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Das Schneiderfieber.

Herrn Flink, den lustigen Barbier,
Der Hasen in dem Lauf rasirte,
Sehr elegant den Schnäpper führte,
Und übrigens sein Laudanum,
Unguentum
und Diachylum
Con Gummi
, fleißig applizirte,
Beschied zu einem kranken Passagier
Die Wirthin von dem gold'nen Stier.
Kaum trat er dort die Treppe an,
Lief auch die Wirthin schon heran,
Ein Weibchen, rein im Herz und im Gehirne,
Nicht neidisch, faul und roh, wie manche Bauerndirne,
Die blos ihr Reichthum in ein Städtchen bringt,
Und aus dem Stalle in die Wirtschaft zwingt.
Herr Flink! sprach sie, ein junger Offizier
Liegt oben krank, in Nummer Vier;
Es ist ein Cavalier auf Reisen –
Die Thüre links – doch kommen Sie –
Ich will – es ist nur kleine Müh' –
Gleich Ihnen selbst das Zimmer weisen. –
Versteckt, wie in ihr Häuschen eine Schnecke,
Lag dampfend unter einer federvollen Decke
Der Passagier. – Flink griff den Puls – besah
Die Zunge dann, und frug bedächtlich
Nach seinem Appetit, und ob allnächtlich
Er ruhig schlief, et caetera
Der Patient gab ängstlich zu verstehen,
Daß eigentlich das Heftigste von seinen Wehen
Ein Donnern in dem Ohr und Herzbeklemmung sey,
Mit einer Uebelkeit verknüpft, wobei
Roth, blau, gelb, grün und weiß und schwarze Flecken
Ihn, vor den Augen flimmernd, immer necken.
Flink sah den logisch richtigen Verband
Der Sache ein, beguckte jetzt die Hand,
Und flüsterte halblaut: »Herr Cavalier!
Sie seyen nun Gemeiner oder Offizier,
Auch ohne Arzt zu seyn, wird Jedermann,
Daß Sie ein Nadelritter sind, entdecken.
Den Exsoldaten zeigt der Ohrendonner an,
Den Fleckendieb die Finger und die Flecke.
Geh'n Sie zu Ihrem Corps zurück, mein Lieber!
Und schämen Sie sich an dem Schneiderfieber


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