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Die Drechselbank im Olymp.

Ein Scherzgedicht.

Erstes Capitel.

Götterrath. Damen-Visite. Entwurf.

Langweilend spann Gott Jupiter
An der Phantomenkunkel,
Sein hoher Rath saß um ihn her,
Gehüllt in ernstes Dunkel,
Und riß das Maul oft angelweit,
Als wollte er die Ewigkeit
Verschlingen, auseinander.

Mit einem Male flog Merkur
Herein in gelber Jacke,
Mit Bettelbriefen in Fractur,
Und einem Aktenpacke,
Worin, von Spanien bestellt,
Ein Schuft die Sünden dieser Welt
Den Göttern einberichtet.

Senatus zog den Athem tief
Herauf vom Grund der Nieren,
Und Zevsens Adlerklaue griff
Mit Hast nach den Papieren;
D'rauf steckte er die Brille an,
Die ihm der Küster Tiedemann
Zu dem Geburtstag schenkte.

Doch weil die Großen selten recht
Durch fremde Brillen lesen,
So ging es ihm halb recht, halb schlecht,
Bei seinem Lectorwesen.
Lateinisch buchstabirte er,
Wie er's beim Pater Fütterer
In Ochsenhausen lernte.

Das große Sündenprotocoll
Ward jetzt zur Hand genommen;
Und Alles harrte sehnsuchtsvoll
Der Dinge, die da kommen,
Als Zevs das Titelblatt zerriß,
Perück' und Hut an Boden schmiß,
Und kakerlakisch fluchte.

Er hatte das fatale Glück,
Just die Rubrik zu finden,
In der's lateinisch hageldick
Gestrotzt von alten Sünden,
Die noch auf dem Papier sogar,
Vor seinen Augen, Paar für Paar,
Unzüchtiglich sich mehrten.

Nun nahm, den cher Papa nicht mehr
Auf's Neu' zu disgustiren,
Sein Hofkaplan die Schriften her,
Um gleich zu referiren;
Setzt jesuitisch sich an's Brett,
Und declamirte clara et
destincta alta voce
:

» Praenobiles und weit und breit
Belobte Senatoren,
Im Mutterleib der Ewigkeit
Zum Herrschen schon erkoren!
Vernehmet sammt und sonderlich,
Was maßen bei der Menschheit sich
Ein Sündenwust ergeben.

Die Welt ist, salva venia,
Ein geiles Häuflein Dünger,
Ein allgemeines Sodoma,
Ein Spielplatz langer Finger.
Todsünden – o, daß Gott erbarm'! –
Die tanzen nackend, Arm in Arm,
Den Cotillon und Walzer.

Vorzüglich ist mit nichten gut
Die Kinderzucht beschaffen,
Es ist ein wahres Institut
Für Sperlinge und Affen;
Das Kindlein schwimmt in Zärtlichkeit,
Und prügelt bald aus Dankbarkeit
Herrn Vater und Frau Mutter.

So läßt, Exempli gratia,
Uns Herr Agent hier wissen,
Jüngst hab' ein Knäblein der Mama
Die Nase abgebissen,
Blos, weil sie ihm einmal zu tief,
Als es bei seiner Kindsmagd schlief,
In seine Karten guckte.

Am allerschlimmsten noch verhält
Sich's mit den Glaubenslehren;
Kein Mensch will mehr sich auf der Welt
Zur Gottesfurcht bekehren.
Man glaubt an's Brod, Fleisch, Wein und Bier,
Und ob uns Göttern lacht man schier
Sich bucklig in der Kirche.

Die Hoffart putzt sich nicht allein
Mit Kleiderpracht und Mode;
Sie führt auch neue Flüche ein
Nach Luzifers Methode,
Und fast in jedem Testament
Verbleibt ein neuer Saperment,
Als ein Legat, den Erben.

Noch ist aus dieser Schreiberei
Des breitern zu ersehen,
Was durch den Fraß und Füllerei
Für Unheil jüngst geschehen;
Wie viele Bäuche, dick und schlank,
Vom Ueberfluß an Speis und Trank,
Wie Bomben flugs zerplatzten.

Auch ist die Liste beigeschickt
Von allen Schmauspatronen,
Die an den Schinken schon erstickt,
Und Wildpretportionen;
Nebst einer großen Litanei
Von schnell zerborst'nen Hirsebrei-
Und Leberknödelfressern.

Man sieht in jedem Gremio
Herrn Neidhart präsidiren,
Und an des Nachbars »Feurio!«
Sich weidlich amüsiren;
Denn gern gäb' Paul ein Auge d'rum,
Könnt' er den Bruder Peter um
Die lieben beiden bringen.

Und hier – O du allmächtiger
Verschwender deiner Gnade!
O Zevs! Hol' alle Blitze her
Aus Vulkans Zunderlade;
Bestraf' des Geizes Rabenlist,
Der seine eig'nen Knochen frißt,
Und doch dabei verhungert!

Hier folgt die Consignation
Von Nullenfabrikanten,
Von Juden, Mäcklern, so wie von
Den Lief'rungsspeculanten,
Die auf Thermin und Ehrenwort
Der bied're Teufel da und dort
Von ihren Kisten holte.

Auf Faulheit, Zorn und Menschenhaß
Wird gar nicht mehr geachtet,
Der Mord mit Gift und Dolch für Spaß
Vom Stärkeren betrachtet.
Man stiehlt ganz öffentlich, und keck
Stellt man den Grundsatz auf, der Zweck –
Der heilige die Mittel.

Dann puncto sexti – Ach, da ist
Kein Härlein mehr zu retten!- -
Die Menschheit steckt zu tief im Mist,
Da hilft kein Schrei'n und Beten:
» Procul recedant somnia,
Ne polluantur corpora!
«
Der Teufel ist zu pfiffig.

Ein jedes Taufbuch offerirt
Exempla peccatorum,
Und hochstolzirend prävalirt
Der Index spuriorum;
Nam dicunt
selbst legitimi,
Quod tenebrarum filii
Sint sapientiores.

Kurz, nicht um eine Pfeif' Tabak
Möcht' ich die Welt mir kaufen.
Sie ist ein alter Sündensack,
Und voll ist nun der Haufen.
Sieht dies ein weiser Götterrath
Jetzt noch nicht ein, so könnt' zu spat
Die Reue kommen; Punctum.«

Nachdem gebührend Referent
Die Akten übergeben,
Sah man ein hohes Rathsconvent
Bedächtlich sich erheben;
Zevs aber, blind von Zorn und Hitz',
Schwang seinen schwersten Rächerblitz
Empor, und sprach, wie folget:

Wir, Zevs, allmächtigster Regent
In unsern Götterstaaten,
Großmogol, Sultan, Präsident
Olympischer Magnaten;
Vom himmlischen Jerusalem,
So wie vom ird'schen Bethlehem
Besitzer und Beschützer.

Blitzschleuderer, und Schrecken der
Centauren und Giganten,
Erzbombardier, und Bändiger
Der höllischen Trabanten;
Reichsfreiherr in Arkadien,
Hofkuhhirt in Thessalien,
Und dato Gott der Götter:

Mißfällig haben Wir jetzt aus
Dem Referat vernommen,
Wie weit es mit dem Saus und Braus
Der Menschenrace gekommen;
Wie sie ihr Leib- und Seelenheil
Mit Füßen tritt, und 's Hintertheil
Uns Göttern höhnisch weiset.

Wir geben allergnädigst nun
Euch Wort und Brief und Siegel,
Eh' nicht zu rasten und zu ruh'n,
Bis dieser Lumpenzügel,
Der 's Brod um Gottes Willen frißt,
Und doch ein Gottesläugner ist,
In Staub und Asche flattert.

Schon selbst die Elemente sind
Ein Schimpf für den Verfasser,
Die Erde viel zu dürr, der Wind
Zu kalt, zu naß das Wasser,
Das Feuer keinen Heller werth,
In Köpfen, so wie auf dem Heerd,
Zu faselnd und zu flackernd.

D'rum, furiat Justitia!
An Uns kömmt jetzt das Lachen,
Wir wollen aus dem Hopsasa
Ein Misereremachen.
Mars! pfeif' er gleich zum Fenster 'naus,
Was Urlaub hat, das soll nach Haus,
Das Vaterland zu retten.

Ist dann auf Unsrer Burgbastei
Das Schützenkorps versammelt,
So haue man den Strick entzwei,
Woran die Sonne bammelt.
Man reiß' den Mond vom Firmament,
Und wo ein Sternenlämpchen brennt,
Schmeiß' man's hinab zur Erde.

Er, Bruder Neptun, mach' den Mann
Mit seiner Wasserspritze,
Und spritze, was er spritzen kann,
Ich donnere und blitze,
Fass' jeden Fixstern bei dem Zopf,
Und werf' dem nächsten besten Tropf
Ein Loch damit in Schädel.

Was lebt und schwebt und klotzt und wallt,
Dem soll der Buckel jucken.
Er, Pluto, bleib' im Hinterhalt
Mit seinen Mamelucken;
Wer uns entwischt, den führ' er gleich
Hinüber in sein Schwefelreich,
Wo's Schlangenschwänze regnet.

So lautet Unser Richterspruch
Und Allerhöchster Wille;
So lasen Wir es in dem Buch
Der Zauberin Sibille.
Gebt euch, ihr Herren, jetzt die Müh',
Mich zu versteh'n, dann lass' ich die
Allarmkanone krachen. –

So schloß vor dem Collegium
Sein Wort der Chef der Götter,
Und brummte ein Präambulum
Zum nahen Donnerwetter.
Mars starrt' bedächtlich vor sich hin,
Stützt' mit der flachen Hand das Kinn
Und schüttelte den Nacken;

»Verzeihen Eure Herrlichkeit!
Kann's nicht so ganz begreifen,
Hab' auch nicht Lust, so vor der Zeit
In Tag hinein zu pfeifen.«
Recht, sprach Neptun, das Parlament
Hat auch noch, eh' man sengt und brennt,
Darüber zu votiren.

Ganz recht, schrie Meister Vulkan aus,
Mir wär's, bei meiner Ehre,
Nicht lieb, wenn ich gar Hof und Haus
Bei diesem Spaß verlöre.
So wie um's Waschhaus dem Neptun,
Ist's um die Schmiede mir zu thun;
Ich hab' ein Weib, Sie Kinder.

