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Die Franken in Schwaben.

Im Jahre 1796.

So mancher armer Dichter huckt
Hoch über'm Weltgetümmel
In seinem Taubenschlag und guckt
Hinauf an Sternenhimmel,
Und sieht im Mond Spectacula,
Die selbst ein Sanct Johann nie sah,
Und auch kein Sternengucker.

Die Berge, Flüsse, Städte, die
Die größten Astronomen
Auch durch die dicksten Brillen nie
In Augenschein bekommen,
Sieht sein geheiligt Auge frei,
Als läg's in Freskomalerei
Faustdick vor seiner Nase.

Die Menschen, Ochsen, Vögel, Fisch',
Kurz, was sich legt und hebet,
Und gratis vom gedeckten Tisch
Des Mondregenten lebet,
Die Mücke wie der Elephant,
Der Kiesel wie der Diamant,
Sind seiner Allsicht Waide;

Doch ohne von der Wunderkraft,
Und Ehren und Gebühren,
Die's Priesterthum der Dichtkunst schafft,
Euch viel zu peroriren,
Bitt' ich gar höflich, setzet euch
Ein bischen nieder, und sogleich
Will ich den Staar euch stechen.

Es war die schönste Sommernacht,
Als durch die Fensterscheiben
Der Mond zu mir herein gelacht,
Den Schlaf mir zu vertreiben,
Er sah dabei so röthlich aus,
Und voll, wie bei dem Kirchweihschmaus
Ein zehentreicher Pfarrer.

Und augenblicks gedacht, gescheh'n,
War ich aus meinem Bette,
Als ob der Satan mich beim Zeh'n,
Herausgeschleudert hätte,
Und schneller, als ich es erzähl',
Flog im Tabakrauch meine Seel'
Zum Dichter Vizlipuzli.

O du, so fing ich an dabei
Aus Herzenslust zu beten,
Du Zierde meiner Litanei!
Du Hilf' in Dichternöthen!
O fasse mich jetzt recht beim Schopf,
Und gieß' in den Gedankenkopf
Mir Kraft-Genie-Extracte!

Ich hätte jetzt vor deinem Thron
So manches anzubringen,
Und einen Sündenbrocken von
Der Brust mir weg zu singen,
Der, seit in unser Schwaben sich
Mit Morpheus' Gunst der Franke schlich,
Den Himmel mir verrammelt.

Ich sah, wie dieser Faunentroß
Nur Greu'l auf Greuel thürmte,
Und endlich auch sogar das Schloß
Der Himmelsgötter stürmte,
Und wie das ganze Götterchor
Die Hosen und das Herz verlor,
Und 's Fersengeld ergriffen.

Sah, wie der himmlische Papa
Sich kindisch d'ran ergötzte,
Als auf sein Hörnerpaar Mama
Ihm 's rothe Käppchen setzte,
Und wie er dann gar zuckersüß
Vom Freiheitsbaum ein Zweiglein riß,
Und Ihr's an Busen steckte.

Sah, wie Held Mars, den man im Schlaf
Am Kehlkopf überrumpelt,
Todtblaß und blöckend wie ein Schaf
Im Hemd davon gehumpelt,
Und wie Bellonen man im Zorn
Die Büchse sammt dem Pulverhorn
Bei Biberach genommen.

Auch sah ich, wie Merkurius
Statt blinkender Dukaten,
Laut heulend seinen Ueberschuß
Von matten Assignaten
In seinem Flügelkäppchen trug,
Und nach dem Käsekrämer frug,
Um dort sie zu verwerthen.

Und was Herr Bachus bei dem Spaß
Für Ungebühr getrieben,
Als sie sein größtes Lagerfaß
Ihm unter'm Bauch zerhieben,
Wobei aus Angst und Aergerniß
Er selbst noch so was rinnen ließ,
Davon will ich hier schweigen.

Auch kam mir Venus zu Gesicht
Mit der Dekoktenflasche
Und dann ihr kleiner blinder Wicht,
Der seine Liebspfeiltasche
Mit Pflastern, Pillen, Kräuterthee
Und infernali lapide
Zum Bersten vollgeladen.

Als neulich all' dies Wetterding
Mir durch den Kopf spazierte,
Und ich so meine Grillen fing,
Und drob philosophirte,
Kam das Conclusum hintendrein,
Die Götter müßten Memmen seyn,
Und incurable Narren
.

