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Vor alter Zeit ein Bauer war,
Thät
Jackel Schwarzstrumpf heißen;
Sein Spitzkopf und sein rothes Haar
Gar manches konnt' beweisen;
Auch war
per unanimia,
Besonders in der
Biblia,
Er von den Herr'n Pastoren
Zum Streithahn auserkoren.
Genau wußt' er die Sprossenzahl
Von Jacobs Himmelsleiter,
Und was zu Canaan beim Mahl
Man auftrug, und so weiter.
Der Moses und der Samuel,
Ezechiel und Daniel,
Die waren ihm bekannter
Als Michel, sein Verwandter.
Der Bauer, an der Lunge krank,
Von vielem Disputiren,
Lag endlich auf der Ofenbank,
Und wollte abmarschiren.
Dem Bauer wurde bang dabei,
Er rief den Pastor
Dohlenschrei,
Der half's
Adieu ihm singen,
Und ließ den Narren springen.
Der Bauer schnallte jetzt in Ruh'
Den Pack. Die Buben sangen:
»Nur Flügel her, dem Himmel zu!«
Und Sterbeglocken klangen.
Husch! flattert er ans Himmelsthor,
Reckt seinen langen Hals empor,
Und stößt mit seinem Prügel
Gewaltig an den Riegel.
Sankt Peter sprang im Nu herbei,
In Schlafrock, Toffeln, Mütze,
Und guckte, wer der Lärmer sey,
Durch eine alte Ritze.
Oho! schrie er
in furia,
Was will der Vetter Spitzkopf da?
Der mag ein Weilchen hocken,
Mit seinen Bibelbrocken.
Herr Thorwart, sprach jetzt der Biblist,
Ich leide kein Schimpfiren,
Und wenn ihm gut zu rathen ist,
So läßt er mich passiren.
Ich steh' auf keinen Laufpaß an:
Wer anklopft, dem wird aufgethan.
Jetzt streich' er fein die Segel,
Und mach' er keinen Flegel!
Was? schrie Sanct
Peter, hoch entflammt!
Mich so zu tituliren!
Der Kerl ist dreifach schon verdammt,
Und will noch raisonniren?
Du Lumpenhund! der Hölle zu
Mit deinem rothen Kakadu,
Betrüger, Pharisäer
Und Gotteswortverdreher!
Der Bauer fing zu trotzen an,
Thät auf die Bibel deuten,
Und sprach: O Herr! was ich gethan,
Geschah von vielen Leuten:
Wozu sind denn die Sünden wohl,
Wenn man sie nicht begehen soll?
Kurz, was ich weiß, das weiß ich,
Und
Jackel Schwarzstrumpf heiß' ich.
Da blättere der Herr im Buch
Von vorne und von hinten,
So wird er auch am feinsten Tuch
Den Bleicherzipfel finden.
Da steht's, was unser Ururahn
Mit seiner gnäd'gen Frau gethan,
Gen. III., 6.
Bei ihren Apfelschnitzen,
Die uns im Halse sitzen.
Da guck' er, wie selbst Könige,
Durch Pfaffen und Soldaten,
Das Land um ein Paar Pfennige
Geschunden und verrathen;
Hes. XXII., 27. und Mal. II. 8. 13.
Wie Schreibersknecht und Handelsmann
Auf Lug und Trug und Arglist sann,
Hos. XII., 8.
Und selbst auch die Propheten
Abscheulich lügen thäten.
Hes. XXII., 28.
Hat Abraham Abimelech
Nicht durch sein Weib betrogen,
Und noch für den Betrug als
Zech',
Ihm Hab und Gut entzogen?
Gen. XX., 2. 14.
Und log dem alten Isaak nicht
Jakob, sein Sohn, in's Angesicht,
Und brachte dieserwegen
Den Esau um den Segen?
Gen. XXVII., 19. 36.
Was trieben nicht für Ungebühr
Mit Joseph seine Brüder,
Gen. XXXVII., 24.
Und wie balbirte er dafür
Sie über'n Löffel wieder!
Gen. XLIV., 1.
Erschlug nicht den Gedalia
Zu Mizpa der Nethania?
II. Reg. XXV., 24. 25.
Wußt' Jehu nicht die Pfaffen
Des Baals vom Brod zu schaffen?
II. Reg. X., 25.
Hat Rahel nicht vor aller Welt
Den Laban überlistet,
Um seine Götzen ihn geprellt,
Und sie in's Stroh genistet?
Gen. XXXI,. 35.
Wie log Rahab zu Jericho,
Jos. II., 4.
Und wie betrog den Pharao,
Zum Heil der Cananiter,
Die Zunft der Wehemütter!