Auch Ich kann mich zum Sturz der Welt,
Sprach Pluto, nicht bequemen,
Denn, wenn es uns an Menschen fehlt,
Wo wieder and're nehmen?
Mit dem Ruin von dieser Race
Ist's Teufelholen und mein Spaß
Auf immer mir verdorben.

»Pah! pah! 's ist blos Windbeutelei,
Sind blos Tyrannenflausen.
Es wär' die größte Narretei,
So mit der Welt zu hausen!«
Murrt Vater Bacchus, »soll mein Rhein-,
Champagner- und Burgunder-Wein
Denn auf den Wolken wachsen?« –

Indessen zupft halb sau'r , halb süß,
Merkur an seiner Weste,
Und denkt, wenn man's beim Alten ließ,
So wär' es halt das Beste;
Denn Unsereins steht hier in Ehr',
Und dort noch extra im Verkehr
Mit Krämern und mit Dieben.

Apoll, als Actuarius,
Der gerne Glossen machte,
Und immer, wie Democritus,
Rathsherrenmäßig lachte,
Sprach leise dem Merkur in's Ohr,
Der wie ein Blitz sich dann verlor,
Und wieder retournirte.

Zevs fing, in Zorn und Ungeduld
Wildschnaubend, an zu schmauchen –
»Beliebt euch's, meine Gnad' und Huld
Noch länger zu mißbrauchen,
Ihr Herr'n von Ja und Herr'n von Nein?
Apoll! Tauch' er die Feder ein;
Mein Votum gilt für Alle.«

Schon thät in einem Drillingsrad
Er seine Feder schwingen,
Um auf's Papier in Huld und Gnad'
Sein Pereat zu bringen. –
Es schrieb und schrieb Herr Mundifex
Und als man guckte, lag der Klecks
Total auf der Manschette.

Und als er jetzt zum Höllenpfühl
Den Federnschneider fluchte,
Und seinen alten Zauberkiel,
Der sonst von selbst schrieb, suchte,
Sprang plötzlich auch das Demantschloß
Am Flügelthor des Saales los,
Und Zevs war jetzt – zerschmettert.

Es fuhren Ihro Majestät,
Höchstdessen Frau Gemahlin,
In Gold und Silber eingenäht,
Als Götterprinzipalin,
Herein, in ihrem Phaeton
Von Bernstein, und gezogen von
Zween wunderschönen Pfauen.

Ihr folgten ohne Zeitverschub,
Wie von der Luft getragen,
Frau Venus und ihr blinder Bub',
Im Spitelberger Wage«.
Sie nickten Jedermann galant,
Und hatten Schimmel angespannt,
Vom Taubenhändler Meyer.

Ein Postzug von acht Hirschen war
Dianens Equipage.
Stolz saß sie da, und hatte gar
Zu fahren selbst Courage;
Zur Linken ihren Vorstehhund,
Ihr Hüfthorn um den Nacken, und
Zur Rechten Pfeil und Bogen.

Auch Ceres sah man hinterwärts
Mit der Minerva kommen,
Welch' Erste sich aus gutem Herz
Derselben angenommen,
Damit sie durch die Sphärenwelt,
In der man leicht den Kopf zerschellt,
Doch einen Führer hätte.

Mit ihren Löwen rumpelte,
Zum Schluß der Karavane,
Die alte Frau von Cybele,
Die fromme Götter-Ahne,
Und weinte laut und bitterlich,
Daß ihr Herr Sohn so wenig sich
Um seine Mutter kümm're.

Sank Zevs, versteinert, als Madam
Ihn embrassirte, nieder,
Erstand er jetzt, da Venus kam,
Als Butterballen wieder,
Und wie in einem Zauberkreis
Stand er verblüfft, und kalter Schweiß
Lackirte seine Stirne.

Auch eben wollt' als Galanthomme
Er sich – prostituiren,
Und 's Knasterpfeifchen zum Willkomm
Den Damen präsentiren,
Als Juno ihm zu Leibe kam,
Und zärtlich sich die Mühe nahm,
Kalabrisch ihn zu waschen:

»Verzeihen Sie, mein Herr Gemahl,
Daß wir galante Damen
So ungalant in ihren Saal
Hereingefahren kamen.
Ich weiß, es brennt das Vaterland;
D'rum sind auch Wir jetzt bei der Hand
Mit unsern Feuerkübeln.

Sie haben Lust, so viel ich hör',
Mit allen Ihren Häschern,
Die Welt durch Blitze, kreuz und quer,
Erbärmlich einzuäschern.
Bravo! O Sie Allwissender,
Allsehender, Allhörender,
Herzliebster Vocativus!

Sie werden doch Arkadien,
Wo hübsche Kinder wohnen,
Sicilien, Phönizien,
Et caetera verschonen. –
Besonders jenen Tummelplatz,
Wo Bären, Kühe, Hund' und Katz'
Mit Göttern commerciren?

Und – wann belieben Sie wohl dies
Spektakel zu erheben?
Auch werden vor der Hand gewiß
Entree-Billets gegeben? –
Recht gerne zahlen Wir voraus;
(Sie schüttelte die Börse aus)
Hier sind sechs gute Groschen.

Wenn durch Ihr Spiel dann Herr Gemahl
Uns zu gefallen suchen,
Und als Panduren-General
Dabei kroatisch fluchen,
So zahlen Wir nochmal so viel,
Und lassen jeden Tag das Spiel
Ein Paarmal repetiren. –

Ja wohl! Das liebe Weltrevier
So auf den Kopf zu stellen!
Pfui! Schämet euch, ihr Pfuscher ihr!
Ihr Hudelmanns-Gesellen!
Habt ihr was Dummes d'ran gemacht,
Seyd wenigstens so fein, und lacht
Darüber euch zu Tode.

Wie? Ihr wollt' frechen Angesichts
Euch an den Menschlein rächen?
Habt ihr zu euerm Spaß aus Nichts,
Mit trüglichem Versprechen,
Sie an das Tageslicht gezerrt,
Und in ein Narrenhaus gesperrt,
Für spöttisches Erbarmen?

Euch – die es kitzelt, wenn mit Lob
Dies Bettelvolk euch huldigt,
Das sterbend lebt, und doch darob
Noch knieend sich entschuldigt –
Euch gab's die lange Weile ein,
Sein Henker und Tyrann zu seyn,
Ihr Sünderfabrikanten!

Obgleich ihr nicht so höflich war't,
Uns Damen einzuladen,
So bringt euch unsre Gegenwart
Mehr Nutzen doch als Schaden;
Denn Wir erklären die Tendenz
Von eurer Winkelconferenz
Hiemit für null und nichtig.

Beschämend ist's, sich vor der Welt
Als Pfuscher sich bekennen,
Und lächerlich für den, der fällt,
Tanzmeister sich zu nennen;
Allein das Kindlein seiner Kunst
Im Zorn erschlagen, heißt, mit Gunst!
Das Narrenhandwerk treiben.

Doch, um den göttlichen Senat
Nicht zu prostituiren,
So wollen wir mit gutem Rath
Euch diesmal noch fetiren;
Bringt dann der Welt es füglich bei:
In euerm eig'nen Hirntopf sey
Dies Wunderkraut gewachsen.

Für's Erste, laßt die Erde fein
In alter Form und Wesen,
Und faselt nicht in Tag hinein,
Mit euerm groben Besen;
Was dann am Völklein euch verdrießt,
Das hobelt, wie's zu hobeln ist,
Nach Land'sgebrauch und Sitte.

Doch paaret nicht zum Zeitvertreib
Die Gegen-Elemente;
Bemesset klug für Geist und Leib
Geschäfte und Talente.
Ganz sey ein Jeder, was er ist,
Sey's Pfaff', Arzt, Bau'r, Soldat, Jurist.
Sey's König oder Bettler. –

Und um die Schelmen, die schon sind,
Nicht schlechtweg todt zu schlagen,
Und dann mit einem Wirbelwind
Noch durch ein Sieb zu jagen,
Errichtet eine Drechselbank,
Sie, wie ihr's braucht, dick oder schlank,
Dumm oder klug zu schnitzeln.

Schafft einen Vorrath euch zur Hand
Von Ohren, Nasen, Augen,
Und Mäulern, die für jeden Stand
Am allerbesten taugen.
Wem's an zwei Mäulern nicht genügt,
Dem gebet drei; manch Andrer fügt,
Ganz stumm zu seyn, sich willig.

Dies gibt euch hübsch Gelegenheit,
Allgütig euch zu zeigen,
Und vielem Korybantenstreit
Auf immer vorzubeugen;
Auch wird das Eumolpidenheer
Aus Millionen Gurgeln mehr
Euch loben und besingen.

So lautet Unser Rath, und Ihr
Habt nun den Stein zu heben.
Adieu, Messieurs! Euch wünschen wir
Indessen wohl zu leben.
Wird's wieder Feurio im Staat,
Mag sich an uns ein weiser Rath
Ein Bischen früher wenden.« –

So lüftete von Zwang und Drang
Sich Juno Brust und Magen,
Schnitt spöttisch einen Kniks, und sprang
In ihren Bernsteinwagen –
Und husch! war 's ganze Damencorps
Hinaus zum gold'nen Flügelthor
Verflogen und verschwunden.

Wie's Aehrenfeld, das Gottes Hand
Im Grimm zusammenhagelt,
Den stieren Blick fest an die Wand
Des Saales angenagelt,
Stand noch gebeugt der hohe Rath,
Und calculirte, das Quadrat
In's Zirkelrund zu bringen.

Als plötzlich sich ein Donnerschlag
Ex altis producirte,
So, wie wenn seinen Namenstag
Der Satan celebrirte;
Und ecce: Dreifach inspirirt,
Das Haupt mit Flämmchen decorirt
Erhoben sie sich wieder.

Ihr Brüderchen! schrie Jupiter,
Jetzt haben wir's gewonnen,
Mir flimmert um die Augen her
Ein Ocean von Sonnen.
Jetzt ist mir's vor der Stirne klar –
Setz' er sich gleich, Herr Actuar,
Und schreib' er mir dictando.