Kaum war von meinen Lippen dies
Confiteor geflogen,
Als Pater Mond sein Näschen bis
An's Hirnblatt aufgezogen,
Er warf die Augen her und hin,
Und schob vom Wirbel bis an's Kinn
Den Kopf in einen Nebel.

Mich klammerte die Finsterniß
Bockstarr auf meine Stelle,
Und ach! schon wähnt' ich mich am Spieß
In Pater Kochems Hölle,
Als plötzlich eine Riesenfaust,
Auf einer Windsbraut hergesaußt,
Nach mir herein gegriffen.

Es packte mich am Nasenknopf,
So derb der grobe Bengel,
Wie einst den Habakuk beim Schopf
Der Babyloner Engel,
Und hui! ging's unter Saus und Braus
Zum Fensterchen mit mir hinaus
Geradenwegs gen Himmel.

So schaukelten in einer Zeit
Von etlichen Secunden
Wir ein Paar Tausend Meilen weit
Empor, auf einmal stunden
Die Ochsen an dem Berg, und wir
Vor einem Monstrum da, das schier
So groß war, als ein Kloster.

Von transparentem Postpapier,
Mit Sternlein schön behangen,
Sah ich den allergrößten Stier
Vor mir am Himmel prangen.
Der Riese brummte mir in's Ohr,
Es stelle dies den Zunftschild vor
Der himmlischen Magnaten.

Der Sternenputzer, dem wir kaum
Einmal die Bratze drückten,
Schrie passés, und per Purzelbaum
Ging's weiter, bald erblickten
Wir einen neuen Luftballon,
Es war der Zunftschild Scorpion
Eilftausend alter Fräulein.

Wir kamen nun auch auf den Krebs
Bellonischer Soldaten,
Und dann auf den gehörnten Schöps
Der Ehekandidaten,
Bei dessen Anblick ängstiglich
Mein Konducteur die Stirne sich
Befühlte und bekreuzte.

Kurzum nach jedem Hopsasa,
Der uns bergan kutschirte,
Stand wieder so ein Feu'rwerk da,
Das einen Schild formirte,
Wir trafen auch den Wassermann,
Die Zwilling' sammt der Jungfrau an,
Und stießen auf die Milchstraß'.

Auf dieser Straße nun, in der
Mein Lümmel ungebadet,
Wie Moses durch das rothe Meer
Mit mir einhergewadet,
Ging's recta hin zum Mondenmauth,
Und sieh', ein größ'rer Lümmel schaut
Herunter von dem Fenster.

»Nichts Mauthbar's?« trommelt' er mich an,
»Nichts Schnupftabak? Nichts Knaster?«
Nichts Mauthbar's, bot mein Reis'kompan,
Es ist ein Poetaster,
Ein Ding, das wacker Trauben schlürft,
Gedanken durch einander wirft,
Und Verse macht und Kinder.

Nun erst fing meine Galle an
Ein bischen zu moussiren;
Allein mein trauter Urian
Begann mit allen Vieren
Jetzt einen Sprung, so hoch und weit,
Als spräng' er durch die Ewigkeit,
Und fips – da lag die Mondstadt.

Ich will für euch die Schilderung
Der Stadt auf's Weit're sparen,
Ihr würdet aus Verwunderung
Sonst so, wie ich, zum Narren;
Denn, daß ich's kurz und gut vergleich',
Es ist sogar das Himmelreich
Ein Hundeloch dagegen.

Die Leutchen, die hier ein und aus
Wie Turteltauben flogen,
Sah'n wie die heil'gen Leiber aus
In Klostersynagogen;
Anstatt der Augen hatten sie
Brillanten, und Rubinen wie
Mühlsteine statt der Nasen.

Als ich mit Staunen jetzt das Thor
Der Residenz begaffte,
Sprang so ein Flitterding hervor,
Nahm mich beim Ohr, und raffte
Mich weg mit sich zur Burg hinauf,
Riß ein Paar Flügelthüren auf,
Und ich sah – Gottes Wunder.

An einer Tafel, die den Saal
In Mitte durchgeflossen,
Und Blitze wie ein Wetterstrahl
Rund um sich hergeschossen,
Brillirten inter poccula
Die Himmelsgötter alle da,
Und krähten wie die Hähne.

In einem Armstuhl, fabricirt
Aus lauter Fixsternschwänzen,
Thät Vater Zeus gar hoch frisirt
Als Tafelpräses glänzen,
Die Backen voll Ambrosia,
Und noch am Bart die Rudera
Von einer Nudelsuppe.

