwoch in Töplitz (im strengsten Inkognito, reden Sie daher zu niemand davon, außer, wenn es nötig, zu Varnhagen), und Donnerstag reisen wir hierher zurück. Wollen Sie unabgeholt kommen, so schreiben Sie mir, an welchem Tage; ich erwarte Sie alsdann in Zehifta, der letzten Station diesseit, im Posthause und führe Sie in unser Quartier, das unterdes besorgt sein soll. Liebe Rahel, Dresden ist sehr schön, man kann hier in einem edlen Stile leben. Sie fühlten es, wie Sie hier durchgingen, und schrieben es mir.
A.M.