Was braucht's, erwiederte Neptun,
Den Quark dahin zu kratzen!
Wir wollen gleich, was gut ist, thun,
Und nichts darüber schwatzen.
Ich denke halt, wir werden das,
Was vor die gnädige Frau Bas
Uns hergeschnipst, befolgen.

Ich, sprach Gott Bachus, stimme bei;
Was hilft es, wenn man zaudert?
Das Bäschen hat, bei meiner Treu'!
Uns warm an's Herz geplaudert.
Ich stell' mich extra bei ihr ein,
Sie soll sechs Flaschen Ziperwein
Zum Frühstück von mir haben.

Bon! murmelt Mars in Bart hinein,
Dabei will ich serviren;
Soldaten brauchen nicht mit Wein
Den Damen zu hofiren.
Sind Herz und Hut am rechten Sitz,
Et le Courage am Degenspitz,
Patsch, streckt der Feind die Waffen.

Pluto, Vulkan, Merkurius,
Ertheilten gleiche Voten,
Auch gab Apoll, zum Ueberfluß,
Das seine gar mit Noten.
Sogar der Gotter Urpapa,
Herr Coelus, schüttelte sein Ja,
Als Pfeffer an die Suppe.

Mit Renommistengaudium,
Durchdampft von Götterknaster,
Stieg hochstolzirend Zevs herum
Auf seinem Sternenpflaster,
Und dachte laut: Sind Mann und Weib,
Secundum Bibliam Ein Leib,
Sind sie auch Eine Seele.

Wir ergo han zu Ruhm und Dank
Das Lichtlein angezunden,
Wir, Zevs, die Menschen-Drechselbank
Ipsissime erfunden! –
Sogleich auch commandirte er
Durch Ganimed Champagner her,
Sein Vivat auszubringen.

Das Göttervolk drang sich heran,
Und bildete die Runde.
Mars stieß zuerst den Humpen an,
Und schrie aus vollem Schlunde:
Hoch vivat unser Präsident! –
Hoch vivat!!! scholl's im Firmament,
Von vorne und von hinten.

Auch stieß man auf Frau Juno's Wohl,
Und aller Himmelsdamen,
Von lauter Freude toll und voll,
Mit Malaga zusammen.
Zuletzt trank man per Du und Du
So lange sich das Vivat zu,
Bis man sich durchgeprügelt.

Am Ende ließ voll Ueberdruß
Auch Gott Saturn sich sehen.
Hart hinter ihm kam Morpheus
Geschlichen auf den Zehen;
Der Erste putzte in dem Saal
Die Lichter aus, der Zweite stahl
Den Schreiern ihre Zungen.

Nun lag die ganze Herrlichkeit
In Wein und Schlaf ertrunken,
Der Nimbus ihrer Göttlichkeit
Wie Kreuzerkerzenfunken,
Und über ihren Häuptern her
Ein buntes Traumgesicht von mehr
Als tausend Drechselbänken.

Zweites Capitel.

Gesandtschaft. Kanzlei-Vacanz. Drechselbank.

Kaum öffnete Aurora's Hand
Des Tages Purpurflügel,
Stand auch der Hausknecht an der Wand
Mit seinem gold'nen Prügel.
Derb schlug er dreimal an das Thor;
Husch, kroch die Götterzunft hervor
Aus ihren Schwanenfedern.

Parat war schon Merkurius
Mit seiner Zeitungstasche;
Auch hatte Mars den linken Fuß
Bereits in der Kamasche.
Noch tappte Vater Jupiter
Im Hemd herum, als müßte er
Auf Eiern balanciren;

Doch als er jetzt am Aktenschrank
Sich räusperte und schneutzte,
Und, wie ein Blitz, die Drechselbank
Von gestern ihn durchkreutzte,
Fuhr er mit einem Dutzend »Schock
Schwernoth!« in Hosen, Wamms und Rock
Und schrie um's Knasterpfeifchen.

Indessen man das Frühstück nun
In Ruh' und Fried' verzehrte,
Der Chocolade, Der ein Huhn,
Und Jener Schnaps begehrte,
Ward durch den Kammerherrn gemeld't:
Es seyen aus der Unterwelt
Gesandte angekommen.

Zevs ließ in Eile sich den Zopf
Vom Kammerdiener flechten.
Der Nimbus zierte seinen Kopf.
Zur Linken und zur Rechten
Saß auch sein ganzer Hofstaat schon.
Sanft nickte er von seinem Thron,
Das Flügelthor zu öffnen.

Gesichter traten jetzt hervor
Von Ost, Süd, West und Norden,
In Rupfen, Scharlach und Drapd'or,
In Franzen und in Borden,
Mit Federhüten, Chapeau bas,
Pelzmützen à la Horia,
Turbans und Schabesdeckeln.

Nun standen sie dem Throne nah,
Verseh'n mit Augenbinden,
Um ob dem Glanz der Gloria
Nicht plötzlich zu erblinden,
Und stürzten so nach Landesbrauch,
Der sich auf's Knie, der auf den Bauch,
Wie Gerstensäcke nieder.

Jetzt denkt euch eine Symphonie,
Wo Hunde, Katzen, Eulen
In höllischer Disharmonie
Ihr Leichenlied sich heulen,
So habt ihr 's wahre Contrefait
Von ihrem bittern Ach und Weh,
Geschrie'n im Bettlertutti.

Es fanden Majestät für gut,
Die Ohren sich zu stopfen,
Und hätten gnädigst schier geruht,
Die Kerls brav durchzuklopfen;
Allein, der Lärm ließ endlich nach,
Und statt der ganzen Sippschaft sprach
Ein alter Insulaner:

» Tir teklan holpa panjulot!
Tir teklan ronu ronne!«

Zu deutsch: Du, aller Götter Gott!
Du, aller Sonnen Sonne!
» Tir Quitschquatsch tumbo tscheritschern!!!«
Du urgukalter Morgenstern!
Du rother Staatskarfunkel!

» Pan! lillul gurgur astraheen
Toll furutsch dak dak plammen!
«
Herr! lass' die Welt nicht untergeh'n,
In deines Zornes Flammen!
» Klut baktro nolpitsch melkofar.«
Friß uns nicht auf mit Haut und Haar,
Du könntest d'ran ersticken.

» Much pando larifari tschert
Pschill muffel tirobrade.
«
Wir sind zwar nicht den Teufel werth,
Doch würdig deiner Gnade.
» Dak plumpum gixgax hagios.«
D'rum sprich uns von den Sünden los,
Damit wir ewig leben.

Den Supplikanten schüttelte
Der Husten jetzt zusammen,
Und Alle schrien: »Kyrie
Eleison! Amen! Amen!«
Zu Thränen wurde Zevs gerührt,
Und schnell in Abstand weggeführt
Die heulende Gesandtschaft. –

Indessen in Delirio
Dies Häuflein Exzellenzen
In einer Kammer harrte, wo
Noch von Kometenschwänzen,
Von Lampenscherben, und so was
Die Reste lagen, wurde baß
Im Göttersaal entschieden:

Man wolle diesmal in Geduld
Noch durch die Finger sehen,
Und lasse hiemit Gnad' und Huld
Für Recht und Straf' ergehen;
Hingegen hab' strictissime
Es bei der Drechselbank, wie eh'
Beschlossen, sein Verbleiben.

Selbst sey auch die Legation
Ein Personal von Ehre,
An dem die Drechselprobe schon
Mit Glück zu machen wäre,
Um als Modelle sie sogleich
Ganz gut verpackt, auf's Erdenreich
Hinunter zu spediren.

Den Ululanten sey hievon
Extractus zu signiren,
Ihr Wagen sive Luftballon
Auch straks zu arretiren.
Man präge ihnen schließlich ein,
Sich bis auf Weiteres hübsch fein
Und ruhig zu verhalten.

Man fertigte die Decretur
Mit Unterschrift und Siegel
In Eile ab, d'rauf schob Merkur
Am Stubenthor den Riegel.
Der Rath hielt nun Kanzlei-Vacanz,
Auch hatte Zevs den Flammenkranz
Schon untern Bank geschmissen.

Sie ruhten jetzt, wie billig, aus
Vom Denken in dem Rathe,
Und setzten sich zu neuem Schmaus
In bona charitate.
Viel ward gescherzt, gelacht, getollt,
Und manches Stücklein hergeholt
Aus den Studentenzeiten.

Mars gab die Avantüren preis,
Die er vor hundert Jahren,
Als Vizefähndrich bei dem Kreis,
Zu Land und See erfahren;
Besonders, wo für's Vaterland
Er auf dem schwersten Kriegsfuß stand
Mit den Kasernenratten.

Wie er erst Hasenschrot verschlang,
Um Kugeln zu ertragen,
Zur Uebung eh' mit Hexen rang,
Und Teufel dann erschlagen.
Wie er Armeen aufgezehrt,
Die freien Abzug dann begehrt,
Mit Pauken und Trompeten.

Wie er zu Halle superfein
Die Herrn Philister prellte,
Dem Mauschel Süs mit einem Stein
Das Hirnkastell zerschellte,
Und, als ein russischer Husar,
Bei Moskau's Brand so pfiffig war,
In's Feuer Schnaps zu gießen.

Wie unter Platow, als Kosak,
Er jüngst in Frankreich hauste,
Selbst Bonaparten aus dem Sack
Die gold'ne Dose mauste,
Und Tag für Tag an seinem Spieß
Ein Schock Franzosen zappeln ließ,
Die keinen Kopf mehr hatten.

Gott Bachus, dem der Reif des Bauchs
Vor Lachen schier zerschnellte,
Und der den Tröster seines Schlauchs
Nie von der Seite stellte,
Fing an, besonders aufgeweckt,
Im niedern Wiener Dialect
Gar schnurrig zu erzählen:

»A mol, i bin a so a Bua
Von ochtzehn Johren g'wesen,
Hob gor nix könnt, und a derzua
Nix schreiben und nix lesen;
Do hot holt mei Herr Voter g'sogt:
Nu hübsch sei Socherl z'somma pokt,
Der Liperl, der muaß rasen Reisen..

Greint Geweint.hot d'Frau Muatter, ma hätt' könnt
's Potschhonderl d'runter woschen,
Jetzt kommt holt der Herr Voter g'rennt,
Und gibt ihr ans auf d'Goschen –
Jetzt bin i höllisch gift Zornig.woarn,
Und stek Herrn Votern glei im Zoarn
A Duzend Steirerwotschen Steiermarkische Ohrfeigen..