Sein strahlenreiches Winkelmaas
Auf seiner blanken Glatze,
Und im gestickten Schlafrock baß
Gepackt bis an die Fratze;
Saß er in sua Gloria,
Just wie ein schwäb'scher Amtmann da
Bei einer Kreis-Versammlung.

Kaum nahm er mich gewahr, ergriff
Er seinen gold'nen Stecken,
Und winkte, daß ein Sturmwind pfiff;
Ich aber kroch in Schrecken
Und tiefster Unterthänigkeit
Auf allen Vieren noch bei Zeit
Dem g'strengsten Herrn zu Füßen.

»Ist Er,« so tönte der Prolog,
»Ist Er der Erdenflegel,
Der gegen mich vom Leder zog,
Und wider alle Regel
So sein Apostelmaul zerreißt,
Als tanzte ihm der heil'ge Geist
Auf seiner Nase Solo?«

»Bin ich denn nur der Donnerer,
Daß ich verspottet werde?
Bin Ich der Narr und Er der Herr
Des Himmels und der Erde?
Hör' Er: Ich bin kein Reichsbaron,
Ich bin ein Freiherr, der sein Von
Von Ewigkeit herleitet.«

»Daß jüngst der Ohnehosengott
In euer Land gekommen,
Und euch das Schmalz und Roggenbrod
Vom Suppentopf genommen,
Das hat ganz seinen guten Grund,
Zu vieles Schmalz ist ungesund,
Und Roggenbrod macht Würmer.«

»Da war's doch wohl ein Spuck, den man
Mit Hundertpfündern machte,
Daß Enoch und Elias d'ran
Am Paradies erwachte,
Und ihr schlief't da so zuckersüß,
Bis euch mit eurem eig'nen Spieß
Der Wauwau festgenagelt.«

»Ich thät als wie ein Frosch mich bläh'n,
Als auf des Kniebiß Rücken
Ich meine Sieben redlichen
Blitzschwäblein thät erblicken;
Allein, bald fing der Jammer an:
Held Jakele, geh' du voran,
Du hast gewichste Stiefel!«

»Nun thät im stärksten Bauerntrot
Held Jakele herreiten,
Um als ein zweiter Don Quixote
Windmühlen zu bestreiten;
Ihm folgten mit dem längsten Spieß
Kunz, Martin, Michel, Görg, Matthis,
Und Schultheiß Hans als Hauptmann.«

»Da nun das Häslein kam gerennt,
Und schnitt so seine Männlein,
Rief Jakele: Blitzsapperment!
Hans, grable an dem Hähnlein!
Als Hans nun dreimal losgedrückt,
Und an dem Spieß kein Feu'r erblickt,
Schrie Alles: Links umkehrt euch!!!«

»Sie ließen euch geladen gar
Den Spieß in Feindes Händen,
Und sieh, das flinke Häslein war
So fein, ihn umzuwenden,
Und pelzte gleich dem dicken Hans,
Der hinten d'rein wie eine Gans
Gewackelt, Eins auf's Centrum.

»Und wie dann wohl ein jeder Staat
Auch angefaulte Glieder,
Und Schwengel für die Galgen hat,
So gab es hin und wieder
In eurem Knödelländlein fein
Auch Ohnehosenpriesterlein
Und Proselytenschneider.«

Allein trotz ihrer Niederkunft
Mit Kraftgenieprojecten,
Und trotz der Leuchterbubenzunft
Illuminirter Sekten,
Mit atheistischem Gekleks,
Bleibt Unsereiner doch der Rex
Coelorum et terrarum

»Indessen hielt Held Moreau Schmaus
In Schwabens voller Tenne,
Und breitete die Flügel aus
Wie eine welsche Henne,
Es würzten seine Table d'hôte
Augsburger Würste, Ulmerbrod
Und Munderkinger Huzeln.«

»Es sof manch travestirtes Schwein,
Gewampt wie eine Kröte,
Mit ihm beim Reichsprälatenwein
Hier friedlich um die Wette,
Wo mich's denn gar nicht Wunder nahm,
Daß er auch Appetit bekam
An eure alten Weiber.«

»Doch diesen bunten Firlefanz,
Wobei auch manch geschminkte
Bettnopel mit dem Rosenkranz
Dem Jungfernheiland winkte,
Zu enden, schickte ich zur Schur
Ihm Nauendorfen und Latour
Und Petrasch auf den Nacken.«

»Gleich Füchsen schlichen sie heran,
Mit listigen Attaquen,
Den nimmersatten Urian
Bei dem Genick zu packen;
Allein er war ein Pfiffikus,
Und hüpfte an dem Donaufluß
Bald 'rüber, bald hinüber.«

