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Den 14. März 1800.
Du, den ich zum Gemahl erkor,
Und dem ich meinen Wittwenflor
Mit Freuden aufgeschlagen,
Komm', theurer Pius, an mein Herz,
Und theile mit mir Lust und Schmerz
In diesen Wechseltagen!
Der Strom hält länger nicht zurück,
Ich will, ich muß mein Mißgeschick
In deinen Busen schütten;
Vor Allem höre nun, was ich
Mit Bangigkeit für dich und mich
Als Wittwe schon gelitten:
Du weißt, es ist der Wittwenstand
Ein Haus, gebaut auf dürren Sand,
Gestützt auf morsche Wände;
Denn fehlt der Mann, das Oberhaupt,
So hat, was manche Frau nicht glaubt,
Die Herrlichkeit ein Ende.
Kaum barg den guten Mann das Grab,
So lehnte man den Bettelstab
Mir hart an meine Thüre,
Und proponirte, daß der Thron,
Die Schlüssel und die Drillingskron'
Mir nimmermehr gebühre.
Man hieß es schlauerworb'nes Gut,
Und sprach, man müsse meinem Hut
Die Kupfe nied'rer machen,
Man sparte weder Witz noch Geld,
Mich vor der ganzen Christenwelt
Als Närrin zu verlachen.
Laut predigte der blasse Neid,
Zu abgetragen sey mein Kleid,
Auch hie und da zerrissen,
Die Schnürbrust sey zu eng und schief,
Die Schürze wie ein Ablaßbrief
Beschmutzt von frommen Küssen.
Der Schleier über mein Gesicht
Sey zwar höchst nöthig, doch zu dicht
Gewirkt aus Hieroglyphen;
Der Keuschheitsgürtel schon halb los,
Die Anhängsäcke viel zu groß
Und ziemlich ausgegriffen.
Nun kam an Kopf die liebe Noth,
Er sey zu groß, das Haar zu roth,
Die Stirn zu reich an Falten,
Am rechten Auge sey der Staar,
Die Nase länger als sie war,
Der Mund zu weit gespalten.
Zu spitz und bärtig sey das Kinn,
Der Hals für meinen Kopf zu dünn,
Die Brust zu karg durchlüftet;
Der Bauch zu dick, der Fuß zu breit,
Und für den Griff zur Ewigkeit
Der Arm zu kurz geschiftet.
D'rauf nahm des Tadels Wuth sogar
Auch meine Diener bei dem Haar,
Und sprach mit Faunenmiene,
Daß mancher dieser schwarzen Herrn
Mir willig zwar, doch doppelt gern
Dadurch sich selber diene.
Sie suchten zwar ihr Hab' und Gut
Mit Staub und Schmutz auf Rock und Hut
Demüthig zu bedecken,
Doch würde schwerlich all' mein Geld
Von dieser und von jener Welt
Sie auszukaufen klecken.
Sie predigten zwar viel und laut,
So, daß auf mancher Sünderhaut
Sich Reuethränen zeigten;
Allein, man wünsche gar zu sehr,
Daß diese Schreier selbst auch mehr
Sich zur Bekehrung neigten.
Auch hielt man es für keine Kunst,
Sich über Eitelkeit und Dunst
Der Habsucht zu vereifern,
Von Fraß und Völlerei zu schrei'n,
Und selbst dabei erfüllt von Wein
Die Kanzel zu begeifern.
Sie möchten auch vom Hausverdruß
Erhitzt, nicht gleich ob jedem Kuß
Zum jüngsten Tag trompeten,
Man wisse es doch ohnehin,
Daß Manche mit der Hauserin
Nichts weniger als – beten.
Sie würden frei vom Cölibat
Wohl mehr ihr Amt, so wie den Staat
Durch Männerwürde zieren,
Und kröchen selt'ner dann, bei Nacht
Berauscht, von einer Prügeltracht
Nach Haus auf allen Vieren.
Und
puncto unsrer Ohrenbeicht,
Da dürfte sich ihr Vorwitz leicht
Der Mühe überheben,
Man wollte ihnen gerne dann
Ein Evchen, das hübsch plappern kann,
Zu Tisch' und Bette geben.
Auch gäb' es, Gottes Herrlichkeit
Dem Blick profaner Menschlichkeit
Zu zeigen bess're Mittel,
Und Christus hätte selbst wohl nie
Vor seinen Jüngern Comödie
Gespielt im Zauberkittel.
Kurz, aller Spott, mit dem die Welt
Die Unschuld auf den Pranger stellt,
Traf mich und meine Diener,
Man wies sogar zum Ehemann
Mir bald den Abbé Sieyes an,
Bald Mufti und Rabbiner.
Man achtete nicht auf mein Leid,
Und wählte schon für mich das Kleid
Aus Frankreichs Musterkarte,
Und, ach! es lag mein Hochzeithemd
Schon eingekauft und angefremt
Beim Schneider Bonaparte.
Doch endlich goß des Himmels Hand
Auf meinen heißen Wittwenstand
Ein kühlendes Erbarmen,
Und trotz der Hölle Rabentück'
Fand ich der Auferstehung Glück
In deinen Herkulsarmen.
Allein des Unheils Quelle liegt
Einsweil in Schlummer nur gewiegt,
Noch glimmend in der Asche,
Und das Illuminatenheer
Spitzt täglich seine Klaue mehr
Nach deiner Hirtentasche.
Nun räche mich, geliebter Mann!
Zeig', was
Chiaramonti kann,
Der edle Menschenkenner,
Doch wage ja nicht den Versuch
Mit Bannstrahl und mit Ketzerfluch,
Wie meine Weilandmänner.
Veraltung sammelt Staub und Mist,
Daß es vielleicht wohl nöthig ist,
Mein Schmuckwerk umzufassen.
Gestein und Gold ist gut und ächt,
Nur die Façon scheint nimmer recht
Den Zeiten anzupassen.
Auch find' ich manches Schabennest,
Das sich nicht leicht verbergen läßt,
In meinen Kleidungsstücken,
D'rum steu're meiner Dürftigkeit,
Gieb neue, oder nimm bei Zeit
Gesellen auf zum Flicken.
Ergänze das, was an Gestalt
Und Wesenheit schon wank und alt,
Und unbrauchbar geworden,
Verbess're, wie du meinst, den Schnitt,
Und fahre keck zum Geier mit
Den alten Spitz und Borden.
Dann ist für mich und meinen Thron
Der besten Rache Hälfte schon
Mit kluger Hand gewonnen,
Und täglich wird sich mehr und mehr
In seines Ruhmes Strahlenmeer
Chiaramonti sonnen.