's Quotier is also aufkündt g'weßt,
Jetzt grein i holt im Winkel,
Und denk, das Wondern is schoa 's Best,
Und nimm mein Wonderbünkel,
Füll' mei Rostodter Flascherl voll,
Und schrei: Ades und lebts es wohl,
Herr Voter und Frau Muatter!

Jetzt bin i just so gega d'Nacht
Auf d'Insel Noxos kommen;
Bei'r Schlongen hob i Rosttog g'macht,
Und glei a Dienstel g'nommen,
Und wer mir holt nu g'segen hot,
Hot a glei g'rufen: Grüß enk Gott,
Herr Oberkellna Liperl!

As Töchterl hob i koressirt,
Hob's Madel g'liebt, wie's Leben,
So oft is hob zum Tonzen g'führt,
Hot's mir a Busserl geben;
D'ruf hob is um den Nomen g'frogt,
Und wie's hot Ariodnerl g'sogt,
Husch, ist's mei Weiberl woaren.

Jetzt bin i holt bei guater Zeit
In meim Verschlogel g'sessen,
Und hob bei schönster G'legenheit
Brov trunken und brov gessen.
A Johr'l hob is so prästirt.
Jetzt hoben's d'Fässa g'visitirt.
O Jerum! do hot's g'stunken.

Wo's hoben an a Fassel klopft,
Hot's than as wie a Glocken,
Wo's hoben a Butell aufpfropft,
Sans wieder so derschrocken –
Auf amol fongen's z'schimpfen a:
Dos hot der b'soff'ne Schlankel tha,
Der Schnipfersbua – der Liperl.

Jetzt hoben's mir g'examinirt,
Fei aber nix derfoahren,
Obschäuli hobens mi sekirt,
Jetzt bin i damisch Verwirrt. woaren,
Denn vor der Thür stund a nu glei,
Mit Limmeln von der Polizei,
Der Commissare Klopfstock.

Drauf hob i ong'fangt, im Verdruß,
Mit Essi, Oel und Zwiefeln,
A Rindsmaul und en Ochsenfuß
Zur Jausen Abendbrod. obzukifeln,
Und nebenher so spintisirt,
Wie i hübsch konnt mein Schlongenwirth
A rechte Nosen drahen.

Und wie i that zum Mäulerl nei
Die letzte Semmel schieben,
Husch, follt mi mei Frau Muatter ein;
Patsch, hob i on sie g'schrieben:
A Madame Madame Semele
Cito cito citissime,

Von ihrem lieben Liperl.

D'ruf hob i g'schimpft, jetzt hobens glei
Mi übern Bonk hearzogen,
Und prügelt, daß der Stock dabei
Drei Ellen hoch is g'flogen -
Mit amol fongt mei Schlongenwirth,
Der jetzt, stott meiner Prügel spürt,
Erbärmli a zun schreien.

I aber fong zun lochen an,
Und schimpf holt gonz verteufelt.
Jetzt ist der liebe guate Monn
Vor Schmerzen fost verzweifelt.
Notürli hoben's g'walti g'schaut,
Und denkt, dos is ka Eselshaut,
Dos ist a Zaubertrommel.

Und wie die Kerl so kreuz und quer
San umma g'rennt in Aengsten,
Fohrt justament mein Schäserl her,
Mit den zwa Tigerhengsten.
Meim Kommerdiener hob i glei
Gar pfiffi g'wunken, er soll frei
Mein Nomen nit spendiren.

Jetzt sans holt olle b'sessen woarn
Von Tigern und von Schäsen,
Und i bi jetzt von hint und voarn
Der Baron Liperl g'wesen.
Verzeihens gütigst – sogt der Wirth –
Wir hoben uns obschäuli g'irrt,
Eu'r Gnoden, Herr von Liperl!

Jetzt kehr' i so mei Staberl um,
Treib' meine Hexenfoxen,
Hui, san um d'Stühl und d'Bänk herum
Die schönsten Trauben g'wochsen.
Zu gueter Letzt no hintendrei
That i mit lauter Extrawei
Die laren Fässa füllen.

Die Krüeg und Floschen san, wie toll,
En Leuten noche g'loffen,
Und olles hat sie hogelvoll
Am Zaubertrankel g'soffen.
Wie d'Wollfisch hobens olle g'schluckt,
Und mi verbusserlt und verdruckt:
O Se, Se Herzensliperl!

D'rauf hob i denkt, i konnt Visit
Von meaner Kunden kriegen,
Nimm holt mei Ariodnerl mit,
Und bi in's Wogerl g'stiegen,
Und schrei: Schön Dank für'n Hausarrest!
Der Liperl is der Bachus g'weßt;
Ades! g'horschomsta Diener!« –

Es krönte noch sein Lachkonzert
Den Schluß der dummen Schnacke,
Das zum Hanswurstenton gehört,
So wie der Stiel zur Hacke.
Der Auditoren Bravoschrei'n
Trat endlich als Finale ein,
Und d'rauf ein Vivat Bacchus!

Der alte Herr, der optime
Dabei sich delektirte,
Weil sich beim Namen Semele
Sein altes Feu'rzeug rührte,
Stieß jetzt den Meister Mulciber
An Ellenbogen, daß auch Er
Sein Scherflein bringen möchte.

Mit aller Schurzfellmajestät,
Die Stimme halb gebrochen,
Und himmelwärts den Blick gedreht,
Fing aus den Kieferknochen
Vulkan zu peroriren an,
Daß ihn der Affenguardian
Zu Lemnos auferzogen.

Und daß der Hammerstiel so sehr,
Und Ambos, so zu sagen,
Ihm angeboren sey, und er
In seinen Lehrlingstagen
Ein blitzgeschickter Bube war,
Der Drillingsblitze schon sogar
Für den Papa geschmiedet.

Daß er zu Ißni und Paris,
London und Hedelfingen,
Rom, Pfuhl und Sebastopolis,
Berlin und Munderkingen
Zwoll, Zeitz, Zell, Zürch und Böhmisch Brod,
Wien, Wiex, Worms, Weil und Novogrod,
In Arbeit lang gestanden. –

Daß er dem Helden Daun ein Schwert
Aus Donnerkeilen schweißte,
Der's dem Prinz Turnus dann verehrt,
Der zum Latinus reiste;
Desgleichen, seiner Frau zu Lieb,
Schild, Harnisch, Helm für Schuß und Hieb,
Aeneen ausgefertigt.

Detto den Panzer fabrizirt,
Den der Achill getragen,
Dann mit Kanonen approbirt,
Daß keine durchgeschlagen;
Ihn auch mit einem Helm furnirt,
Mit Sonnenstaub-Extract lakirt,
Nebst einem Busch von Goldrast.

Laut Conto einen Schild gemacht,
D'rauf Himmel, Höll' und Erde,
Pflug, Löffel, Hirtentanz und Schlacht,
Weinfaß und Ochsenheerde,
Ein Hackbrett und ein Trau'raltar,
In Lebensgröße sichtlich war,
Und unten: 's ipse fecit. –

Daß item, nebst der Heldenschaar,
Er Damen adjustirte,
Mamsell Bellonen selbst sogar
Auf's Zierlichste armirte,
Und, von Minerven angefremdt,
Ihr Pappendeckel-Panzerhemd
Mit Schuppen überdeckte. –

Detto die Sessel hier im Saal,
Mit künstlichen Gelenken,
Geeignet, daß sie jedesmal
Selbst für die Rathsherrn denken;
Weshalb ihm auch Bestellungen
Von vielen Rathskollegien
Schon zugekommen seyen. –

Daß letztlich, was das Schönste war,
Und d'rob selbst Vulkan lachte,
Aus lebend Erz mit Haut und Haar
Er einen Pudel machte,
Der Schildwach stand, in's Wasser ging,
Laternchen trug und Hasen fing,
Und kauderwelsch parlirte. –

Sein Netz, womit er seine Frau
Und Mars, wie Wachteln, deckte,
Und so, den Göttern all' zur Schau,
In einen Käfigt steckte,
Wär' auch herausgeplatzt, hätt' nur
Mars nicht gehustet, und Merkur
Ihm auf den Fuß getreten.

Ihm noch zu voller Sicherheit
Ein Schloß an's Maul zu schlagen,
Nahm Merkur die Gelegenheit,
Herrn Actuar zu fragen,
Ob Er, als Seiner Majestät
Hochwohlbestallter Hof-Poet
Nicht was zu singen wüßte.

So etwas läßt ein schöner Geist
Nicht gern sich zweimal sagen.
Apoll, Genie, galant, gereist
Per pedes und per Wagen,
Fuhr mit den Fingern durch's Toupet,
Und sang amabilissime,
Wie eine alte Lerche:

»Trallirum larum! Höret mich –
Trallirum larum Leier!
Der Leiermann Apoll bin ich,
Kein Narr um einen Dreier;
Und hab' geliebt mein Lebenlang,
Wie Luther, Weib, Wein und Gesang –
Trallirum larum Leier.

Ich wohne auf dem Helikon,
Und bin zu eb'ner Erde
Landmusikus und Schutzpatron
Von Achmeds Ochsenheerde;
Muß nebenher Schulmeisterlein
Von neun contrakten Jungfern seyn –
Trallirum larum Leier.

Ich bin der Abgott unsrer Zeit,
Der Redekunst Erfinder,
Und, trotz dem höchsten Handwerksneid
Sogar ein Menschenschinder;
Kann auf dem Dreifuß prophezeih'n:
Aus dreimal drei wird sicher neun –
Trallirum larum Leier.

Die Dichter alle beugen sich
Vor mir, dem Gott der Dichter,
Der Lichterputzer, der bin Ich,
Die Dichter meine Lichter;
Den Fackeln gieß' ich Wasser ein;
Den Lämpchen helf' ich auf mit – Wein
Trallirum larum Leier.

Selbst Damen öffnen mir ihr Herz,
In Verschen und in Prosa,
Und klagen ihren Liebesschmerz,
Cantabile sub rosa.
Dies macht mein blinzend Augenpaar,
Mein rundes Kinn und gold'nes Haar. –
Trallirum larum Leier.

