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Es ging mal ein Bäuerlein in die Stadt,
Sich Feldbaugeräthe zu kaufen,
Und als es geguckt auf dem Markte sich satt,
Kam's eilig zur Schranne gelaufen,
Mit klüglichem Vorwitz es anzuseh'n,
Wie Käuf' und Verkäufe dort geh'n und steh'n.
Dort stießen die Kipper im engen Kreis
Die borstigen Schädel zusammen,
Und flüsterten über den fallenden Preis
Viel Flüche mit seltsamen Namen;
Das Bäuerlein aber das Wort begann:
Gottlob, daß der Arme bestehen kann!
Gottlob! sprach der Arme, sein Säcklein Korn
Schon huckepack über dem Rücken.
So schied der Verkäufer mit Neid und Zorn,
Der Käufer mit ruhigen Blicken.
Beladen mit Schaufel- und Sensenkram,
Das Bäuerlein auch seinen Heimweg nahm.
Doch, als das Bäuerlein geht und steht,
Rief Lorenz, der schnurrige Bäcker:
Grüß' Gott, Vetter Michel! Wohin so spät
Mit eurem babilonischen Höcker?
Grüß' Gott! sprach das Bäu'rlein, das Hunger litt,
Und nahm sich zu Gunsten sechs Wecklein mit.
Gar wunderlich seltsam ging es zu
Mit jedem der Wecklein im Munde;
Ein Druck, ein Schluck – weg war's im Nu,
Als läg es im Meerwirbelschlunde;
Dabei fiel dem närrischen Bäu'rlein ein,
Solch' Brödlein sey nicht für die Herr'n allein.
Nun trollt sich das Bäu'rlein zehn Schritte weit;
Husch hackt's mit der ragenden Spitze
Der Sense am Laden des Bäckers Veit –
Hui zeigt sich die mehlreiche Mütze:
»Potz Flegel und Sense!« – Vergebt, Meister Veit!
Geschwinde sechs Wecklein, das Geld ist bereit.
Das Bäuerlein setzte sich auf den Stein,
Gehörlos für lästige Fragen,
Und eilig, als flögen ihm Mücklein hinein,
Verschwanden die Wecklein im Magen.
»Ade, Meister Veit! muß wohl gesteh'n,
All' eu're Wecklein sind gut und schön.«
Zum dritten Bäcker das Bäu'rlein kam.
Ha, dacht' es, da kann ich mit Ehren
Vorbei nicht geh'n; es abermal nahm
Sechs Wecklein, und thät sie verzehren,
Und als es die Hände gelegt in Schoos,
Da schmollt es: Die Wecklein sind schön und groß!
Und als das Bäu'rlein kam an das Thor,
Da pflegt es noch rücklings zu sehen,
D'rauf stellt es sein breites Füßlein vor,
Hinaus in das Freie zu gehen;
Allein, es linkerhand rufen hört:
»He! Vetter und Landsmann! auch eingekehrt!«
Schon lange ein Wecklein, zum Schmaus bereit,
Bei'm Bäcker Silvester thät prangen;
D'rum rief er dem Bäu'rlein zu rechter Zeit,
Sonst wär' es in Stein übergangen.
Das Bäu'rlein all' and'rer Wecken vergaß,
Und satt sich an diesem Wecklein aß.
Nun fühlt' sich das Bäu'rlein zu Drang und Noth
In Zwerchfell und Magen beklommen:
Ei, Bäcker! wie ist doch in euer Brod
Genügender Segen gekommen!
Bei euch kauf' ich ein, komm ich wieder hieher,
Bei Andern nicht um ein Hellerchen mehr.