»Erst als die Füchse gar zu nah'
Ihm auf der Haut gesessen,
Und auch schon Löcher hie und da
In's Hühnerhaus gefressen,
Entschloß er sich so allgemach,
Die freie Reichsstadt Biberach
Auch näher zu begucken.«

»Hier, wo der Kapuzinerbart
In Jordans Wunderbade
Sich nobis ad exemplum paart
Mit Käthen Luthers Wade,
Goutirte unser Franzmann ganz
Die Freiheit und den Hoheitsglanz
Vor einer freien Reichsstadt.«

»Hier sah ich selbst ein Ritterlein
Vom heil'gen röm'schen Reiche,
Das, um hier asylirt zu seyn
Für seine Burschenstreiche,
En galla sich in's Ofenloch
Mit sammt dem Porte-épée verkroch,
Des Waffenstillstands halber.«

»Man sah hier Freund und Feind sich Mund
An Mund gedrückt verweilen,
Und brüderlich, wie Fuggers Hund
Den letzten Bissen theilen,
Und brach auf's Wohl der Republik
Den Flaschen mörd'risch das Genick
Die theuern Weine weinten.«

»Doch nahm das Ding, so wie der Brauch
Es fordert, auch sein Ende,
Man roch ein bischen Pulverrauch,
Und bot sich jetzt die Hände
Zum wechselweisen Lebewohl,
Und löste mit der größten Kohl',
Schon die Allarmkanone.«

»Es ließen nämlich jene Herrn,
Die sich mit Säbelhieben
Aus alter Freundschaft auch noch gern
In Moreaus Stammbuch schrieben,
Ihm melden, daß sie ihm zur Ehr'
Den weiten schlechten Weg hieher
Per pedes unternommen.«

»Held Moreau war so gut und flog
Herbei in voller Hitze,
Und sieh, der Gast erschrack und zog
Vor ihm sogar die Mütze,
Und sprengte hurra hopp hopp hopp
In einem Generals-Galopp
Zurück bis an die Iller.«

»Nach dieser großen Heldenthat
Ging Moreau auf den Zehen,
Die Welt als Schwabens Goliath
Genauer zu besehen;
Er räusperte sich jetzt, und lief
Mit seinem längsten Perspectiv
In Eile auf den Bussen

»Hier war es, wo er endlich doch
Sich christlich convertirte,
Und williger das Schlüsselloch
Der Heimath embrassirte,
Denn da ward ihm geoffenbart,
Daß er durch gute Höllenfahrt
Das Himmelreich erlange.«

»Und Dictum factum sah er sich
Bei Neustadt vor der Hölle,
Und träumte sich schon wonniglich
Des Himmelreiches Schwelle,
Als Luzifer in Weg ihm trat,
Und mit dem Gabelstiel ihn bat,
Ein bischen Halt zu machen.«

»Doch Moreau quälte ganz und gar
Sich d'rob mit keinem Zweifel,
Denn er, der selbst der Teufel war,
Forcht' sich vor keinem Teufel,
Und riß dem armen Schelm den Schwanz
Rein weg, um ihn als Lorbeerkranz
In Himmel mit zu bringen.«

»Kaum saß er jetzt im Himmelreich,
Fing er auch an zu dürsten,
Und Peter, der's verstand, kam gleich
Mit Nektar und mit Würsten;
Wofür ihm Moreau anvertraut,
Was eine herzensgute Haut
Es um die Schwaben wäre.«

»Nachdem er hier sich satt getischt,
Und à la Kapuziner
An Zahlungsstatt das Maul gewischt,
Hieß es: g'horsamer Diener,
Und ohne sich um's Himmelreich
Viel mehr zu kümmern, lief er gleich
In einem fort nach – Freiburg

»Wohl nimmer wird nach Josaphat
Der Zug so remarquabel,
Als Moreau's Zug in diese Stadt,
Wobei mein armer Nabel
Schier gar sich außer Athem sprang,
Und ich darüber auch so lang'
Ich Zevs bin, lachen werde.«

»Eh' ich die Erde rund gemacht,
Lag Alles durch einander.
Dick, dünn, sau'r, süß. Tag, Licht und Nacht
Mauskoth und Koriander,
Und Papst und Päpstin lagen da
Ganz ungenirt in Camera
Obscura
bei einander.«

