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Wer sorglos, wie im Pelz die Laus
Den Lebenstraum will nützen,
Muß
Herr von einem Caffeehaus
Auf seinem Divan sitzen;
Da schwinden baß im Tabakrauch
Um seinen goldbordirten Bauch
Die Sorgen und die Grillen.
Mag immerhin der Boreas
Die Fensterladen rütteln,
Mag sausen, brausen, und das Naß
Von seinen Locken schütteln;
Er zieht sein Geld bei trock'nem Fuß,
Heft't Zeitungen, macht Fidibus,
Und schmaucht, und gähnt, und hustet.
Wenn Donnerschlag und Hagelguß
Auch Korn und Wein zerschmettert,
Wenn nur kein böser Genius
Den Caffeetopf verwettert,
Wenn man nur keine Schaale bricht,
Kein Loch in's Billardtuch sticht,
Und keine Pfeife kapert.
Mit dem Gesicht, mit dem einst' Zevs
Die Welt aus nichts gebacken,
Regiert er seine Stuben-Chefs,
Die sich in grünen Jacken
Wie Blitze um sein Machtwort dreh'n,
Pfeilschnell bedienen, fleißig späh'n,
Wo's klopft, und ruft, und klingelt.
Bald wird er wichtig, ernst und stumm,
Gleich einem Vogeldeuter,
Bald poltert er im Haus herum,
Wie ein Commisbrodreiter,
Rückt seine Stutzperücke quer,
Ruft Feuerbursch und Hausknecht her,
Und läßt die Pfeife stopfen.
Sein Welterfahrungs-Lexicon
Ist seine Caffeebude,
Voll
Euer Gnadens und
Herr von
Denn Christ und Türk' und Jude
Ist theilhaft seiner Toleranz,
Wenn seinen Hosen nur nicht ganz
Die Vordertheile fehlen.
Hier keucht bei seinem Obersthee
Ein Wiener Nymphenjäger,
Dort hagelt sein Teremtete
Beim Schnipps ein Säbelträger,
Da lärmt ein Schwab den Monolog,
Gerad' wie in der Synagog'
Den Talmud der Rabbiner.
Hier krächzt in seiner Hoheit Qual
Ein dicker Bettelrichter,
Dort flucht dem Verse-Tribunal
Beim Wasserglas ein Dichter,
Und dienstbar liegt um ihn herum
Die leere Pfeif', 's Diarium
Und der Theaterzettel.
Da paßt ein Geldnegotiant
Auf ein Paar Mammonskinder,
Hier lauert ein Denuntiant
Auf einen armen Sünder.
Dort buchstabirt ganz überlaut
Im Schweißglanz seiner Eselhaut
Ein Doctor 's Todtenblättchen.
Der proponirt, das Grün' sey roth,
Und der beweist's mathesisch,
Der frißt vom Kaiser 's Gnadenbrod
Und pfeift dabei französisch.
Der Narr will Hist, und der will Hott,
Der schwätzt vom Teufel, der von Gott,
Und der vom Puderbeutel.
So hat der Mann den ganzen Gram
In einem Bilderkasten,
Ob dem die Weisen krumm und lahm
Seit Anno Eins schon fasten.
Hier lernt er ohne Augenweh
Das einzig wahre A-B-C,
Sein Geld an Zins zu legen.
Hier lehrt die Klugheit ihn getrost
Caffee mit Eicheln mischen,
Statt Limonad Holzäpfelmost,
Statt Zucker Mehl auftischen;
Denn einer solchen Clerisei
Ist Chocolad und Haberbrei
In einem gleichen Werthe.
Wenn's manchmal d'runt und d'rüber geht,
Und Rippenstöße hagelt,
Und dann die Polizei gar nett
Dem Feind das Stück vernagelt,
Da weiß der
Herr kein Wort davon,
Sitzt wie Pilatus auf dem Thron,
Und wäscht sich seine Hände.
Da steht mit aller Majestät
Der edle Caffeesieder,
Als ob er sie erschaffen hätt'
Auf seine Gäste nieder;
Nimmt lächelnd den Kapaun vom Kraut,
Wenn neben ihm manch' arme Haut
Mit Milchcaffee mittagmahlt.
Hat er dabei ein schönes Weib,
Dann ist sein Glück am höchsten;
Denn er beglückt an Seel' und Leib
Zugleich auch seinen Nächsten,
Wenn nur sein Weib den Kunstgriff kennt,
Wie man sich wärmt, und doch nicht brennt,
So geht das Ding vortrefflich.
Vom Pfötchen dieser Grazie
Geweiht und angerühret
Wird selbst zum Nektar der Caffee
Flugs metamorphosiret;
Der Wasserthee zu Malaga,
Der Schmaucher stopft Ambrosia
Aus seinem Kreuzerpäckchen.
Reicht ihre Alabasterhand
Dem Gast das
Queue zum Spielen,
Wen ließ da kalter Unverstand
Gut nach dem Ballen zielen?
Der Ball läuft, wie sein Herz verwirrt,
Das
Queue glitscht ab, und er verliert
Sich in die Mittellocher.
So lang wird stolz dies Glück gestützt
Auf Caffeewolken thronen,
So lang der Neger flucht und schwitzt
Bei seinen Caffeebohnen,
So lang der Sanct Credit regiert,
So lang ein Kohlbau'r existirt
Und Bäckerbursch und Milchweib.
O edle Caffeesiederei!
Du Stammbaum gold'ner Kräuter!
Du unverfälschtes Conterfei
Der ächten Jacobsleiter,
Auf der man flugs in Himmel eilt,
Wo man nichts als Ducaten feilt,
Und Kronenthaler häufelt.
Du allgemein gepries'nes Gut!
Du Abgott jedes Landes!
Du Fels, auf dem der Friede ruht,
Im Joch des Ehebandes!
Kein Weib hält ohne Caffee Stich,
D'rum war auch Adam sicherlich
Der erste Caffeesieder.