Den Herrlein's gar im schwarzen Rock
Beliebt's, mit mir zu schäckern,
Dort muß ich, wie ein Ziegenbock,
Oft stundenlange mäckern,
Gibt's so ein Patrocinium,
Und sonst ein ähnlich Dudeldum –
Trallirum larum Leier.

Wo immer nur bon ton florirt,
Werd' ich zu Gast gebeten,
Für lange Weile oft citirt,
Sogar von Majestäten;
Bei groß und kleiner Festlichkeit
Erscheine ich im Gallakleid –
Trallirum larum Leier.

Ich bin ein Arzt, und hab' der Welt
Den größten Arzt gegeben;
Collegenneid hat ihn gefällt –
Ach, Schade um sein Leben!
Ach, Schade um das viele Geld,
Das oft der Schiffer Charon zählt! –
Trallirum larum Leier.

Bin Philosoph, so gut, wie Kant,
Ein Schütz und Drachenjäger;
Bin Maler, Blumenfabrikant,
Nachtwächter, Zitherschläger,
Ein Quodlibet, ein Wundermann;
Zu Land und Wasser gut daran –
Trallirum larum Leier.

Trallirum larum! 's Lied ist aus;
Trallirum larum Leier!
Nun zahlet für den Ohrenschmaus,
Denn Brod und Fleisch sind theuer;
Und ist hier s'Zahlen nicht der Brauch,
So thut's ein volles Gläschen auch –
Trallirum larum Leier.«

Rein trank Apoll den Humpen aus,
Und ließ sich waidlich loben,
Indessen vor der Thüre d'raus
Sich ein Getös erhoben,
Als leerte sich ein Narrenhaus
In vollem Paroxismus aus,
Die Welt zu alarmiren.

Die hohe Deputation,
Die in der Rumpelkammer
Erst jetzt die Resolution,
Mit Herzenleid und Jammer,
Sich zu Gemüthe zog, gerieth
Aus Höllenangst zum Appetit,
Die Wände durchzuschlagen.

Sie wollten keine Audienz,
Ihr Lebewohl zu sagen;
Es möchten Seine Exeellenz,
Der Kammerherr, blos fragen:
Ob etwa Seine Majestät
Nicht Briefe mitzugeben hätt',
Sie müßten schnell nach Hause.

Kaum hatte sich der Kammerherr
Des Referats entladen,
Befahl der Herr Diespiter,
Daß, jedoch ohne Schaden,
Man erst die Narren knebeln soll,
Dann Jedem fünfundzwanzig, wohl
Gesalzen, appliziren.

Schon stand der Hausknecht, d'rauf piquirt,
Mit seinem Bengel fertig,
Und, wie ein Hühnerhund dressirt,
Des Augenwinks gewärtig;
Doch ließ auf einmal butterweich
Zevs, eh' noch Herkules den Streich
Gefaßt, Pardon erschallen.

Der Rath, den dieser Gaunerstreich
Ein Bischen viel verdrossen,
Votirte gnädig, daß man gleich
Sie alle, krummgeschlossen,
In's Blockhaus werfe, und zur Noth
Man höchstens Wasser nur und Brod
Den Delinquenten reiche.

Man führte sie in das Revier,
Wo Drachen, Löwen, Bären,
Der Steinbock, Scorpion und Stier,
Ein Krebs mit glüh'nden Scheeren,
Der Widder, Schütz und Wassermann,
Und Endors Hexe hinten d'ran,
Als Jungfrau, paradirten.

Dort schleuderte man sie in's Loch,
Wo vor fünftausend Jahren
Des Luzifers Mama verkroch,
Ihr Söhnlein zu verwahren,
Das sie mit Lumpen zugedeckt,
Worein man Sonn' und Mond versteckt,
Um sie zu eklipsiren. –

Es blieb nun die Kanzlei-Vacanz
Auf's Weitere verschoben.
Herr Präsident, der seinen Kranz
Vom Winkel aufgehoben,
Trug vor, es wäre hohe Zeit,
Einmal in Form und Richtigkeit
Die Drechselbank zu bringen.

Man ließ daher per Extrapost,
Mit einem Leiterwagen,
Merkur sogleich von West bis Ost
Nach den Museen fragen,
Und während man halb toll und krank
Sich sann, kam mit der Drechselbank
Merkur schon angefahren.

Schon ward, auf Walzen reduzirt,
Die ungeheure Kiste
Herangeschleppt – gut conservirt
Kam dieses Heilgerüste
Von Treptow aus dem Pommerland,
Von Zacharia's Künstlerhand
Neu in Berlin verfertigt.

Senatus sah das Monstrum an –
Dann auch sich selbst – und schmollte,
Und ordonirte gleich, daß man
Es unterbringen sollte.
Mars schlug die alte Reitschul' vor,
Und zum Behuf ließ man das Thor
Um tausend Schuh erweitern.

Schon hörte man von nah und fern
Die Arbeitsglocke schellen.
Nach dieser hatten all' die Herrn
Sich in der Burg zu stellen,
Die nur so Quasigötter sind,
Und als Herrn Von blos dem Gesind
Des Hofstaats angehören.

Mars ließ hiezu ein Bataillon
Von seinen Grenadieren,
Und Vulkan eine Legion
Cyklopen aufmarschiren.
Auch häufte sich ein Ueberdrang
Von allen Zucht-, Arbeits- und Zwang-
Und sonst honetten Häusern.

So stand, eh' man daran gedacht,
Auf Mahagonifüßen
Die Drechselbank, an Pracht und Macht
Ein Meisterwerk zum Küssen;
Daneben blitzte von der Wand
Das Stahlwerkzeug aus Engelland,
Nebst allen Löthgeräthen.

Der Seher wurde nimmer satt,
Je mehr er es beguckte,
Denn extra war ein Apparat
Der künstlichsten Producte,
Dabei von physikalischen,
Chirurgisch- und viehärztlichen
Probaten Instrumenten.

Man legte, schob und ordnete
In Henkel, Band und Fächer.
Die Schläfrigen ermunterte
Der Prügel und der Becher.
Bald war bei gutem Augenmerk
Auch dieses kleine Hexenwerk
Nach Wunsch und Lust gediehen.

Die Götter, die an Mund und Blick
Beinah' versteinert waren,
Erwachten jetzt durch Pompmusik
Der tollsten Janitschaaren,
Die hinterwärts in einem Zelt
Der Pfiffikus Apoll bestellt,
Das Freudenfest zu heben.

Kurzum, es glich das ganze Haus
Dem frohsten Klemmerhaufen.
Papachen theilte Gnaden aus,
Ließ alle Schelmen laufen;
Verschrieb auch der Legation,
Statt Wasser, Brod und Kettenfrohn,
Rasttag und Hammelbraten.

Höchstgnädiglich befahl dabei
Der gute Göttervater,
Beleuchtung, Feu'rwerk, Gasterei,
Freiball und Freitheater,
Und daß den Armen man sogleich
Vom theu'rsten Zwilch im Himmelreich
Die Bettelsäcke flicke.

Auch war der Reichs-Postmeister schon
En galla abgeritten,
Die Damen in Submission
Zu Tisch und Ball zu bitten,
Und brachte Jeder zur Toilett'
Ein Wiener Chokolad-Paquet
Nebst einer Farbenschachtel. –

Und um auch einen Nebenspaß
Dem Hauptspaß anzureihen,
Ließ aus dem größten Hagelfaß
Man Zuckerflocken schneien;
Die Schellen sammelte man schon,
Zur Schlitten-Decoration,
Von allen Narrenkappen.

Als jetzt die türkische Musik
Ein Tacet observirte,
Benützte Zevs den Augenblick
Und monologisirte,
Latino culinario,
Als Ochsenhauser Cicero,
Ein buntes Handwerkssprüchlein:

» Eccemini vos asini!
Magistri frustum magnum,

In quo pro vobis peperi
Felicitatis stagnum;
Gibbosus mundus scilicet
Quo peccatorum quodlibet
Non alias salvandus.

Non tantum diurnaliter,
Ut evellatur damnum,
Sed saepe nocturnaliter
Hoc rotatoris scamnum
In cerebello habui,
Millesies subvolvui,
Ipsissimus inveni.

Heu! rudite victoria
Ornati spectatores!
Cadete ac in genea
Factoris in honores.
Credete tanquam pondere,
Romanam gentem condere,
Non tantae molis esse.
«

»Seht an, dies große Meisterstück,
Ihr hochgeöhrte Herren!
Durch das ich euer Heil und Glück
Gar mühsam thät gebären;
Denn anders ist durch Gut noch Geld
Der Sündenbuckel dieser Welt
Nicht mehr zu applaniren.

Hab' viel gemartert und geschwitzt,
Gerackert und geschunden,
Den Kiel zernagt, zerkratzt, gespitzt,
Bis ich dies Ding erfunden;
D'rum beugt vor euerm Glücks-Papa
Die Knie' und schreit: Victoria!
Der Römerstuhl ist fertig.«

Kaum hatte Meister Cicero
Sein letztes Wort gesprochen,
Kam von dem ganzen Gremio
Das Vivat losgebrochen.
Und wie ein Donnerwetter d'rein
Geschmettert Tusch auf Tusch von neun
Und neunzig Stabstrompetern.

D'rauf embrassirten kreuz und quer
Sich Maz, Kunz, Heinz und Stöffel;
Doch bei der Frau von Jupiter
Schlug's zwölf Uhr auf dem Löffel;
Scharf klingelt es im Speisesaal;
Und ganz incognito empfahl
Sich Zevs und die Consorten.

Auch pfiff Sankt Herkules zugleich
Dem Hausgesind; indessen
Rebellte auch der Trommelstreich,
Und Alles sprang zum Essen:
Der in den Löwen, der in Strauß,
Der in die Katze, der in d'Maus,
Und der zur Bettelsuppe.

Drittes Capitel.

Drechselprobe. Arbeit über Kopf und Hals. Feierabend.

Bald sah man hier vom fetten Mahl
Die Wänste sich erheben,
Und in den alten Tummelsaal
Der Pferde sich begeben. –
Voilà! ächtkriminalisch bläht
Schon dort der Götter Plenität
Sich auf dem Dreifußsessel.