»Hier aber gab's ein Quodlibet
Aus allen Quodlibeten;
Bis an das Zwerchfell eingenäht
In trillch'ne Bauernbetten,
Trat hier ein Heldentrupp zur Schau,
Den eine bärt'ge Klosterfrau
Zu Pferde commandirte.«

»Dort zog ein Hauptmann comme il faut,
Drei Ellen hoch frisiret,
Und an die Brust den Staats-Jabot
Mit Schusterpech geschmieret,
An diesen groben Stutzer schloß
Lautgrinsend sich ein wilder Troß
Verrückter Sansküloten.«

»Hier stak ein Schuft im Meßgewand,
Und trug auf seiner Picke
Den schönsten Loden Leinewand,
Der Nachts bei gutem Glücke
Mit ihm aus einem Pfarrhof lief,
Wo Pfarr'r und Hauserin noch tief
Im neunten Himmel lagen.«

»Und jener dort, halb ein Husar,
Halb Hosenfranziskaner,
Der stets, wo was zu mausen war,
Sich als Republikaner
Betrug, ritt jetzt im Gallatrab
Auf einem theuren Bischofsstab
Durch Gassenkoth und Laken.«

»Hier schmunzelte ein Citoyen
Mit einer Mopsenfratze,
Und blöckte seine Schaufelzähn'
Nach einem geilen Schmatze;
Ihm saß von einem Olimsschmatz
Auf Lipp' und Nase noch ein Schatz
Hellfunkelnder Rubinen.«

»Dort war ein zweiter schmutz'ger Faun
Mit schlappen Lederwangen
In einer Schnürbrust anzuschau'n,
Voll schwerer Silberspangen,
Die er in einer Venusschlacht
Mit schnellen Händen Beut' gemacht
Bei einer schwäb'schen Wirthin.«

»Und dieser hier mit rothem Haar
Bewachsen wie ein Affe,
Dickbäuchig wie ein Hospodar,
Und selbst ein deutscher Pfaffe,
Beäugelt wie Ischariot
Die Silberlinge vom Schaffot,
Für den verrath'nen Meister.«

»Auch kam ein hag'rer Commissär
Auf einer Kuh geritten,
In einem Chemise von Thalern schwer
Und à la Sack geschnitten,
Womit nebst tiefem Compliment
Der hochbelobte Kreisconvent
Zu Augsburg ihn dotirte.«

»Dort bammelt eine Nase hin
Und her im Gallawagen,
Den vier Prälatenschimmel zieh'n,
Die Purpurquasten tragen.
Und die zum Nachklang seines Ruhms
Der Pächter dieses Nasenthums
In Baiern requirirte.«

»Hart hinter dieser Kutsche ritt
Ein Obervogt aus Schwaben,
Der aus den Bauern Riemen schnitt
Und manchen Schatz gegraben,
Auch Jacobiner denuncirt,
Dann all' sein Geld verprozessirt,
Und jetzt die Freiheit wählte.«

»Nun krächzten Wägen hinten d'rein
Im Schneckentrott gefahren,
Mit Fässern, voll von Extrawein,
Und Geld und Kaufmannswaaren,
Und über diesen Fässern her
Lag eine Tracht gemästeter
Galanter Pakelmenscher.«

»Dann fuhren viele Wägelchen
Mit Kinderraritäten
Und schwäbisch-ausgewitzelten
Geißlinger Spielgeräthen.
Ein Schinderkarren schloß den Spaß,
Auf dem ein altes Butterfaß
Und eine Kunkel lagen.«

»So zog die Bettelmajestät
Der tollen Karavane
Mit lächerlicher Gravität
Und aufgeblähter Fahne
Durch Freiburgs stille Gassen ein,
Auch da dem Braten und dem Wein
Den Garaus zu verkünden.«

»Hier legte dieses Völkchen auch
Manch Probestück vor Augen,
Wie viel mit künstlichem Gebrauch
Die langen Finger taugen,
So, daß vor ihrer Wunderhand
Die Nägel selbst sich in die Wand
Aus Bangigkeit verkrochen.«

»Held Moreau kritzelte dabei
In Schenktisch mit dem Messer,
Und überrechnete sein Blei
Und seine Pulverfässer,
Und als er 's wahre Facit fand,
Nahm 's Heimweh bei ihm überhand,
Und endlich 's curre cito

»Obgleich die Schwäblein hier um ihn,
Als wie die Kätzlein schlichen,
Und ihm den Schwanz um Nas' und Kinn
Mit Reverenzen strichen,
War Moreau doch nicht gar so dumm
Und roch das Responsorium
Am Kapuziner-Winkel.«