Ex. I., 19.
Hat dem Urias seinen Paß
Nicht David schlecht geschrieben,
II. Sam. XI., 15.
Und Judith ihren Metzgerspaß
Mit Holofern getrieben?
Jud. XIII., 9.
Joab erstach den Königssohn.
II. Sam. XVIII., 14.
Der Levi und der Simeon
Erwürgten den Heviter,
Und alle Sichemiter.
Gen. XXXIV., 15. 26
Wie Noah sof,
Gen. IX., 21. wie Salomo
Mit jedem Weib narrirte,
I. Reg. XI., 1.
Und mit der Ruth im Gerstenstroh
Der Boas karessirte,
Ruth III., 9.
Hiezu den Rausch vom alten Lot
Bei seinen Töchtern in der Noth,
Gen. XIX., 33.
Will ich, nebst andern Dingen,
Hier nicht zu Markte bringen.
Er selbst – gesteh' er's ohne Scheu –
Muß ja, wenn Hähne krähen,
Ev. Joh. XVIII., 27.
Mit seinem Lügenmaul vor Reu'
Und Schaam zu Brei vergehen?
Und Er, er rabenschwarzer Mohr,
An diesem kreideweißen Thor,
Will noch von freien Stücken
Die Leute weiter schicken?
Beim Blitz! ich werde nimmermehr
Von dieser Stelle weichen,
Denn ich gehör' so gut hieher,
Als er und seines gleichen.
Er weiß wohl, daß der Hahn gekräht;
Allein, als Fischerknecht versteht,
Nehm' er mir's ja nicht übel,
Er gar nichts von der Bibel. –
Gestochen von dem letzten Trumpf
Hätt'
Peter fast gezappelt,
Doch sah' er's jetzt an Jackels Strumpf,
Wo's unterm Hut ihm rappelt,
Und stimmte väterlich den Ton
In's
B moll um, und sprach: Mein Sohn!
Dir fehlt zur Weisheitsbrille
Die Nase der Sybille.
Trotz deinem scharlachroten Blut,
Ist's trüb vor deinen Blicken,
Aus Bauernstolz und Uebermuth
Geht dein Verstand an Krücken.
Du sammeltest dir aus der Schrift
Des Heils, statt Lebensbalsam, Gift,
Und machtest eine Reise
In's Reich der Fledermäuse.
Der Herr gab Kraft in deine Hand,
Daß dich der Pflug ernähre,
Dem Priester höheren Verstand,
Daß er sein Wort dich lehre.
Dein frommer Glaube ist genug;
Gern zeugt der Eigendünkel Trug.
Mit zweifelhaftem Wissen
Tappt man in Finsternissen.
Nicht jeder Knotenlöser haut
Mit Glück, wie Alexander.
Ein Bauernjackel hackt nur Kraut
Und Rüben durch einander;
Und dies fatale Rübenkraut,
Das kein gemeiner Mann verdaut,
Bläht dann den schwachen Magen
Mit nimmersatten Fragen.
D'rum lasse Dir's, als Patient,
Indessen hübsch behagen,
Von Stern zu Stern am Firmament
Dem Doctor nachzujagen,
Der dir ein Mittelchen verschreibt,
Das Kopf- und Magenweh vertreibt;
Dann erst sey deinen Knochen
Erlaubt, hier anzupochen.
Sankt Peter ging nach diesem Text
In seinen Tabernackel,
Und wie zu Stein und Bein behext,
Stand jetzt mein armer Jackel,
Und speculirte hin und her,
Wo wohl die Apotheke wär',
Ihn durch ein Paar Purganzen
In's Himmelreich zu pflanzen.
Nachdem er nun das Sphärenland
Von Haus zu Haus durchirrte,
Und nirgends einen Doctor fand,
Der gründlich ihn curirte,
Kam er zurück an's Himmelsthor,
Und lehnte, gröber, als zuvor,
Mit seinem Wanderprügel,
Sich an die Pfortenflügel.
Doch frommte weder Ruf noch Pfiff
Dem bibelfesten Jünger;
So oft er nach dem Riegel griff,
Pums, kriegt' er's auf die Finger.
Dies dau'rte manches Säkulum;
Da lief die Zeit der Buße um,
Und
Jackels schwere Leiden
Verkehrten sich in Freuden.
Sankt
Eustach ritt von guter Jagd
Jüngst heimwärts, voll Vergnügen,
Und sah, von Kummer abgenagt,
Den armen Schächer liegen.
Erbarmend warf er gnädiglich,
Als einen Schöps ihn hinter sich,
Und schwärzt' auf seinem Schimmel
Ihn glücklich in den Himmel.