Rechts stand im Henker-Négligé
Zevs mit der Donnermiene,
Links die apokalyptische
Guillotinir-Maschine;
Mit Gold verbrämt um sie herum
Das Stich- und Schneid-Collegium
Der Doctorn und der Bader. –

Im Hintergrunde, nach Gebühr,
Der Troß der Kammergötter;
Zuhinterst an der Stubenthür
Janhagel und sein Vetter;
Und draußen scholl auf's Deutlichste
Das Gutia teremtete
Der Leibhusarenwache.

Mit einem derben Augenwink
Hieß Zevs die Mäuler halten,
Indeß Apoll gewandt und flink
Die Feder sich gespalten,
Und fing jetzt zu dictiren an
Sein Actum, dann das Datum d'ran,
Das Anno und das Punktum.

» Wir, Jupiter et caetera:
Dieweilen anjetzunder
Die salutaris machina
Ein Erd- und Himmelswunder –
In statu quo sich präsentirt,
So werde schleunig operirt,
Wie Wir damit beschlossen.

Doch weil Wir stets um's medicum
Infusum
der Doctoren,
So wie um's anatomicum
Den Teufel Uns geschoren,
Soll Aesculap, der Krähensohn,
Bei jeder Operation
Uns fein ad latus bleiben.

Es habe der Hof-Medicus
Den Amputationen,
Id est: der Baron Pferdefuß,
Verläßlich beizuwohnen;
So auch Machaon, Podalir,
Und dann der krumme Dorfbarbier,
Mit seinem Pflasterspatel.

Auch schicke sich Gott Momus an,
Zu liberalem Tadel,
Er fasse, als gelehrter Mann,
Die Sache mit der Nadel.
Gäb's hintend'rein ein Pfuscherwerk,
So nähmen Wir's zum Augenmerk:
Sub sole nil perfectum.

Um jetzt zur Execution
Ganz unverweilt zu treten,
So werde die Legation,
Doch ohne Band und Ketten,
Vor Unser Heilgericht geführt,
Dann erst ein Schneider fabrizirt,
Das Werk zu approbiren.«

Apoll warf gleich das Streusand d'rauf,
Und auf den Ruf der Klingel
Schlug Herkules die Thüren auf,
Und führte schon per Schlingel
Und Schurken die Legaten ein,
Die jetzt der Schrecken fast zu Stein
Und Bein verwandelt hatte.

Gerade so, als gält's ein Schwein
Zum fettsten Kirchweihbraten,
Fiel Zevs auf diese Sippschaft ein,
Und zerrte den Legaten,
Der ihm der Corpulent'ste schien,
Heraus, und nickte, daß man ihn
Auf die Maschine bringe.

Allein, ein alter Praktiker,
Und Chef der Handwerksgeister,
Stand auf, und sprach zum Jupiter:
Mit Gunst, Herr Drechslermeister!
Wär's mir erlaubt, möcht' ich wohl auch
Ein Rißchen euch nach Handwerksbrauch
Zur Arbeit unterstellen.

»Potz Blitz! macht Uns den Kopf nicht warm!
Was sind da Risse nöthig?
Ein Klapperding mit einem Darm –
Ein Kerlchen, fünfzehnlöthig –
Statt Fingers eine Nadelspitz' –
Ein plattes Hintertheil zum Sitz –
So ist der Schneider fertig.«

Herr Pamphilus schrie jämmerlich,
Als man zur Bank ihn brachte,
Indem er à la Häring sich
Schon auf dem Gaisbock dachte;
Doch hatte der Prosector schon
Ihn beim Genick, und sägte von
Dem Klotz die groben Aeste.

Den blanken Meisel in der Hand
Stand, wie ein Altgeselle,
Der Drechsler Zevs vor Gier in Brand
Parat am Trittgestelle.
Nun hing das Wichtchen eingespannt –
Hui! ging's d'rauf los mit Fuß und Hand,
Daß Thür' und Angel bebte.

D'rob fing der Rath, der mit Verdau'n
Bisher sich stumm beschäftigt,
Und durch gefälliges Beschau'n,
Was da gescheh'n, bekräftigt,
In corpore zu lachen an,
Indessen der Gesandtschaft man
Hofmänn'sche Tropfen reichte.

Denn wahrlich hat kein Recensent,
Seit man auf Lumpen kritzelt,
An eines Esels Argument
So derb herumgeschnitzelt,
Als Zevs an diesem Schächer that,
Den er, wie einen Kopfsalat,
Bis auf das Herzblatt schälte.

Schon prangt das hohle Schädelchen
Als Kästchen umgeschaffen,
Zu Müsterchen und Zeichnungen
Für alle Modeaffen. –
Das Näschen schnippisch aufgebäumt –
Die Backenplätzchen eingeräumt
Für ein Paar Nadelpolster. –

Jetzt sah man ihn zum Knopflochholz
Den rechten Arm formiren,
Den linken dann mit Künstlerstolz
Zum Ellenmaaß kreiren;
An Hand und Finger schweißte er
Ihm Bügeleisen, Pfriem' und Scheer',
Nebst Fingerhut und Nadel.

Und als er ihm das Knie gestopft
Zum prallsten Nähekissen,
Ihn hinten tellerbreit geklopft,
Und mit zween Sperlingsfüßen
Dafür entschädigt, lehnte er
Den travestirten Märtyrer
Zum Trocknen an den Ofen.

Nun kam's an's Heil-Collegium,
Doch, ohne viel zu schwitzen,
Verschrieb ihm dieses eilig, um
Vor kaltem Brand zu schützen,
Diachyla composita,
Getränk von virga aurea,
Und Eau de neige drei Schoppen.

D'rob schüttelte der Dorfbarbier
Bedeutend seinen Nacken,
Er meint, die Sache wäre hier
Viel schärfer anzupacken,
Und sprach, nichts trockne schneller auf
Als Cantharidenöl und d'rauf
Ein Oxycrocepflaster.

Kaum war dies gold'ne Sprüchelchen
Des Baders Mund entgangen,
Als Zevs flugs diesen ärztlichen
Genieblitz aufgefangen,
Und wirklich krähte er auch schon
Sein Fiat, doch der Krähensohn
Fing lauter an zu krähen.

Es blieb daher bei'm Hofrecept,
Und eh' ein Paar Secunden
Verflogen, hat der Herr Adept
Sich pudelwohl befunden,
Und küßte zierlich, nach bon ton,
Für seine Reformation
Herrn Zevs den Ellenbogen.

Jetzt ließ mit Brillen groß und klein
Sich Herr von Momus sehen;
Der musterte das Schneiderlein
Vom Kopf bis zu den Zehen,
Und ließ nach der Revision,
Im superfeinen Elsternton
Halbdeutlich sich vernehmen:

»Das ist man doch ein Klöppelchen,
Kömmt von die Drechselscheibe,
Und hat schon Grütz' im Köppelchen
Und Schwerenoth im Leibe. –
Ne, ne! der Mäster spreche hier:
Geh' man, mein Söhnchen! leb' vor dir,
Und koche du dich selber.«

Zevs dankte für dies Compliment,
Und äußerte in Gnaden,
Dafür bei'm nächsten Traktament
Mit Kapwein ihn zu baden;
Und als ihm d'rauf die Götterschaar
In pleno gratulirte, war
Er vollends aus dem Häuschen.

Nun wurden die Legaten auch
Allmählich wieder lauter,
Und mit dem nützlichen Gebrauch
Der Drechselbank vertrauter;
Deshalb ward auch ganz ungenirt
Jetzt via facti prozedirt,
Und das Object ergriffen. –

Denn schon drang Herkules hervor,
Vom Trupp der Haussoldaten,
Und apportirte bei dem Ohr
Den zweiten Candidaten.
Es war ein dicker Bonze, der
Als Litaneienplapperer
Die Insel sich erkrochen.

Wie Satans Ehrensäule stand
Der Heuchler hingegossen –
Auf seiner Brust die fromme Hand –
Die Augen halb geschlossen.
Laut seufzend that sein süßer Mund
Des Herzens freche Wünschlein kund,
Hochdeutsch, wie hier zu lesen:

» O Heere! wilt, ik bidd' en wensch,
My van de Bokken scheiden!
Spaart dog een geestelyken Mensch,
Laat my met Schapen weyden.
Verhoort my, Heer! genadiglyk!
« –
Kerl, schweig! sonst brech' ich dir's Genick!
Schrie Zevs und ließ ihn knebeln;

Denn er hielt just Gewissensrath,
Und da war nicht zu spassen,
Er wünschte sein Salvatorat
In ein System zu fassen;
Doch Götter haben Götterglück,
D'rum gab nach kurzem Augenblick
Er Folgendes zu hören:

»Es ist und bleibt der Bauernstand
Der erste Stand der Erden.
Zwar würde, unbebaut, das Land
Sehr reich an Disteln werden;
Allein, sie aufzufressen, sind
Dann Esel nöthig. Wo geschwind
So viele aufzutreiben?

Die nützlich klein're Zahl vermißt
Man zwischen Zaun und Hecken,
Die größ're, die nicht Disteln frißt,
Bleibt in den Borden stecken.
Kurzum, der Bauer baut und pflegt,
Und's Eseltreiberamt verträgt
Sich nicht mit uns'rer Krone.

D'rum ist gar füglich, wie man weiß,
Der Bauer hoch zu ehren,
Weil nicht nur ohne seinen Schweiß
Die Müller Bettler wären;
Auch Wir – wo nähmen Wir denn mehr
Pasteten, Torten, Kuchen her,
Bisquit und Ulmer Docken?

Wo fände Unser Leckermund
Wohl Bretzeln noch zu schmecken? –
Wo Laibeln, Semmeln, Kipfeln und
Die mürben Butterwecken?
Dem Maul wär's Handwerk halb gesteckt,
Und – o wie fehlte das Confekt
Den Pferden, Küh'n und Ochsen!

Wir fühlen Uns aus Pflichtverband,
Doch ohn' Uns zu beschränken,
Daher bewogen, diesen Stand
Vorzüglich zu bedenken,
Und werden gnädiglichst anmit
Ein Formular nach neu'stem Schnitt
Dem Bauernvolk erlassen.