»Er bließ beim ersten Hahnenschrei
Jetzt die Adjeutrompete,
Und schnitt sein Serviteur, wobei
Er gern geweinet hätte,
Wenn nicht sein weiter Thränenschlauch
Vom Rheinweinstein und Pulverrauch
Längst eingetrocknet wäre.«

»Voran ritt jetzt sein Genius
Mit einer Blendlaterne,
Und zeigte ihm den Elzefluß
Bedenklich in der Ferne;
Allein der Herr Achilles pfiff
Sein trollig ça ira, und griff
Nach Muth in Flaschenkeller.«

»Ich aber, den sein Stolz verdroß,
Griff, um mich flugs zu rächen,
Dem Wirth in's Handwerk und begoß
Mit kalten Regenbächen
Den Schlucker sammt der Flasche Wein,
Und sieh: Er zog den Wedel ein.
Und betete 's peccavi

»Denn, wie der Nord zur Winterszeit
Die Gegenden mit Flocken
Und blankem Eise überschneit,
Daß Flüß' und Bäche stocken,
So lag um ihn der Erde Kreis
Von Oesterreicher Röcken weiß,
Und blank von ihren Waffen.«

»Beim Sturmgeheul und Ungethüm
Der grassen Regenschütte
Stand Oestreich's Carl mit edlem Grimm
In seiner Brüder Mitte.
Hoch strahlt' das Schwert in seiner Hand,
Laut scholl sein Schwur, für's Vaterland
Zu siegen, oder sterben.«

»Wie Blitze der Gewitternacht
Den Horizont durchschneiden,
Entloderten durch eig'ne Macht
Die Säbel ihren Scheiden,
Und donnernd, wie vom Fels ein Bach,
Stürzt es aus tausend Kehlen nach:
Wir siegen oder sterben!«

»Dies war die Loosung, die den Schlund
Der Hölle aufgerissen,
Die gräßlich jetzt mit Hieben und
Mit dichten Kugelgüssen
Des Tages Licht verdunkelte,
Und durch die Lüfte kegelte
Mit Köpfen und mit Knochen.«

»Mein Aetna und Vesuvius,
Mein Fegefeu'r und Regen
Zu Sodoma sind Fidibus
Und Lampenschein dagegen,
So war's ein Feuer und Geknall,
Daß d'rob der ganze Erdenball
Wie Espenlaub gezittert.«

»Hier war's, wo sich ganz ausgeschämt
Fortuna, die Kokette,
Auf ihrem Rädchen, daß das Hemd
Ihr über'n Kopf flog, drehte,
Bald hinter'm rothen Käppchen war,
Bald wieder unter'm Flügelpaar
Des Doppeladlers schmollte.«

»Doch unberückt vom Flitterglanz
Der zügellosen Vettel,
Beendigte den Hexentanz,
Auch ohne Lukaszettel,
Der Sieger Carl mit einem Blick
Auf seine Heldenschaar zurück,
Der ihre Wuth entflammte.«

»Zu Belialen umgestimmt,
Mit glühenden Visieren,
Den Bart zu Hörnern aufgekrümmt,
Drang jetzt von Grenadieren
Ein Trupp mit Bajonetten vor
Und fing im Nu am linken Ohr
Madame Fortuna solo.«

»Und eh' ich noch die Sternlein hier
Gewischt vom Himmelsbogen,
Und dann mit frischem Goldpapier
Die Sonne überzogen,
Schlich Moreau über Haltingen
Und Tags darauf bei Hüningen
Hübsch fein den Rhein hinüber.«

»So, sieht er, junger Wirbelwind,
So lautet die Parabel;
Allein dergleichen Dinge sind
Zu rund für seinen Schnabel;
D'rum sey die Straf' ihm auch geschenkt,
Doch kömmt er wieder so, dann henkt
Man ihn am Zehen. Dixi

Nicht wie ein Kloster-Candidat
Fein züchtig niederkauert,
Wenn ihn das humi sedeat
Des grimmen Abts durchschauert,
Ich stürzte mich per Purzelbaum
An seines Schlafrocks gold'nem Saum
Pfeilschnell zur Erde nieder.

Und fiel aus gar zu großem Dank
Krugdeckelbreit die Nase,
Die Götter lachten schier sich krank
Ob dieser dummen Phrase,
Mein Riese aber zeigte sich,
Warf über seinen Buckel mich,
Und hier – hier bin ich wieder.


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