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Mittwoch, d. 27t. Februar 1811.
Ich muß Ihnen schon wieder einen großen Brief schreiben, darin kann ich Ihnen gar nicht helfen. Erstlich, denn es steht mir noch zu sehr vor der Seele, hätte ich tausend Scudi gestern für Sie gegeben; denn so kronendumm sieht man die Herz nie wieder. Es ist umsonst! Gott gab mir dazu keinen Zeugen. Sie saß während der Vorstellungen neben mir, und kurz, sie gab mir eine solche Antwort, daß plötzlich ein Gewitter von Schweigen um mich gezogen war, und ich, was der Franzose je restois court nennt, bleiben mußte. Das erschrak auch sie, dieses Aftergebilde, – sie ist außer der Natur, ein Zauberkind hat sich an ihr versucht – und sie setzte noch etwas in Worten drauf, was ich Ihnen nur als acteur nachmachen muß. Was alle diese, ja beinah krankhaften Stupiditäten von dieser Abscheulichen so in mir in Bewegung setzt, das sind ihre Gemeinheiten und schlechte Gesinnung, die sie affectiert, pomphaft und gewichtdumm zu Markte brachte. Ohne Ahnung eines Geistes, der es gewahren, einer Seele, die es verabscheuen muß. Nein, die Weiber sind zu schrecklich. Schaffen Sie mir doch eine, die ich lieben kann! Alles dies ist nur reiner Ärger, das Wesentliche kommt nun erst. Sie werden wissen, daß B[arnekow]s Duell gut für ihn und ehrenvoll abgelaufen ist; er kam also mit seinem Sekundanten gestern Vormittag zu mir, ohne mich zu treffen. Ich sah sie nachher auf der Straße und bat sie zu heute Abend, weniger könnt' ich nicht tun. Graf Egloffstein kommt, auch Herr von Quast, Madame Herz hatte ich vor ihrem Debit auch gebeten, das mußte ich Sie wissen lassen, damit Sie nicht in solche Gesellschaft unverhofft plumpen. Böse bin ich genug, daß Sie so ein alter Mann sind, daß man von so etwas prevenieren muß. Heute ist es aber doppelt nötig, da ich Herrn von Scheibler gar nicht kenne, und Sie nur beurteilen können, wie dgl. auf ihn wirken kann. Frau von Grotthuß vergessen Sie doch nicht. Adieu! Wie war die Herz schrecklich, vielleicht lass' ich ihr absagen. Nämlich sie kommt nicht gewiß und will mir einen Gast, den sie bekommt, mitbringen; aber darüber hab' ich mich anders besonnen, das will ich nicht. Bringen Sie ein Federmesser mit!
R. R.
Durch den persönlichen Verkehr Rahels und Marwitzens stockte der Briefwechsel: nur einzelne kleine Blättchen sind handschriftlich vorhanden. Jedoch muß ein Brief der Rahel diesem vom 27. Febr. vorangegangen sein, der verloren ist. – Hier zum ersten Male offenbart sich der Zwist zwischen Rahel und Henriette Herz in seiner ganzen Schärfe, die zu Ungunsten der ersteren ausschlägt. Aus dem Verkehrskreise der Rahel treten neue Namen hervor. – von Barnekow war Offizier, später Major im Ersten Garde-Regiment. – Graf Friedrich Leopold Egloffstein, Geh. Regierungsrat und Kammerherr. – von Quast, Geh. Staatsrat. – Frau Sara von Grotthuß, geb. Meyer, stand in Berlin inmitten des literarischen Kreises, und trat, als sie in Dresden lebte, mit Rahel in Briefwechsel.– – Geh. Oberjustizrat von Scheibler war ein Freund der Familie Schede.