Es ist der Brouillon bereits
Zu Protocoll genommen,
Der soll euch deutlichst allerseits
Zu hohen Ohren kommen.
Geräuschlos setze sich der Rath –
So! Actuar, mein Extrablatt
De rusticis! – Man lese.

Die goldene Proportion
Muß streng beachtet werden.
Es habe, wie der Göttersohn,
So auch der Mensch auf Erden,
Laut dessen, was das Urtheil spricht,
Ganz seine Form und sein Gewicht,
Nach Maßgab' seiner Pflichten.

So wägen, verbi gratia,
Die Genii volantes
Und Entia olympica,
Nicht so, wie die Gigantes.
Den Erstern lasse man ein Gran,
Das Centipondium sodann
Den Letztern angedeihen.

Bei einem Bauern sey der Kopf
Gleich einer Kürbisflasche,
Von Pferdemähnen d'rauf ein Schopf,
Und jede Backentasche
Weiträumig, um sich für die Noth
Ein Magazin von Speck und Brod
Darinnen anzulegen.

Die Augen klein, und nicht zu hell,
Borstreich die Augenbogen,
Der Mund mit selben parallel
Von Ohr zu Ohr gezogen.
Die Nase kolbenartig stark,
Im Kieferknochen Löwenmark,
Die Zähne Steu'rereisen.

Die Schultern breit und eingedrückt,
Um, gleichsam wie auf Schragen,
Die allerschwerste Last geschickt
Und recht bequem zu tragen.
Die Brust mit Wölbung vorgelegt
Und, wie's der Urangutang trägt,
Dreiellenlange Arme.

Der Nacken beugsam, und doch hart,
Ein prügelfester Rücken,
Ein Bauch nach Kalibanenart,
Die Hand aus Maserstücken,
Das Fußgestell massiv gebaut,
Und über's Ganze eine Haut
Vom dicksten Elendleder. –

Basta! – Indessen halt' er an,«
Sprach Zevs, »da wir jetzt wissen,
Wie wir mit einem Bauersmann
Zu Werke gehen müssen,
Soll Augenblicks am Drechselstock
Hier dieser fromme Sündenbock
Zum Schaf gemodelt werden.«

Als dieser Hoogduytschmordenaar
Jetzt nach Gestalt der Sache
Vom Kuttenschmutz gesäubert war,
Nahm Zevs ihn in die Mache,
Und schnitzelte und meiselte,
Und hämmerte und raspelte,
Daß Hand und Eisen glühten.

Doch mag auch in ein Schneckenhaus
Der Bauer sich verstecken,
So guckt halt doch der Bauer 'raus
An allen End' und Ecken;
D'rum war, als dieser Bauernsohn
Sich abgeschält, ganz in Person
Der Bauer fix und fertig.

Nun blieb dem Meister wenig Müh',
Das Uebrige zu schlichten,
Blos nach dem neuen Schnitt noch hie
Und da etwas zu richten.
Gar stattlich ward es ausstaffirt,
Auch Vulkan brachte, fein polirt,
Das Zahnwerk aus der Schmiede.

Und um zugleich die Industrie
Mit Sparsamkeit zu paaren,
Griff er die Späne alle, die
Vom Schneider übrig waren,
Vom Boden auf, blos zum Gebrauch,
Noch mehr die Schultern, Schenkel, Bauch
Und Waden auszustopfen.

Als jetzt der Trunkus fertig stand,
Ward er, auf Tod und Leben,
Der Aesculapen Zauberhand
Zur Praxis übergeben;
Die banden ihre Schürzen um,
Und fingen, laut Consilium,
Gleich an zu operiren.

Vorher noch, um die Prognosis
In Abundanz zu zeigen,
Verschrieb man, der Phthiriasis
Und Psydrax vorzubeugen,
So auch für Disposition
Zu dem Epiploomphalon
Präservative Mittel.

Dann für die Peripnevmoni
Ward Stoff zu neuem Leben,
Für Andrang der Salaconie
Vulvariis gegeben,
Dazu diaphoretica,
Laxantia, purgantia
,
Sau'rkraut und Zuckerstritzeln.

Nun ward secirt und trepanirt,
Die Lappen ausgebreitet,
Das Quintchen Hirn ihm infundirt,
Die Augen abgehäutet,
Und dann der Humor aqueus,
Cristallinus
und virtreus
Mit braunem Bier verdickert.

Auch der Barbier, der öfters schon
Auf dem Berg Mons gesessen,
Die Wurzel Radix kennt, wovon
Die Vögel Aves fressen,
Trat, ganz vermummt in Studiis,
Hervor mit Epispasticis,
Und wirkte viele Wunder –

Fuhr mit dem Spatel in den Mund,
Und lüftete die Zunge,
Wusch ihm die Instetina und
Die Leber und die Lunge;
Rieb dann für Fäulung um und um
Ihn unter'm Uropygium
Mit Knoblauch und Salpeter.

D'rauf ward dies Kunstwerk in dem Saal
Bewacht von Mamelucken,
Erhöht auf ein Piedestal,
Bequem es zu begucken;
Und siehe, Ritter Momus stand,
Mit Brillen wieder bei der Hand,
Und perorirte schwäbisch:

»Potz Tausetle! däs ischt e Ma,
Däs ischt it nu e Mändle.
Was guckest mi so g'spässig a? –
Ei Mändle, gib mir's Händle!
Hoscht nette Prätzla, lind und weiß,
Und Aermla – Hundert Buschla Reiß
Kast du uf oimol traga.

Und, ei! ei! ei! wie bischt du g'sund!
Däs sieht ma an dei'm Köpfle –
Dei Näsle wiegt alloi drei Pfund,
Und zwoi as Nasaknöpfle.
Die Bäckla, die sind au nit z'klei,
Und mit em Mäule kascht du fei
Reacht no de Fluiga schnappa.

Kuzum, du host de wahra Schnitt,
Vom Kopf bis zua de Zaiha,
Ma mag jetz wölla oder nit,
Ma muaß si ob dir freua.
Suach glei e Weible uf der Wealt,
Und land ui Boida seah um's Geald,
's trait g'wis a Heiretsgüatle.«

Nachdem sich Zevs und Jedermann
Genug darob erfreute,
Postirte man den Bauern dann
Dem Schneiderlein zur Seite.
Kaum sahen die sich nur am Kopf,
So kriegten sie sich auch bei'm Schopf,
Wie ein Paar Auerhähne.

Zum Glück schlug Herkules darein,
Und hielt den Bauernlimmel,
Sonst säß das arme Schneiderlein
Bereits im Schneiderhimmel.
Zevs zog die Sache in Betracht,
Und kam, nach reiflichem Bedacht,
Auf folgendes Deductum:

Wo Menschen sind, da ist auch Krieg,
Und logisch muß sich 's fügen,
Daß stets die Stärkeren den Sieg,
Die Schwächern Prügel kriegen;
D'rum braucht dies zänkische Geschlecht,
Um höflicher zu seinem Recht
Zu kommen, Advokaten. –

Und weil es doch mehr sittlich ist,
Den Anlaß zu begründen,
Durch den ein Mensch den andern frißt',
Ist's nöthig, Rath zu finden;
Hört also die drei Worte an,
Mit denen ich noch helfen kann:
» Existat Doctor Juris!«

Gesammten Rath durchdrang der Blitz
Von diesem Weisheitsklumpen.
Die Herren hoben sich vom Sitz,
Um frische Luft zu pumpen,
Und bliesen heimlich sich in's Ohr:
's ging' nicht mit rechten Dingen vor;
Zevs sey ein Hexenmeister.

Wirth Ganymed, der's gleich von fern
An dem Existat kannte,
Daß es so ziemlich seinen Herrn
Auf Lung' und Leber brannte,
Schlich sich indessen auch heran,
Und ließ den Kork bis oben an
Die Zimmerdecke springen.

Husch, ward er von den durstigen
Votanten jetzt umschlossen,
Und Korke gleich zu Dutzenden
Aus Flaschen abgeschossen.
Man klagte über'n Aktenstaub,
Und Jedermann schrie: Mit Erlaub! –
Und schwenkte seine Gurgel.

Selbst die Legaten kriegten Wein,
Und Zwieback zu versuchen,
Der Bauer und das Schneiderlein
Liqueur und Zwiebelkuchen.
Das Militär ward rafraichirt,
Durch einen Marsch, neu componirt
Auf Trommel und auf Pfeifen.

Allein, jam vesperascit, spricht
Der große Drechslermeister:
»Man porcreirt bei'm Kreuzerlicht
Gar selten große Geister;
D'rum, meine Herren! spudet euch,
Daß wir noch vor dem Zapfenstreich
Das große Werk vollenden.«

Apoll, der durch ein ganzes Jahr,
Als Kaiser Adrianus
Regierte, Bogenschreiber war
Bei'm Staatsrath Ulpianus,
Fing an, der hohen Session
Die Wichtigkeit der Sache schon
Emphatisch vorzutragen:

»Höchstweise Räthe! – hub er an –
Was wir bisher beschlossen,
Was wir begonnen und gethan,
Sind wahre Kinderpossen,
Verglichen mit der Zirbelnuß,
Die heute von uns soll und muß
Noch aufgebissen werden.

Ein Doctor, und noch obend'rein
Ein Doctor beider Rechte –
Ihr Herrn! das greift gewaltig ein;
D'rum würde, wie ich dächte,
Es wohl das Beste seyn, wenn wir
Zuvor die Attributa hier,
Ein Bischen durchspazirten.«

Das alte Herrlein, baß vom Wein
Gesäubert auf der Lunge,
Fiel eilig mit dem Prügel d'rein,
Und schrie: Er, Wetterjunge!
Werd' er erst trocken hinter'm Ohr,
Und lass' er Unsereins zuvor
Vom Corpus Juris schwatzen!

»Hört! hört! dies ist ein Buch des Heils,
In Schweinhaut eingebunden,
An Eck- und Rücken meistentheils
Beschmutzt und abgeschunden,
Woran zu seh'n, daß man das Recht
Zwar wohl verwahrt, doch leider schlecht
In Ehren hält, und hudelt.

Vor Allem strahlt ex foliis
Dort Unser Jus regnandi,
Jus tonitru et fulminis,
Creandi et necandi
,
So aber, leider! wie ich weiß,
Auch Erdengötter naseweis
Sich anzumaßen pflegen.

Dann, als der Menschheit altes Recht,
Brillirt das Jus naturae;
D'rob herrschen unter Herrn und Knecht
Sententiae obscurae;
Der Herr stützt sich auf's Prügelrecht,
Und so reciproce der Knecht
Auf's Recht, ihn zu betrügen.

So wird auch das Jus gentium
Im Großen umgetrieben,
Per ignem atque gladium
Sich Leges vorgeschrieben;
Dies Jus, nach dem man brennt und klopft,
Und sich das Maul mit Erde stopft,
Heißt man das Jus bellandi.

Nun steigt's Jus publicum heran,
Dies gibt im Nervenfieber
Gar oft dem Jus naturae dann
Sehr grobe Nasenstüber;
Scharf tritt, zum friedlichen Verein,
Das Jus politicum darein,
Und das Jus singulare.

Auch ist, so wie mir scheint, das Jus
Civile
schwach und kränklich,
So wie auch in feudalibus
Der Zustand gar bedenklich;
Ich meine nur, sonst spräche man
Um Hülf' nicht Longobarden an,
Und and're wilde Thiere.

Den Vater seines Volkes ziert
Das Jus aggratiandi;
Deswegen schon allein gebührt
Ihm auch das Jus venandi;
Doch soll er nicht mit gleicher Hitz'
Im Criminale seinen Sitz,
Wie auf dem Hochstand, nehmen.

Ein Schrecken für das Judenthum
Ist das Jus cambiale;
Und bei dem Jus canonicum
Heu verbulum fatale!
Dächt' ich: Wer Höll' und Himmelreich
Verpachten kann, der wäre reich,
Auch ohne Erdengüter.

Bei jedem Einnahmsposten liest
Man das Dominicale,
Nur der, wobei zu zahlen ist,
Berührt das Rusticale.
Die Sache steht zu widerlich,
Da muß ein neuer Doctor sich
Mit rother Dinte zeigen.

So viel, ihr Herren! kann ich euch
Praeambulando melden.
Mein Actuar wird nun sogleich,
Eh' Wir an diesen Helden
Den Taster legen, auch die Norm,
So wie den Abriß seiner Form,
In nuce produciren.«

Illuminirt ging dieses Blatt
Von Hand zu Hand im Kreise,
Benannt: » der erste Advocat
Auf ganz besond're Weise
Vom braven Kupferstecher Hans
In Ulm, mit Witz, zu Jedermanns
Verwunderung, gestochen.

Hier malt sich nicht die Blindheit ab,
Mit Schwert und Wag' versehen,
Wo scheinbar Kron und Hirtenstab
Im Gleichgewichte stehen
Auch nicht, wie Beides sie versteckt,
Und auf's Gesetzbuch hingestreckt,
Ein lautes Solo schnarchet.

Hier ist ein sittlicher Athlet,
Mit off'nen, hellen Augen,
Die ihrem Feind in's Cabinet
Des Trugs zu sehen taugen,
Und einem Herz, das kochend warm,
Mit gleichem Schlag für Reich und Arm,
Die Rechte schützt, zu schauen.

Es trägt die freie Stirne schon
Des Edelsinns Gepräge,
Verkündend, daß Asträa's Sohn
Getreu der Wahrheit pflege,
Und nicht durch Winkelschreiberei
Ein Räuber für Clienten sey,
Mit feiler Doppelfeder.

Des Mundes deutsche Freundlichkeit
Hüllt nicht mit fremder Sprache
In das Gewand der Dunkelheit
Den Sinn gerader Sache;
Die Hand, zur Arbeit nur bestimmt,
Ist nicht von Wuchergier gekrümmt,
Um Sporteln einzustreichen.

Rastlos, mit weiser Thätigkeit
Des Staates Wohl erzielend,
Tief in der Brust die Seligkeit
Der Menschenwürde fühlend,
Geht er einher, von Tausenden
Umrungen, die mit Segnungen
Laut seinen Namen preisen. –

Und, o wie meisterhaft, den Blick
Des Kenners zu erproben,
Hat unser Hans das Gegenstück
In Hintergrund geschoben:
Dort huckt auf seinem Aktengaul
Ein Federvieh, bequem und faul,
Nach reichen Spenden schnappend.

Das Sattelwerk formirt ein Pack
Von Provocationen,
Und hinten strotzt der Mantelsack
Voll von Dilationen.
Sein Zaum ist kühne Ignoranz,
Statt Hulftern Mantelsäcke, ganz
Gefüllt mit Bauernflüchen.

So hottelt es im Schneckentrab
Herum, den Wanst zu nähren,
Und mästet sich Land auf Land ab
Mit Menschenschweiß und Zähren;
Denn Alles, was auch Hand und Pflug
Erscharren, füllt noch nicht genug
Den Rabulistenbeutel.

Sogar in Träumen zuckt die Faust,
Diäten anzusetzen,
Sein Spürhund sucht, da, wo man schmaußt,
Partheien aufzuhetzen,
Und in der Zwietracht Flamme nur
Schöpft glorreich seine Molchsnatur
Sich Stoff zu neuem Leben.

Der Inhalt seines Siegels ist:
Ein Krokodill, ein Rabe,
Ein fetter Ochs, der liegend frißt,
Umstreut mit fremder Habe,
Ein Federnbund, von Dinte schwer,
Ein Blasebalg, und eine Scheer'
Zur Schur für seine Schafe. –

Schon fing man an, den Vivatstrank
Für Hansen aufzutischen;
Doch Zevs schrie an der Drechselbank
Sein Nemlehet dazwischen,
Und that mit ernster Miene kund,
Die Morgenstund' hätt' Gold im Mund',
Besonders gegen Abend.

Sogleich ward jetzt der Supplikant
Um die Juristenstelle
Legaliter in Bock gespannt,
Nachdem der Altgeselle
Mit Axt und Beil im Reinen war,
Und vis-à-vis das Formular
Zum Abseh'n aufgenagelt.

Wie viel der cher Papa geschwitzt,
Bis er die hundert Fächer
Im Cerebello zugeschnitzt;
Sie blank, wie einen Becher,
Geputzt, geglättet und polirt,
Und all' die Jura einquartirt,
Ist gar nicht zu beschreiben.

Besonders litt es argen Zwang,
Sie so zu dislociren,
Daß sie zuletzt durch Amt und Rang
Nicht selbst sich irritiren;
D'rum sah er klüglich hintend'raus
Sich einen eig'nen Nothstall aus
Für's grobe Jus bellandi.

Dem Jus naturae schnallte er
Den Mundkorb um den Kiefer,
Zog an der Corda nebenher
's Civile etwas tiefer –
Schlug das ecclesiasticum
Auf's Maul mit dem pax vobiscum,
Und riegelte die Thüre.

Als dies juridische Castell
Vollendet paradirte,
Und ein Paar Augen, spiegelhell,
Die Fensterchen formirte,
Stand auch die Griechennase schon,
Stolz, wie der Thurm auf Libanon,
Der gen Damascon siehet.

Die Zunge zum Prozeßgefecht
Nach Cicero gelüftet;
Zum lauten Tiktak für das Recht,
Die Brust aus Erz geschiftet;
Die Hand für das Dictandowort
Der Wahrheit, und, am rechten Ort
Zu steh'n, der Fuß gebildet.

Nachdem dies Meisterstück nun ganz
Nach Zevsens Wunsch gelungen,
Und aller Lorbeerkränze Kranz
Sich um sein Haupt geschlungen,
Sprang er, von Freude glühendwarm,
Mit seinem Schosskind Arm in Arm,
Den Momus über'n Haufen.

Mit blankem Sonnenstaub bedeckt,
Erstand er eilig wieder,
Warf, eingewickelt in Respect
Auf's linke Knie sich nieder,
Und schrie so laut, des Geistes voll,
Daß dreifach jedes Wort erscholl,
Aus seines Mundwerks Hallen:

»Halt! halt! du alter Donnerer!
Hic terminus, hic meta.
Erzeige dich als Jupiter,
Und nicht als Stier von Kreta;
Ich müßte Euer Majestät,
So grob sich Dero Allmacht bläht,
Sonst die Leviten lesen.

Doch nichts für ungut, cher Papa,
Wir wollen Freunde bleiben;
Und folglich auch dem Kerlchen da
Den schönsten Laufpaß schreiben,
Um so die alte Redlichkeit
In's Land der aufgeklärten Zeit
Methodisch einzuschwärzen.«

Der Candidat ward graduirt
Zum Weisheits-Telegraphen,
Der Doctorhut ihm applizirt,
Als Deckel auf den Hafen.
Dabei soff 's hohe Gremium
Recht kreuzfidel im Kreis herum,
Bei alten Burschenliedern.

Es plärrten ihre Canones
Die nassen Herrn Magistri,
Ihr: vivant omnes virgines,
Et pereant Philistri!

Auch Vulkan sang sein neues Lied
Von dem besoff'nen Fahnenschmied
,
Und schluckte, wie ein Trichter.

Indeß man commercirte, trieb
Zevs ungenirt sein Wesen,
Kehrt', was vom Doctor übrig blieb,
Zusammen mit dem Besen;
Las noch die besten Späne aus,
Und schnitzelte in Eile d'raus
Ein Schock Lizenziate.

Aus deren Abfall pfuschte er
Ein Dutzend Winkelschreiber,
Von Schreibersschreibern dann ein Heer,
Und einen Gänsetreiber –
Und aus dem kleinsten Pfifferling
Noch so ein batzig Zwitterding
Von einem – Titularrath.

Jetzt ließ die volle Gravität
Der Aerzte sich erblicken,
Nach seiner Ur-Triplicität
Den Kittel auszuflicken;
D'rauf stellte man, in Glied und Reih'n
Zum Bäuerlein und Bürgerlein
Die Rechtsverdrehergilde. –

Und als der Schwengel sich geregt
Im Thurm der Hof-Capelle,
Hieß es: Die Feierstunde schlägt!
Auch lärmte Juno's Schelle,
Und Drechslermeister und Gesell,
Rector, Decanus und Pedell
Lief heim zum Abendbraten.

Der unvermuthet schnelle Tod des Verfassers unterbrach die Vollendung dieses Scherzgedichtes.

 


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